Zuger Denkmalpflege unter Beschuss

«Wir sind dabei, die Erinnerung abzuschaffen»

Über der Zuger Denkmalpflege ziehen Wolken auf. Noch ist es aber nicht zu spät. (Bild: zentral+)

Die Denkmalpflege des Kantons Zug leidet unter den rigorosen Sparmassnahmen. Der Zuger Heimatschutz sieht darum das Kulturgut gefährdet – und schreitet ein. Die Situation ist schwierig.

Das Entlastungsprogramm, das der Kanton Zug Ende des letzten Jahres beschlossen hat, ist ambitiös. Besonders hart trifft es das Amt für Denkmalpflege und Archäologie, das eine Budgetkürzung von 15 Prozent hinnehmen musste. Das sind noch einmal fünf Prozent mehr als bei allen andern Ämtern. Dazu kommt, dass die Denkmalpflege in Zug auch sonst einen schweren Stand hat (zentral+ berichtete).

Schwierige Ausgangslage

Meinrad Huser, Präsident des Zuger Heimatschutzes, kritisiert diese Entwicklungen aufs Schärfste. Und stellt sich die Frage, wohin die Sparwut noch führt. «Wir sind dabei, die Erinnerung abzuschaffen.»

Mit der Kürzung des Globalbudgets des Amtes für Denkmalpflege und Archäologie sowie einer Motion, wonach schutzwürdige Objekte nur zum Denkmal erklärt werden sollen, wenn der Eigentümer zustimmt, werde die Denkmalpflege zum Politikum.

«Ohne Geschichte gibt es keine Zukunft.»

Meinrad Huser, Präsident Zuger Heimatschutz

Ausserdem würden in der Öffentlichkeit das System des Denkmalschutzes, aber auch die konkreten Tätigkeiten der Denkmalpflege in Frage gestellt. Die politisch geprägte, negative Grundstimmung schwappe auf den Alltag über und werde vom Normalbürger ohne Aufschrei zur Kenntnis genommen.

Denkmalpflege wird verkannt

Der Zuger Heimatschutz verfolge diese Entwicklungen mit grosser Sorge. «Die Denkmalpflege wird nicht als das wahrgenommen, was sie eigentlich ist», klagt Meinrad Huser. Dabei gehe es um weit mehr, als um den Erhalt alter Gebäude. «Baudenkmäler sind Zeugen unserer eigenen Vergangenheit. Es geht um Heimat, um ein Gefühl der eigenen Identität», so Huser. Das gelte es zu bewahren und vor kurzfristigen Zeiterscheinungen und gesellschaftlichen Strömungen zu schützen. «Ohne Geschichte gibt es keine Zukunft.»

Mit seiner Meinung steht Huser nicht alleine da. Gemäss einer Studie des Bundesamts für Statistik entsprechen die Anliegen der Denkmalpflege grundsätzlich einem breiten Bedürfnis der Schweizer Wohnbevölkerung.

«Es reicht nicht, einfach nur das Gesetz anzuwenden.» 

Meinrad Huser

Indes steht die Denkmalpflege in einem starken Spannungsfeld von entgegengesetzten öffentlichen und privaten Interessen. Denkmalschutz greift immer in Privatrechte ein. Die Interessenabwägung ist komplex, die Beurteilung bei jedem Objekt anders. Das macht den Entscheid im Einzelfall schwierig – und die Denkmalpflege unbeliebt. «Dazu kommt, dass in einer individualistisch geprägten Gesellschaft der Gemeinschaftssinn abnimmt», betont Huser. Der Schutz der privaten Rechte, namentlich die Eigentumsgarantie, aber auch finanzielle Interessen würden eher stärker gewichtet.

Es braucht Vertrauen

Das sei aber nicht der alleinige Grund dafür, dass die Denkmalpflege im Kanton Zug einen schweren Stand habe, fährt Huser fort. «Es mangelt der Zuger Denkmalpflege an Profil. Es ist immer noch zu wenig bekannt, was Denkmalschutz ist und warum es ihn braucht.» Es fehle eine Strategie, ein politisches Programm, kritisiert Huser die Behörden. «Es reicht nicht, einfach nur das Gesetz anzuwenden.» 

