In Luzern wird ein neues Projekt lanciert. Es geht um Nachbarschaftshilfe und mehr gegenseitige Aufmerksamkeit. So sollen ältere Menschen länger selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden bleiben können. Ein Ziel, welches die Überwindung einiger Barrieren erfordert.
Viele Stadtbewohner kennen kaum den Namen ihrer Nachbarn. Die Anonymität in den Städten ist normal, der Nachbar hinter der nächsten Türe unbekannt. Dies zu überwinden hat vor allem für die Älteren Vorteile, aber nicht nur.
Eine neue Luzerner Interessengemeinschaft will Nachbaren einander näher bringen. «Vicino» – also «nahe» auf italienisch – nennt sich die IG daher, und sie verfolgt das Ziel, durch Vernetzung von Nachbaren und verschiedenen Organisationen älteren Leuten länger ein selbstbestimmtes Wohnen zu ermöglichen.
Jung und Alt können profitieren
Mit dabei sind mehrere Organisationen sowie Baugenossenschaften (siehe Box). Dazu gehört auch die Katholische Kirchgemeinde der Stadt Luzern. Deren Geschäftsführer Peter Bischof ist von den Vorteilen für alle überzeugt: «Man pflegt soziale Kontakte, sammelt Erfahrungen, lernt und erfährt Dinge von anderen Generationen.» Dafür müssten aber viele Menschen ihre Hemmschwellen im sozialen Verhalten überwinden.
Auf Hilfe aus dem Quartier angewiesen
Bei vielen älteren Menschen besteht der Wunsch, möglichst lange in der gewohnten Umgebung sicher und selbstständig zu leben. Die Frage lautet: Mit welchem Wohnangebot und vor allem mit welchen ergänzenden Dienstleistungen können sie dabei optimal unterstützt werden?
«Damit die älteren Leute länger in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können, braucht es erstens architektonische Voraussetzungen, zweitens soziale Insitutionen und drittens Nachbarschaftshilfe», erklärt Bischof und ergänzt: «Viele Leute sind auf Hilfe aus dem nahen Raum – also dem Quartier – angewiesen.»
Kleine Alltäglichkeiten
Tamara Renner, Geschäftsleiterin der Spitex Luzern betont: «Ein funktionierendes soziales Netz wirkt präventiv, damit auch ältere Menschen in ihrer Wohnumgebung möglichst lange selbstbestimmt leben können.»
Doch was heisst das konkret? «Es handelt sich oft um kleine Alltagstätigkeiten. Vielleicht die Geranien vom Balkon in den Keller tragen, Einkaufen gehen, oder jemanden zum Arzt begleiten. Oft geht es aber vor allem um Kontakt. So, dass die Leute, die weniger mobil sind, nicht vereinsamen. Zum richtigen Zeitpunkt soll es dann auch möglich sein, die Hilfe von Profis zu vermitteln», so Bischof.
«Vielleicht klingelt man auch bei der älteren Nachbarin, welche die Storen länger geschlossen hat und fragt nach.»
Peter Bischof, Geschäftsführer der Katholischen Kirchgemeinde Stadt Luzern
Daraus könnten sich auch fast familiäre Beziehungen entwickeln. Eine junge Familie zum Beispiel, die der älteren Nachbarin die Einkäufe erledigt und diese dafür einmal die Woche für die Kinder das Mittagessen kocht, wenn die Eltern am Arbeiten sind. Wenn eine solche gegenseitige Unterstützung entstehen könne, sei das natürlich wunderbar, sagt Bischof.
«Früher lief vieles wie Austausch und gegenseitige Unterstützung über Familien und die Kirche. Heute leben die Menschen gewollt oder ungewollt und bedingt durch verschiedene Faktoren vermehrt in einer Anonymität. Und dadurch entsteht ein Vakuum», ist Bischof überzeugt. «Wir müssen Solidarität wieder leben lernen – und zwar auch in unserer nächsten Umgebung.»
Bischof erhofft sich mehr Achtsamkeit: «Vielleicht klingelt man dann auch mal bei der älteren Nachbarin, welche die Storen immer wieder länger geschlossen hat, und fragt nach.»
Dazu muss man jedoch auch die Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen in der näheren Umgebung ablegen und aufmerksam sein.
Einfache Organisation über eine Plattform
Es gehe schlussendlich darum, Menschen und auch Organisationen zusammenzubringen und den Austausch zu pflegen, Infos auszutauschen. Dazu bringt Bischof ein ganz einfaches Beispiel: «Wenn die Spitex erfährt, dass eine betreute, ältere Person gerne wieder einmal Jassen würde, aber nicht mehr mobil ist, kann sie sich an eine verantwortliche Person wenden. Diese kann dann der Quartierarbeit oder der Kirche einen Tipp geben.»
