Haben Sie Ihre Zuger Bands beieinander?

Wir kochen Öz Ürügülü mit viel Margrit Garlic

Dieser Chor habe ihn weggehauen, sagt Björn Bredehöft nachträglich.

 

(Bild: Rolf Fassbind)

Wer sagte, in Zug läuft nichts? Der hört nicht richtig hin: Den Sommer über haben 22 Zuger Bands in der Galvanik je einen Song aufgenommen. Die «Zuger Session Vol.1» wird nun von Donnerstag bis Samstag getauft.

«Eigentlich arbeite ich in einem ziemlich fetten Studio», sagt Björn Bredehöft, der während des letzten Sommers von 22 Zuger Bands je einen Song in der Galvanik oder der Fabrikhalle der Cham Paper Group aufgenommen hat. Das Projekt heisst «Zuger Session Vol. 1» und zeigt die wohl ehrlichste Momentaufnahme einer unterschätzten Zuger Rockszene.

«Eigentlich arbeite ich in einem ziemlich fetten Studio, aber ich suchte wieder einmal das Raue, das Rohe»,  erklärt Björn Bredehöft seine eigene Motivation für die Zuger Session Vol. 1. Die eigene Suche nach dem Rohen und Rauen ausserhalb der hochgedopten Studioproduktionen ist aber beinahe nebensächlich. Drei Überlegungen führten zur Produktion des Samplers:

Die Sommerpause. Die Galvanik steht während des Sommers leer. Oder jedenfalls überwiegend. «Ich wollte schon lange mal die Galvanik während des Sommers ein wenig besser ausnutzen», erzählt Björn Bredehöft.

Eine Momentaufnahme der Bands in Zug. Bevor ein Teil der Zuger Bands wieder in der Versenkung verschwinden oder im Gegenteil noch richtig durchstarten: Wie klangen sie im Jahr 2016?

Und das Wichtigste: Wer nicht spielt, soll hören. Bands sollen wieder Konzerte der Konkurrenz besuchen. «Letztes Jahr ist mir aufgefallen, dass Zuger Bands immer weniger Konzerte anderer besuchen», sagt Björn Bredehöft. Das will er nun wiederbeleben.

Zwei Absagen aus physikalischen Gründen

Keine einzige Band sagte ab, als Björn Bredehöft sich im Frühling bei 15 Zuger Musikern meldete. Im Gegenteil: Nach dem «Kick-Off-Trinken» in der Galvanik, wie er es nannte, wuchs die Liste der Bands, die auf den Sampler gehören von 15 auf 22 an. Zwei weiteren Bands, die sich noch gemeldet hatten, musste Björn Bredehöft sogar absagen. Aus physikalischen Gründen.

Auf eine CD passen exakt 78 Minuten und dreissig Sekunden. Macht etwas mehr als dreieinhalb Minuten pro Band und damit wäre der Sampler bis kurz vor dem Platzen gefüllt. Dreieinhalb Minuten sind aber bei Weitem nicht genug: Gleich mehrere Bands aus Zug sind sich gewohnt, Songs zu schreiben, die unter zehn Minuten selten den ersten Refrain erreichen.

Gleiche Voraussetzungen für alle

Aber nicht nur das bewog Björn Bredehöft dazu ein paar grundsätzliche Guidlines aufzustellen. «Alle Bands einfach mit einem bereits aufgenommenen Song auf die CD zu packen, das wäre überhaupt nicht das Gleiche gewesen», sagt Björn Bredehöft. «Einige haben produzierte Studioalben, andere haben mit einem Handymikrofon im Proberaum aufgenommen.» Also müssen gleiche Voraussetzungen für alle herrschen, damit die Momentaufnahme auch ehrlich wird.