Das hat auch die Zuger Denkmalpflegerin Franziska Kaiser, stellvertretende Leiterin des Amts für Denkmalpflege und Archäologie, erkannt. «Wir müssen Vorurteile abbauen und den Leuten die Denkmalpflege näherbringen».

«Die Budgetkürzung könnte zu Verzögerungen führen.»

Franziska Kaiser, Denkmalpflegerin

Kaiser, die seit letztem Jahr im Amt ist, räumt ein, dass der Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. «Es geistert noch immer das Schreckgespenst des ewigen Verhinderers herum.» Dieses zu vertreiben, hat Kaiser sich auf die Fahne geschrieben.

Arbeit ist aufwändig

Nicht nur das Vertrauen der Bevölkerung will sie zurückgewinnen. «Wir müssen endlich das Inventar der schützenswerten Bauten vervollständigen. Das schafft Rechtssicherheit.» Diese Arbeit sei sehr aufwendig, aber enorm wichtig, betont Kaiser.

Momentan liege man im Zeitplan. Diese Bemühungen sieht Kaiser durch die Sparmassnahmen gefährdet: «Die Budgetkürzung könnte zu Verzögerungen führen.»

Meinrad Huser vom Zuger Heimatschutz hofft, dass die Direktion des Innern und das Amt für Denkmalpflege und Archäologie die beschränkten Mittel nun zielgerichtet einsetzen. Deshalb bleibe man mit dem Amt für Denkmalpflege in ständigem Kontakt.

Gemeinsame Lösungen sind gefragt

Allerdings würde der Informationsaustausch zwischen der Denkmalpflege und allen andern Beteiligten nicht immer funktionieren oder komme gar zu spät, klagt Huser. Deshalb müsse man als beschwerdeberichtigte Vereinigung oft intervenieren, um die schützenswerten Bauten zu erhalten. Derzeit sind ein Einwand, eine Einsprache und eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde hängig (siehe Box).

Als «Verhinderer» will sich aber auch Huser nicht verstanden wissen. Der Zuger Heimatschutz setze sich für Lösungen ein. Er sei jedoch nicht bereit, alle Erinnerungen aufzugeben. «Wir helfen mit, unserer Vergangenheit eine Zukunft zu sichern. Baudenkmäler bereichern unsere Gegenwart.»

 

Dafür kämpft der Zuger Heimatschutz im Moment

Gegen den Bebauungsplan Salesianum Zug hat der Heimatschutz dem Zuger Stadtrat seine Einwände kundgetan. Bemängelt wird, dass der Bebauungsplan keine Nutzung für die bestehenden Bauten des Salesianum vorsehe. Vielmehr verunmögliche er eine allfällige künftige Erweiterung für die in der Bauordnung zwingend vorgesehene öffentliche Nutzung des alten Klosters. 

Mit der Einsprache gegen die Verschiebung und Neufestlegung der Baulinien in Buonas will der Heimatschutz den Schutz der German-Kapelle und des Luthigerhauses sicherstellen. Dieser würde durch die neue Baulinienführung arg in Frage gestellt. Die Gegend ist samt den Denkmälern im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) verzeichnet. 

Beim Verwaltungsgericht ist eine Beschwerde gegen die Nichtunterschutzstellung des Wohn- und Geschäftshauses an der Hauptstrasse 4 in Oberägeri hängig. Damit will man einen – laut Heimatschutz wohl politischen – Entscheid des Regierungsrats rechtlich überprüfen lassen. Der Regierungsrat hatte befunden, dass zwar die sehr hohen Anforderungen an die Unterschutzstellung erfüllt seien und auch das erforderliche öffentliche Interesse an der Erhaltung des Gebäudes bestehe. Trotzdem wurde dem Haus der Schutz als Denkmal verweigert – aus nicht nachvollziehbaren Gründen, wie der Heimatschutz findet.

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