Drastische Massnahmen für die Bevölkerung im Kanton Zug

Wie will man die Betreuungssituation für berufstätige Eltern lösen?

Finito! In den kommenden Wochen sind die Schulen in der Schweiz geschlossen. (Bild: zvg/Montage wia)

Die Schulen in der Schweiz sind per sofort geschlossen, grössere Konzerte und viele Veranstaltungen werden abgesagt. Und die Grosseltern sollen bloss nicht Enkel hüten. Wie geht denn nun der Alltag weiter? Wir haben dem Zuger Regierungsrat Fragen gestellt – und auf einige eine Antwort erhalten.

«Die Ereignisse haben sich in den letzten Stunden überschlagen», sagt Landammann Stephan Schleiss anfangs der kurzfristig angesetzten Medienkonferenz am Freitagabend. «Es ist verrückt, wie sich die Situation in den letzten 14 Tagen verändert hat», ergänzt Gesundheitsdirektor Martin Pfister. Ein vorläufiger Kulminationspunkt wurde im Verlauf des Tages mit strengen Massnahmen des Bundesrats erreicht (zentralplus berichtete).

Auch auf Kantonsebene wird an die Solidarität der Bevölkerung appelliert. Für die meisten jüngeren Menschen ist dieses vermaledeite Virus eher ungefährlich. Doch es kann von ihnen leicht auf ältere Menschen oder Risikogruppen übertragen werden (zentralplus berichtete).

Der Regierungsrat fährt deshalb auch haargenau dieselbe Schiene wie der Bundesrat. Dennoch gibt es Fragen, die kantonal geregelt werden. Ausserdem will man wissen, was die harten Massnahmen konkret bedeuten. Genau diese Fragen haben wir gestellt. Angefangen bei der wohl dringlichsten – und einer der schwierigsten:

Die Schulen sind zu. Der Kanton Zug hat Fernunterricht angekündigt. Wie genau soll der aussehen?

Bildungsdirektor Stephan Schleiss dazu: «Der Unterricht wird von zu Hause aus stattfinden. Je älter die Schüler sind, desto eher wird es möglich sein, den Unterricht online durchzuführen. Bei den kleineren Kindern kann ich mir vorstellen, dass sie mit Blättern und Leseaufträgen arbeiten, die sie beispielsweise wöchentlich bei der Lehrperson abholen.»

Ist es überhaupt noch möglich, Kinder mit den getroffenen Massnahmen extern zu betreuen?

Schleiss: «Auf dieses Szenario sind wir weniger gut vorbereitet. Deshalb werden wir mit den Gemeinden Rücksprache nehmen und uns beraten. Am Samstagmorgen werden wir uns mit dem Präsidenten der Sozialvorsteher-Konferenz treffen. Ziel ist es jedoch, dass nur im Notfall extern betreut wird. Sonst verlagern wir das Problem von der Schule in die Betreuungsstätten, was meines Erachtens keinen Sinn ergibt. Doch ist es noch offen, in welche Richtung sich das entwickeln wird.»

Für die Eltern, von denen viele berufstätig sind, ist das äusserst einschneidend, wenn die Kinder nicht extern betreut werden können. Wie will man diese Betreuungssituation lösen?

Volkswirtschaftsdirektorin Silvia Thalmann-Gut: «Tatsächlich dürfte das für einige Eltern schwierig werden, da sie nicht gleichzeitig im Betrieb sein können. Die Volkswirtschaftsdirektion hat deswegen eine Arbeitsgruppe gegründet, um zu analysieren, was das für Zuger Unternehmer bedeutet. Doch muss man auch sagen: Die Unternehmer haben sehr gute Jahre hinter sich. Sie starten robust in die Krise. Gleichwohl wird diese für einzelne Unternehmer spürbar werden. Darum wollen wir möglichst schnell Massnahmen, die wir rasch und unkompliziert umsetzen können.

Finanziell könnte das für Eltern schwierig werden.

Thalmann: «Es liesse sich wohl mittels Erwerbsausfalls-Entschädigung etwas machen. Das ist ein Thema, das der Bund derzeit prüft. Ich gehe davon aus, dass in vielen Unternehmen grosse Kulanz herrscht.»

Wie steht es aktuell um die medizinische Lage im Kanton?