Ohne Tricks, ohne Korrekturen und ohne grosse Effekte. Die Aufnahmezeit begrenzte Bredehöft auf sechs Stunden pro Band, die Tracks durften höchstens vier Minuten dauern. Wenn möglich sollten sie alles zusammen einspielen, das Studio war die Galvanik und für ein paar Ausnahmen die Fabrikhalle der Cham Paper Group. Das war der Deal. Und, hats geklappt?

15 Minuten für die Pipi-, Rauch- und Bierpause

Ja, hat es: «Der Sampler ist tatsächlich randvoll, nur noch eine Sekunde ist frei», sagt Björn Bredehöft. Es wurde eine CD mit wenig Stille zwischen den Songs. Das, was die Zuger Bandsszene 2016 zu bieten hat, dicht gedrängt auf einem Sampler. Ein Grund zum Feiern.

Von Donnerstag bis Samstag feiern 21 der 22 Bands in der Galvanik die Szene, Zuger Musik und sich selbst. Nur die Band Delilahs konnte nicht, sie nehmen bereits ihre nächste CD auf. Das Programm sieht aber dennoch ziemlich satt aus: Jede Band spielt etwa eine halbe Stunde, dann gibt’s 15 Minuten Pipi-, Rauch- und Bierpause, schon folgt die Nächste. «Wir haben nicht so ein Konzept wie andere Festivals à la: am Donnerstag bisschen Singer/Songwriter und dann am Freitag Rock. Es treten alle Stile durcheinander auf», erzählt Björn Bredehöft. Den «Zuger Sampler» auf CD gibt’s übrigens vorerst nur an den Konzerten am Wochenende selbst.

Das kleine Who’s Who der Zuger Session Vol 1.

22 Zuger Bands auf einem Haufen: Wer will sich da schon mit Unkenntnis blamieren? Damit zentralplus-Leser nicht zu denjenigen gehören, die denken Öz ürügülü sei ein Rezept aus einer Kochshow mit Margrit Garlic, schön «thin & crispy» gebraten, hier ein Crash-Kurs, was in der Zuger Bandszene letztens so los war.

Gracchus spielt Hardrock im eigentlichen Sinn. Ein Kritiker schrieb dazu: «Die Band Gracchus ist nichts für Hausfrauen, die ein bisschen Rock mit vielen halbgaren Balladen suchen.» Vor ein paar Tagen haben sie ihre erste EP «MCMLXXX» rausgegeben.

Thin&Crispy machen mit Westerngitarren, folkigen Background-Gesängen und Beats vom Cajon eingängige Songs. (Ja, diese Holzkiste, die manchmal ein komplettes Schlagzeug ersetzt, die heisst Cajon.)

Troubadueli ist der Troubadour von Zug, der Mani Matter der Zentralschweiz. Nur Gitarre und Gesang, auf das reduziert, was wirklich wichtig ist. Seine Mundart-Texte sind oft sozialkritisch und immer leicht unbequem.

Öz ürügülü ist eine der Bands, die sich wohl nur schwer an die Vier-Minuten-Vorgabe des Samplers halten konnten. Ihre Songs schaffen irgendwie den Spagat zwischen Unvorhersehbarem und Tanzbarkeit. Für alle, die sich gerne mal über Konventionen aufregen, wird das Konzert einem Lavendel-Bad gleichkommen. Ihr neustes Werk heisst «Fashion and Wellfare».

Frontal ist die wahrscheinlich punkigste Punkband von Zug. Seit 1998 wüten sie, so ganz gehen sie wohl nie. Gut so.

A.K.A. Unknown ist jung und ebenfalls ziemlich undefinierbar. Mal klingt der Jazz durch, mal übertönt der Rock, mal brettert die Sound-Wand voll ins Publikum, mal wird sie filigran aufgebaut. Wenige junge Bands machen so kompromisslos das, was Spass macht, ohne sich um Genres zu kümmern.

Die Oals schwingen zwischen Melancholie und Ekstase, sagen sie selbst, treffen es damit wohl ganz gut. Das Rockquartett singt über Liebe, Hass und die ganz grossen Dinge.

