Künstliche Beschneiung kann nicht Schritt halten

Ist Skifahren bald Luxus? Und was das mit Pyramiden zu tun hat

Die Pyramiden in Ägypten könnten den Schweizer Skipisten nicht unähnlicher sein. Doch einen Zusammenhang gibt es. (Bild: Adobe Stock)

Was haben die Pyramiden in Kairo und die Schweizer Skigebiete gemeinsam? Wir sagen es dir und erklären, warum der Klimawandel Skifahren in der Schweiz bald teurer macht.

Was haben die ägyptischen Pyramiden mit den Skipisten in der Schweiz zu tun?

Liegt es daran, dass beides Top-Destinationen für Touristen aus aller Welt sind? Das ist zwar richtig, darum geht es aber nicht. Wie wäre es mit: Nordafrika ist ebenso vom Klimawandel betroffen wie die schmelzenden Schweizer Skipisten? Ebenfalls korrekt, doch auch das ist es nicht.

Es ist das Volumen. Denn jedes Jahr werden 13 Millionen Kubikmeter Wasser auf Schweizer Skipisten gesprüht. Das entspricht dem Inhalt der Cheops-Pyramide - ganze fünfmal.

Ein Grund für den Einsatz von künstlicher Beschneiung ist der Klimawandel. Seit Jahrzehnten wird es in den Alpen wärmer und der natürliche Schnee nimmt ab. Ein Forscherteam der Uni Basel ist dem Phänomen nachgegangen. Konzentriert haben sie sich auf das Skigebiet Andermatt-Sedrun-Disentis.

Im hohen Andermatt sieht es gut aus

Auf über 1800 Meter kann bis ins Jahr 2100 und trotz Klimawandel eine 100-tägige Saison durch künstliche Beschneiung gewährleistet werden. Doch in tieferen Gebieten und in den Weihnachtferien könnten die Schneekanonen den Mangel nur «teilweise» ausgleichen, schreiben die Forscher in ihrer kürzlich veröffentlichten Studie.

Denn künstliche Beschneiung funktioniert nicht bei jeden Verhältnissen. «Es darf nicht zu warm sein und die Luft nicht zu feucht, sonst entsteht keine ausreichende Verdunstungskälte», sagt Erika Hiltbrunner, eine der Studienautorinnen. Ist es zu warm, sei es «technisch unmöglich» Schnee zu erzeugen.

Andermatt mit seinen Pisten zwischen 1500 und 2600 Höhenmeter kann erst einmal aufatmen. Doch wie steht es um tiefer gelegen Gebiete wie das Skigebiet Sörenberg?

Im Dorf Sörenberg auf 1200 Höhenmeter verlaufen die künstlich beschneiten Pisten wie Bahnen durch die grünen Hügel. Aufnahme am 29.12.2022.
Im Dorf Sörenberg auf 1200 Höhenmeter verlaufen die künstlich beschneiten Pisten wie Bahnen durch die grünen Hügel. Aufnahme am 29.12.2022. (Bild: Screenshot)

Sörenberg sagt: Kein Grund zur Panik

Das 50 Kilometer entfernte Skigebiet Sörenberg im Kanton Luzern ist eines der niedrigsten Skigebiete in der Region. Nur 2 von 16 Liften fahren über 1800 Höhenmeter, beide auf das Brienzer Rothorn. Neben drei weiteren Bahnen sind sie die einzigen, die zurzeit geöffnet sind. Die restlichen elf Lifte bleiben vorerst geschlossen.

Der Direktor der Bergbahnen Sörenberg, René Koller, stellt bei der Nachfrage eine «Verlagerung nach hinten» fest, also in Richtung Fasnachtsferienzeit. Schnee im Dezember sei immer seltener. Wirtschaftlich sei die letzte Saison allerdings die beste seit zehn Jahren gewesen. «Also noch kein Grund zu Panik», schreibt er.

Doch auch im Dezember kann man in Sörenberg auf die Bretter, besonders gut weit oben auf dem Brienzer Rothorn. Langfristig stellt sich das Gebiet allerdings auf die neuen Bedingungen ein. «Seit Jahren versuchen wir gezielt die Winterlastigkeit abzubauen und den Sommer zu fördern», meint Theo Schnider, Präsident des Verwaltungsrats.

Am Eisee auf knapp 1900 Meter gibt es keine Probleme mit dem Schnee. Aufnahme vom 29.12.2022.
Am Eisee auf knapp 1900 Meter gibt es keine Probleme mit dem Schnee. Aufnahme vom 29.12.2022. (Bild: Screenshot)

Konflikte bei der Nutzung des Wassers

Zurück zum Wasser. Nicht nur die Schneeproduktion in tiefen Lagen bereitet den Studienautoren Kopfzerbrechen. Sondern auch der steigende Wasserverbrauch bei der Beschneiung von warmen Pisten. In Andermatt wird sich der Verbrauch in den nächsten 100 Jahren fast verdoppeln.

Ältere Studien aus dem Gebiet Scuol in Graubünden rechnen mit einer Verfünffachung des Wasserbedarfs. Die Forscher befürchten Nutzungskonflikte durch die steigende Beanspruchung der Stauseen.

Die Sorge kann der Verband «Seilbahnen Schweiz» nicht teilen. Speicherseen seien multifunktional einsetzbar, zur Stromerzeugung, Beschneiung oder als Löschwasserbecken. Ausserdem sei das Wasser «geliehen, nicht verbraucht», schreibt der Verband im «Faktenblatt zur technischen Beschneiung». Durch Schneeschmelze und Verdunstung fliesse das Wasser zurück in den Wasserkreislauf.

Wird Skifahren teurer?

Die Beschneiung der Pisten ist weniger problematisch als viele annehmen, so der Verband. Erstens fände die Beschneiung vornehmlich im November und Dezember statt, wenn der Stromverbrauch im Tal noch tief ist. Ausserdem sei die Effizienz der Anlagen in den letzten Jahren verdoppelt worden. Der Anteil der technischen Beschneiung am schweizerischen Stromverbrauch betrage gerade einmal 0,1 Prozent.

Erika Hiltbrunner von der Universität Basel fürchtet, dass Skifahren sehr viel teurer wird. Wenn der Schnee durch die hohen Temperaturen ständig schmelze, müsse häufiger beschneit werden. Die Kosten für Wasser und Anlagen «muss man irgendwann auf den einzelnen Skifahrer abwälzen», warnte sie vor kurzem gegenüber dem «Regionaljournal Zentralschweiz».

Verwendete Quellen
  • Podcast des «Regionaljournal Zentralschweiz»
  • Website der Universität Basel
  • Studie zur Schneeproduktion im Skigebiet Andermatt-Sedrun-Disentis
  • Website von «Bergfex» zum Skigebiet Sörenberg
  • Faktenblatt zur Technischen Beschneiung der «Seilbahnen Schweiz»
  • Karte des Bundes
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