Kantonsarzt Rudolf Hauri dazu: «Derzeit ist es aus medizinischer Sicht verhältnismässig ruhig im Kanton Zug. Wir haben eine stabile Situation. Klar sind die Hausärzte belastet, es läuft jedoch in geordneten Bahnen. Aber: Das kann schnell kippen und dafür müssen wir gewappnet sein. Wenn es intensiver wird, dann wird das Material bei uns knapp. So planen wir entsprechende Szenarien, damit wir die nötigen Materialreserven im Vorfeld aufbauen können.

Wie sehen denn die aktuellen Zahlen aus?

Hauri: «Derzeit sind 13 Fälle bestätigt im Kanton Zug. Es handelt sich um zehn Männer und drei Frauen zwischen 25 und 55 Jahren. Es geht ihnen gut, sie können zu Hause sein und werden von der Lungenliga überwacht (zentralplus berichtete). Auch können wir zurückverfolgen, wo sie sich angesteckt haben. Die Kontaktpersonen sind informiert.»

Desinfektionsmittel scheint sich zum geheimen Allheilmittel gemausert zu haben. Nirgends findet man mehr welches. Braucht das die Zivilbevölkerung überhaupt?

Hauri: «Nein. Wir haben noch genügend Vorrat an Desinfektionsmitteln. Doch ist der Kanton restriktiv. Die Mittel haben in der Bevölkerung nichts zu suchen. In Spitälern, Praxen und bei der Spitex sind sie hingegen wichtig. Viel wichtiger ist in der Zivilbevölkerung das Befolgen der Hygieneregeln. Allen voran die Handhygiene, aber auch die Abstandsregel. Wenn wir diese einhalten, bin ich zuversichtlich, dass wir ältere Menschen und Personen aus Risikogruppen schützen können.»

Versammlungen von über 100 Menschen sind verboten. Kann ich jetzt noch ins Hallenbad?

Martin Pfister: «Unter den aktuellen Umständen und unter Befolgung gewisser Massnahmen ist das möglich. Sofern die Hallenbäder nicht mehr als 100 Leute hereinlassen.»

Wer kontrolliert das?

Pfister: «Das ist eine Regelung des Bundes und hat daher Gesetzescharakter. Entsprechend liegt die Sache bei der Polizei. Wie sie das Gesetz jedoch vollzieht und kontrolliert, muss man noch schauen.»

Was, wenn man gegen diese Regeln verstösst? Wie wird das geahndet?

Pfister: «Noch prüfen wir, wie wir den Vollzug machen. Doch appellieren wir auch hier an die Solidarität. Ich hoffe, die Bevölkerung versteht, dass mit diesen Massnahmen die Chance besteht, dass die Situation weniger schlimm wird. Davon gehe ich jedoch aus. Ich habe in den letzten Wochen tolle Erfahrungen gemacht und grosses Verständnis gespürt.»

Hauri ergänzt: «Auch aus medizinischer Sicht kann ich das bestätigen. Es gab nur eine Person, die sich schwierig verhalten hat. Die meisten haben grosses Verständnis, wenn sie in Quarantäne oder Isolation müssen.»

Nicht mehr als 100 Personen für öffentliche und private Anlässe und Versammlungen. Gilt das auch für Grossraumbüros?

Die Regierungsräte blicken einander fragend an. Pfister sagt: «Nein, im Prinzip ist das nicht verboten, da es sich ja nicht um eine Veranstaltung handelt. Doch haben Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer. Das ist ein Spannungsfeld.»

Und wie sieht es in Einkaufszentren aus? Etwa im «Zugerland»? Was darf man da?

Schleiss: «Auch das ist schwierig zu sagen, weil es sich ja weder um eine Veranstaltung noch um ein Fitnesscenter oder ein Hallenbad handelt. Darum ist es nicht ausgeschlossen, dass sich dort mehr Menschen aufhalten.»

Und wie sieht es mit dem öffentlichen Verkehr aus? Denn am Freitag betonte der Bundesrat, dass man diesen wenn möglich meiden solle. Fahren die Busse gleich häufig?

Silvia Thalmann, einst Verwaltungsratspräsidentin der Zugerland Verkehrsbetriebe (ZVB): «Man erwartet von den ZVB Selbstdeckung der Kosten. Nun, da jedoch keine Schüler von A nach B müssen, wird es wohl zum Einbruch kommen. Daher kann es gut sein, dass der Kanton einen Anteil der Kosten übernehmen muss. Ob die Busse jedoch in der kommenden Zeit gleich häufig fahren, ist im Moment nicht zu sagen.»

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