Stuberein ist ein fester Wert der Zuger Musikszene: Die Begrüssung «Hallo, wir sind stuberein und so heissen wir auch», hat Kultstatus. Ebenso der Refrain des Songs «Fründe». Merkt ihn euch, er wird an dem Abend noch ein paar Mal angestimmt werden. Mundarttexte mit folkiger Begleitung, meist mit Gitarre, Cajon und Bass.

Etienne Merula ist einer von diesen Folk-Sängern, die man irgendwo in einer Bar per Zufall trifft und dann total überrascht ist zu hören, dass der Typ tatsächlich aus Zug stammt. Ähnlich wie Ramon Clau. Wobei er eine Spur poppiger wirkt. Trotzdem scheinen die zwei gut zu harmonieren, Konzerte spielen sie auch gerne mal zusammen.

Mothership Caldonia ist meist die Band, die das Gegenüber meint, wenn von «dieser Funkband letztens» die Rede ist. Das Mutterschiff gilt als Garant für tanzendes Publikum.

Margrit Garlic ist ein Trio, das sich mit träumerischer Hingabe dem Graubereich zwischen Reggea und Rock verschrieben hat. Perfekt, um sich selbstvergessen um die eigene Achse zu drehen.

Stuck in Traffic, das sind die Jungs, die schon vor der ersten Lederjacke an Rockstarallüren litten. Nach den wuchtigen Auftritten verzeiht man das aber gern.

Troimer kombiniert poetische, deutsche Texte mit mitreissendem, süffigem Rock. Die Band ist seit über zehn Jahren ein Begriff in der Zuger Bandszene. Im April veröffentlichten sie ihr zweites Album, «Mit anderen Augen».

Welträumer ist eine der Bands, die zwar einen Abend lang spielen, danach aber keiner im Publikum genau beschreiben kann, was da passierte. Sie selbst beschreiben es am besten: «musikalisch wunschträumend».

Blue Moon muss das Ergebnis einer Zeitreise sein. Die Neo-Hippies haben es irgendwie fertiggebracht, die junge Janis Joplin als Frontfrau in die Zukunft zu bekommen. Die junge Band war übrigens die einzige, die ihren Track auf dem Zuger Sampler nicht in der Galvanik, sondern in der Fabrikhalle der Cham Paper Group aufgenommen hat.

Rundfunk ist ziemlich nahe an einer richtigen Bigband mit allem Drum und Dran. Bläser, funky Beats, Orgel, Wah-Wah-Gitarren und manchmal sogar mit einem Didgeridoo-Solo.

Mindcollision macht diese Mischung aus Rap und Metal, die man von Bands wie Limp Bizkit kennt. Nein, der Vergleich ist nicht zu hoch gegriffen: Die Band gehört zu jenen, bei welchen man überrascht nachfragen muss: «Was?, die kommen aus Zug?»

R we alone? trägt das Fragezeichen zurecht. Ist er allein? Manchmal tritt der Frontmann alleine auf, manchmal sind sie zu zweit, manchmal sogar bis zu sechst. Was sich durchzieht, sind folkige Songs mit rauchiger Stimme von fremden Orten, die uns doch ziemlich bekannt vorkommen.

Humanoids gehören ebenfalls definitiv zu den gestandenen Formationen. Ihr neustes Album heisst «I Hear The Sun», und falls sie nach dem klingen, was sie hören, dann klingt die Sonne nach den Black Keys oder den Queens of The Stone Age.

Preef haben über die Jahre einen eigenwilligen Weg zwischen Surferrock und Punkriffs eingeschlagen, der eigentlich mehr nach Kalifornien als in die Zentralschweiz passt.

Björn Bredehöft und Muriel Ryhner von den Delilahs während den Aufnahmen für den Zuger Sampler.

Björn Bredehöft und Muriel Ryhner von den Delilahs während den Aufnahmen für den Zuger Sampler.

(Bild: Rolf Fassbind)

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