Zuger Traditionstheater plant Grossproduktion

«Wir sind nicht grössenwahnsinnig»

Laien auf der Bühne, Profis im Hintergrund: die «Zuger Spiillüüt» – hier in einer Szene aus dem Stück «Vrenelis Gärtli» aus dem Jahr 2015. (Bild: Marina Kendall & Graeme Ross)

Maske, Bühnenbau, Regie: Bei der Laientheatertruppe «Zuger Spiillüüt» sind längst nicht mehr nur Laien tätig. Ohne Profis würde es nicht mehr gehen, sagt der Verein. Das sehen allerdings nicht alle so – und wünschen sich in jene Zeit zurück, in welcher wirklich nur Amateure am Werk waren.

Sie nennen sich selbst Laientheater. Doch der Verein «Zuger Spiillüüt» ist weit mehr als das. Zwar stehen bei den «Zuspi» stets Laien auf der Bühne, aber hinter den Kulissen geht es hoch professionell zu und her. So setzt man in den wichtigen Chargen wie Kostüme, Maske, Bühnenbau, Licht, Musik und in der Regie auf Fachleute. Das wird auch bei der anstehenden Jubiläumsvorstellung zum 50. Geburtstag nicht anders sein (siehe Box).

Denn die Zusammenarbeit mit Professionellen habe sich im Verlauf der Jahre bewährt, erzählt Rémy Frick, Vereinspräsident und Schauspieler bei den Zuger Spiillüüt. Mit 15 Jahren trat Frick in den Verein ein – das ist mittlerweile 40 Jahre her. «Zu Beginn der 90er-Jahre ist man dazu übergegangen, mit Profis zusammenzuarbeiten. Da ich damals nicht im Vorstand des Vereins war, kann ich die Motivation dazu aber nicht genau benennen.»

Verbindlichkeit lässt nach

Obwohl sich dieses «System» bei den Zuger Spielleuten nach Fricks Aussagen etabliert hat, gibt es auch unzufriedene Stimmen: «Es gibt ältere Mitglieder im Verein, die sich jene Zeit zurückwünschen, in welcher man alles selber gemacht hat», konstatiert der Vereinspräsident, der diesen Aspekt allerdings nicht plastisch sieht. Dem Umstand, dass sich in der heutigen Zeit immer weniger Leute verbindlich in einem Verein engagieren wollen, müsse man Rechnung tragen.

Rémy Frick, Vereinspräsident der Zuger Spiillüüt.

Rémy Frick, Vereinspräsident der Zuger Spiillüüt.

(Bild: pbu)

«Die Verbindlichkeit ist heute nicht mehr so gegeben wie vor 30 Jahren. Gerade für einen Theaterverein ist das schon äusserst riskant, wenn man nicht mit Sicherheit sagen kann, ob die Leute, die man ja effektiv braucht, auch wirklich kommen.» Frick gesteht zwar ein, dass es ohne professionelles Personal in den frühen Tagen etwas heimischer war. Auch der finanzielle Aspekt spielt sicherlich eine Rolle: «Die Profiregie ist unbestritten ein Budgetposten. Aber ich persönlich bin der Ansicht, dass es auf unserem Niveau ohne professionelle Regie nicht geht.»

50 Jahre Zuger Spiillüüt

Zum 50-Jahr-Jubiläum planen die Zuspi im Mai 2017 eine Grossproduktion. Gespielt wird das Stück «Liebeszeiten – eine berührende Lebensgeschichte» von Kurt Bösch. Stattfinden wird der Anlass in der Halle 3 der Stierenstallungen in Zug. Regie führen wird Rafael Iten.

Noch werden Helfer für Jubiläumsproduktion gesucht. Am 5. April 2016 findet dazu um 19.30 Uhr ein Informationsabend in der Gewürzmühle statt. Gesucht werden junge Schauspieler zwischen 18 und 30 Jahren sowie Helfer in den Bereichen Bühnenbau, Gartenbau, Theaterbeiz, Garderobe, Empfang und Infrastruktur. Weitere Infos finden sich hier.

Zwischen Organisator und Künstler

Die Gründe dafür liegen für Frick auf der Hand: «Eine Theaterproduktion besteht aus sehr vielen Facetten. Die Schauspieler, der ganze Bühnenbau, die Maske, die Kostüme und so weiter. Das sind alles Sachen, bei denen es eine Person braucht, die den Überblick behält.» Und genau hier komme der Regisseur ins Spiel. Denn dieser, so Frick, habe das alles im Griff. Er habe die Erfahrung, um genau bestimmen zu können, was und wen es wann braucht. Dies bringe ein Laienregisseur unter Umständen nicht im selben Mass mit.

Der Berufsregisseur werde damit allerdings nicht auf das Organisatorische reduziert, betont der Präsident der Zuspi. «Seine Hauptaufgabe ist die künstlerische Interpretation des Stücks. Gerade im Theater ist es aber nicht einfach, das Administrative vom Künstlerischen zu trennen.»

Grössenwahnsinniges Laientheater?