Mitglieder der IG sind aktuell verschiedene Projektträger:
Die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern abl mit dem Pilotprojekt Vicino Luzern in der Neustadt, die Wohnbaugenossenschaft WGL Littau mit dem Projekt Neuhushof, die Katholische Kirchgemeinde Stadt Luzern und die Stiftung Kapuziner Kloster Wesemlin mit ihren beiden Projekten im Quartier Wesemlin sowie die Viva Luzern AG mit dem Projekt Guggi an der Taubenhausstrasse. Dazu kommen die Spitex der Stadt Luzern als Fachbegleitung und die Stadt Luzern als Koordinatorin der IG.
Weitere Interessenten sind herzlich willkommen, schreibt die IG.
Konkret gehe es darum, eine Plattform zu bilden, über welche Menschen ohne Verpflichtungen, freiwillig und unkompliziert zusammenfinden und sich austauschen können. «Es braucht dafür Personen, welche diese Kultur der Sorge und Vernetzung unterstützen können.» Eine solche Plattform stellt sich Bischof im Rahmen eines Quartiertreffpunkts wie einem Café oder einem runden Tisch vor. Dass ein solches Projekt in ein Quartier hinausgetragen wird und nicht auf ein Gebäude oder eine Siedlung beschränkt ist, sei in der Schweiz noch wenig verbreitet.
Pilotprojekt gestartet
Unter der Führung der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern abl und der Spitex Stadt Luzern entsteht als erstes im Gebiet Neustadt ein Pilotprojekt. Mit dem Café Vicino, welches derzeit in der Zwischennutzung in der Himmerlrich-Siedlung besteht, und welches künftig im Neubau entstehen soll, ist die erste Plattform geschaffen.
Weitere ähnliche Projekte rund um das Wohnen und Leben im Alter sind in anderen Quartieren der Stadt Luzern in Diskussion, in Planung und am Entstehen. Dazu gehören der Neuhushof in Littau, die Siedlung Guggi an der Taubenhausstrasse und zwei benachbarte Projekte im Quartier Wesemlin.
Quartierbewohner sind wichtig
Hansruedi Furrer, Präsident der Wohnbaugenossenschaft WGL Littau hofft auf weitere Interessierte: «Umso vielfältiger die Projekte in den einzelnen Stadtteilen sind, desto interessanter und anregender wird der Austausch.» Und Martin Merki, Sozialdirektor der Stadt Luzern, ergänzt: «Die Stadt möchte durch das Engagement in der IG Vicino Luzern mithelfen, dass sich alle Player intensiv vernetzen können.»
Die Weiterentwicklung des Dienstleistungsangebotes findet also über Vernetzung durch die beteiligten Organisationen statt. «Wir werden aber auch die Leute in den Quartieren anschreiben», erklärt Tamara Renner von der Spitex. Denn selbstverständlich brauche es Menschen, die sich beteiligen: «Es ist ein Gesellschaftsprojekt.»
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Elfriede04, 19.08.2015, 17:34 Uhr Als MA der Spitex Zürich Limmat AG ist mir die Nachbarschafts-Hilfe im Quartier Schwamendingen sehr gut bekannt. Da wir nur Leistungen gemäss Leistungsauftrag durchführen können, bringen wir unseren Kunden die Broschüre der Nachbarschafts-Hilfe. Diese wird oft & gerne genutzt. Bedingung ist, dass die Nutzniesende Mitglied werden & den «Freiwilligen» für Ihre Dienste wie: Begleitung zum Arzt/Einkauf/Ausflug/ Wäsche waschen/ mal ein Kafi trinken gehen/sonstige Begleitungen nach Wunsch & Bedürfnis, ein kleines Trinkgeld geben. Inhalt der Broschüre Schwamdendingen Über uns
Über die Nachbarschaftshilfe Schwamendingen
Die Nachbarschaftshilfe Schwamendingen ist zu einer wichtigen und gefragten Institution im Quartier herangewachsen.
Unsere Ziele
Förderung der gegenseitigen nachbarschaftlichen Hilfe
Stärkung der sozialen Netze zwischen den BewohnerInnen Schwamendingens
Pflege der Vernetzung mit anderen Institutionen im Quartier
Unsere Aufgabenfelder
Wir vermitteln zwischen Anbietenden und Anfragenden
Bieten durch die Abgabe der Babysitterinnen-Liste Entlastung für Eltern
Schaffen durch den einmal im Monat stattfindenden Frauenspaziergang Begegnungsmöglichkeiten für Frauen
Nehmen die Funktion einer Informationsdrehscheibe wahrE gueti Sach „wink“-Emoticon unsere betagten Kunden schätzen diesen Dienst. Eine nicht mehr weg zu denkende Institution im Bereich der NoN Profit Organisationen. Allen Mitwirkenden ein „heart“-Emoticon liches Dankeschön… In eigener Sache: wie so oft in der freiwilligen Arbeit, wird diese vorwiegend von Frauen aufgeführt. Es kann jedoch auch für Männer eine schöne & erfüllende Aufgabe sein. Für Menschen ohne Erwerbsarbeit vielleicht eine Bestätigung des Gefühls, gebraucht zu werden…
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