Luzerner Kulturmagazin kämpft ums Überleben

«Wir sind noch weit weg davon, das ‹041› verschwinden zu lassen»

Anna Chudozilov hat seit März 2019 die Funktion als Redaktionsleiterin des «041» inne. (Bild: zvg)

Zwischen all den Beizen, Hotels und Clubs drohen andere Corona-Leidende fast vergessen zu gehen. Diese müssen sich dann selbst helfen – wie «041 – das Kulturmagazin». Die Luzerner Publikation hält sich mit viel Engagement über Wasser – noch.

Eine Crowdfunding-Kampagne, viel Social-Media-Präsenz und ein Hingucker-Editorial namens »scheisse scheisse scheisse» sollen helfen, dass «041» die Corona-Krise überlebt.

Mit den Worten «Dies ist ein Bettelbrief» beginnt das Editorial der Dezemberausgabe von Anna Chudozilov, der Redaktionsleiterin von «041 – Das Kulturmagazin». Darin hat sie nicht nur einen kurzen Abriss über die vergangenen Monate, sondern auch die eigenen Versäumnisse verfasst – und sie weist auch auf die prekäre Lage hin, in der sich das Magazin derzeit befindet.

«041 – Das Kulturmagazin» existiert seit über 20 Jahren und hat sich vor allem auf regionale Kunst wie Konzerte, Filme, Musik und Literatur fokussiert. Herausgegeben wird es von der IG Kultur Luzern.

Nun steht der Zeiger auf fünf vor zwölf. zentralplus hat mit Anna Chudozilov und dem Verlagsleiter Dominik Bienz über ihre aktuelle Lage gesprochen.

zentralplus: Ihr habt ordentlich Staub aufgewirbelt mit euren Aufrufen auf Social Media. Mit Erfolg?

Dominik Bienz: In den letzten Tagen sind zahlreiche neue Abos dazugekommen. Wir freuen uns ganz besonders über Geschenk-Abos, die bestehende Abonnenten gelöst haben. Sie zeigen uns damit, wie wichtig ihnen das Magazin ist. Neben einigen grösseren Spenden, für die wir sehr dankbar sind, freuen wir uns auch über einige Leserinnen, die ihr bestehendes Abo in ein Unterstützer- oder Gönnerinnenabo umgewandelt haben. Schliesslich haben uns auch einige weitere wertvolle Rückmeldungen und Unterstützungsangebote erreicht. All das bestärkt uns, den durchaus schwierigen Weg weiterzugehen.

Dominik Bienz ist der Verlagsleiter des Kulturmagazins. (Bild: zvg)

zentralplus: Was wäre nun, wenn diese Unterstützung plötzlich wegbricht?

Bienz: Erste Massnahmen mussten wir bereits einleiten: Wir haben den Heftumschlag im Dezember auf ein dünneres Papier gedruckt. Wir sind dabei, zu evaluieren, ob wir mit weiteren Massnahmen beim Druck Kosten einsparen können.

Anna Chudozilov: Dünner werden wir in den kommenden Ausgaben auch im Fokus-Teil. Unser aktuelles Budget erlaubt es uns nicht, die Fokusthemen in der gleichen Intensität wie im vergangenen Jahr auszuleuchten. Auch wenn wir vorübergehend weniger Perspektiven zeigen können, wollen wir bei der Qualität der Beiträge keine Abstriche machen. Dünner wird wohl leider auch der Kalender, da unter den aktuellen Voraussetzungen viele Veranstaltungen nicht stattfinden können.

«Wir gehen davon aus, dass die aktuelle Krise nicht ewig dauern wird.»

Dominik Bienz, Verlagsleiter

zentralplus: Inwiefern hat sich die Corona-Krise auf das Magazin ausgewirkt?

Bienz: Bei mehreren Ausgaben konnten wir weit weniger Anzeigen verkaufen als üblich. Die meisten unserer Inserenten sind nämlich Veranstalter im Kulturbereich. Einerseits sind über Monate viele Veranstaltungen ganz weggefallen, anderseits war die Planung für zahlreiche Institutionen sehr unsicher, was auch wir zu spüren bekommen. Nicht zuletzt ist es so, dass es tatsächlich weniger Werbung braucht, um für ein ausverkauftes Haus zu sorgen, wenn maximal 50 Karten verkauft werden können.

zentralplus: Habt Ihr kreative Lösungen gesucht und neue Ansätze ausprobiert?

Chudozilov: Auf redaktioneller Seite haben wir einiges ausprobiert. Wir versuchen für Arbeitsbedingungen und Honorare zu sorgen, die der ausgezeichneten Leistung unserer Mitarbeitenden einigermassen gerecht werden und unseren Leserinnen und Lesern weiterhin ein vielfältiges Magazin zu liefern – und das bei tieferem Budget. Das kann natürlich nicht immer gutgehen. Dank unglaublich viel Goodwil von diversen Seiten funktioniert es aber bisher besser, als ich erwartet hätte. Allerdings müssen wir uns wohl darauf einstellen, dass die Situation noch eine Weile angespannt bleibt. Darum brauchen wir jetzt die zusätzliche Unterstützung.

zentralplus: Und wenn alle Stricke reissen? Gibt es euch dann nur noch in Online-Form?

Bienz: Wir sind noch weit weg davon, das «041» verschwinden zu lassen. Wir haben rund 3’000 Abonnentinnen und Abonnenten, die uns mittragen. Und wir gehen davon aus, dass die aktuelle Krise nicht ewig dauern wird. Natürlich ignorieren wir die Digitalisierung nicht. Gleichzeitig haben uns einige Menschen zurückgemeldet, dass nach einem Tag im Homeoffice top gestaltete, sorgfältig recherchierte Geschichten auf Papier eben auch einen grossen Wert haben.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Gruesse vom Einhorn Schlachthaus
    Gruesse vom Einhorn Schlachthaus, 09.12.2020, 07:07 Uhr

    Jeder Vorwahl schlägt irgendwann ihr letztes Stündchen…! Ausser die wohlhabenden Mäzene, Unternehmer und Kunst- und Kulturförderer springen zuvorkommend mit grosszügigen a-fonds-perdu-Beiträge ein.

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