Das Laienhafte bleibe jedenfalls bestehen. Denn das werde letztlich über den Status der Vereinsmitglieder definiert. Und diese sind bei den Zuger Spiillüüt keine Profis. Keiner der Darsteller hat eine professionelle Schauspielausbildung. Keiner von ihnen lebt von der Schauspielerei. Deshalb machen die Zuspi kein professionelles, sondern Laientheater.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass man zum 50. Geburtstag den angestammten Burgbachkeller verlässt und auf dem Stierenmarkt in einer Halle spielen wird, die dreimal mehr Zuschauer fasst. «Wir machen das immer so bei Jubiläen», erzählt Frick. «Wie bereits in vergangenen Jahren werden wir auch 2017 unsere Heimbühne verlassen, weil wir dann jeweils mit etwas Speziellem aufwarten wollen.» Das braucht allerdings mehr Infrastruktur, drei- bis viermal mehr Personal und ein grösseres Budget. Wird das für den Verein nicht langsam zu gross?

«Wir trauen uns zu, zu spüren, was drinliegt und was nicht.»

Rémy Frick, Vereinspräsident Zuger Spiillüüt

Rémy Frick relativiert schmunzelnd: «Die Gefahr wäre vorhanden, wenn wir uns in Richtung Grössenwahn bewegen würden. Das tun wir aber nicht. Wir sind in dieser Hinsicht sehr realistisch. Wir trauen uns zu, zu spüren, was drinliegt und was nicht.» Ausserdem habe man höchstens alle zehn Jahre die Ressourcen, um eine solche Grossproduktion durchführen zu können. Respekt davor hat man allerdings. Deshalb beginnt bereits jetzt die Suche nach zusätzlichem Personal für die anstehende Grossproduktion.

Standortvorteil Zug

Dieses sei nämlich mindestens so wichtig wie die finanziellen Ressourcen. Bei den Zuspi bleibt man jedoch zuversichtlich. Die Erfahrung aus vergangenen Zeiten habe schliesslich gezeigt, dass es immer geklappt hat. Frick weiss auch, weshalb: «Es kommen viele Helfer aus dem Beziehungsumfeld der Vereinsmitglieder. Die Verankerung in Zug ist diesbezüglich enorm hilfreich.»

«Wir machen eine saubere Büez.»

Dies betreffe nicht nur die Rekrutierungsbemühungen. Auch die Erfolgsgeschichte der Theatertruppe führt Frick auf den Standort zurück: «Wir sind seit 50 Jahren in der Stadt Zug zu Hause. Wir wirken und arbeiten hier, das gibt uns einen Namen und viele Stammkunden, die teilweise seit 40 Jahren keine Vorstellung verpassen.» Auch deshalb hege man nicht die Absicht, grösser zu werden. Denn dazu wäre das Einzugsgebiet in Zug zu klein. «Und in Konkurrenz zum Zürcher Schauspielhaus und zum Luzerner Theater wollen wir uns definitiv nicht begeben. Das wäre Selbstmord.»

Der grosse Trumpf des Theaters sei darüber hinaus ein anachronistisches Element. Frick erklärt: «In der heutigen Zeit, in der alles sehr hektisch und pekuniär veranlagt ist, bietet das Theater Gegensteuer. Theater ist im Prinzip nichts anderes, als eine Geschichte zu erzählen. Das Entschleunigende und das nicht unbedingt wirtschaftlich Dominierte reizt die Leute wieder vermehrt. Und natürlich machen wir eine saubere Büez», fügt er mit einem Lachen an.

Professionelle Amateure

Der Verein «Zuger Spiillüüt» wurde am 21. April 1967 als Nachfolger der Heimatschutzbühne Zug gegründet. Präsident Adolf Meyer war Mitbegründer des Vereins und Regisseur der ersten Produktionen. Es wird in der Regel ein Stück pro Jahr inszeniert, wobei vor allem unterhaltsames und zeitgenössisches Theater gespielt werden soll. Auf dem Spielplan stehen vorrangig Komödien, beispielsweise 1971 «Drei Männer im Schnee» nach Erich Kästner, 1973 Werner Gutmanns «Galgevögel» oder 1990 Gogols «Der Revisor».

Vor allem in den ersten Jahren produzierten die Zuger Spiillüüt auch Kabarettprogramme mit Bezug zur Stadt und zur Region Zug. In den Produktionen treten neben den Mitgliedern auch Gäste aus anderen Vereinen auf. Für Regie, Bühnenbild, Kostüme und Technik werden professionelle Theaterschaffende verpflichtet, wovon die Regisseure Peter Züsli (bis 1991), Regina Wurster (2004, 2008 und 2010) und vor allem Rafael Iten (ab 1995) zu erwähnen sind.

In der ersten Zeit traten die Zuger Spiillüüt im Theater Casino Zug auf. Seit Anfang der Siebzigerjahre finden die Aufführungen vor allem im Theater im Burgbachkeller statt, teilweise im Theater Casino, in der Burgbachhalle und im Schulhaus Loreto. Seit 1999 probt der Verein in einer Theaterhalle in der Gewürzmühle. Die Zuger Spiillüüt finanzieren sich durch Gönner-, Sponsoren- und Mitgliederbeiträge sowie Gastspieleinnahmen und werden von der Stadt und dem Kanton Zug unterstützt.

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