Die Zentralschweiz im All

Wie unsere Ideen zum Mars fliegen

Ruag-Technik im Orbit: Konzept-Bild des Satelliten Sentinel-1. (Bild: ESA)

Da irgendwo im All schwirrt erstaunlich viel Material aus der Zentralschweiz herum. Jüngstes Beispiel: ISS-Astronauten geniessen Schoggi aus Kriens. Es gibt aber noch mehr Produkte von Unternehmen aus der Region, die weit ins Weltall katapultiert werden. 

Weit draussen ausserhalb unserer Atmosphäre freuten sich jüngst Astronauten der Internationalen Raumstation ISS über Schokolade aus Kriens. Die Confiserie Karl Hug AG lieferte ein Paket mit sechs Boxen Schweizer Milchschokolade, das mit der neusten Nachlieferung für die Raumstation ins All geschossen wurde.

Wie es zum Auftrag kam, sagt Daniel Gisler, Verkaufsberater und Projektleiter der Confiserie, gegenüber «20 Minuten»: «Volker Gass, Direktor des Swiss Space Center in Lausanne, arbeitete früher bei der Ruag. Damals kaufte er Pralinen bei uns und war begeistert von unseren Spezialitäten.»

Astronaut Tim Peake freut sich über die Milchschokolade.

Astronaut Tim Peake freut sich über die Milchschokolade.

Neben Schokolade fliegt aber noch einiges mehr aus der Zentralschweiz ins All, wie Marcel Egli, Professor am Kompetenzzentrum für biomedizinische Weltraumforschung und Technik der Hochschule Luzern, weiss: «Es gibt in unserer kleinen Region erstaunlich viele Projekte und Firmen, die sich mit der Raumfahrt beschäftigen.» Hier ein paar Beispiele:

RUAG-Kamera fliegt zur ISS

Die Kamera der Ruag filmt den Eintritt in die Athmosphäre. Das Emmer Rüstungsunternehmen Ruag Space ist ganz vorne mit dabei, wenn es um Technik für die Raumfahrt geht. Die Ruag ist am Bau von zahlreichen Raumtransportern beteiligt und liefert Baugruppen und Einzelteile. Für den letzten von insgesamt fünf europäischen Weltraumfrachtern wurde eine Kamera installiert, die den Wiedereintritt des Transporters in die Atmosphäre aufnimmt.

Zudem verkauft Ruag Strukturen für das Antriebsmodul, Spezialregale für die Verstauung der Nutzlast im Frachtraum oder etwa einen Trennmechanismus, der die Station nach dem Start von der Rakete absetzt.

Froscheier auf Kurztrip im Weltraum

Professor Egli untersucht an seinem Kompetenzzentrum für biomedizinische Weltraumforschung in Horw selber auch Ausserirdisches: Er konzentriert sich auf Schwerelosigkeits-Bedingungen und unterhält das Kompetenzzentrum Biotesc (mit Sitz in Hergiswil), das für die Europäische Weltraumorganisation ESA biologische Experimente implementiert und durchführt.

Im März untersuchte Egli mit einer Gruppe Studenten der HSLU im Rahmen eines Projektes, wie sich Froscheier auf einer kurzen Fahrt in den Weltraum verhalten. Der Flug sei geglückt. «Wir sind noch am Auswerten», sagt Egli. Es ging darum, wie sich mechanobiologische Prozesse von Zellen verhalten.

So viel sei sicher: «Die Schwerelosigkeit hat die physikalischen Ströme in den Zellen beeinflusst.» Solche Tests an Bord einer Höhenforschungsrakete werden von Büros in Horw und Hergiswil gesteuert. Kleinere Unternehmen aus der Region haben für diese und ähnliche Experimente Teile zugeliefert, so etwa der Pfaffnauer Maschinenbauer P. u. H. Plüss AG oder der Kunststoffproduzent Plastika Balumag AG aus Hochdorf.

Ein Video der Biotesc

Schurter: Wenn die Sicherung «rausfliegt»

Das Luzerner Unternehmen Schurter mischt ebenfalls im Raumfahrtgeschäft mit. Der Elektro-Komponenten-Spezialist stellt für die Raumfahrt Stromsicherungen her. Dazu hat die Firma vor Kurzem die Zertifizierung erneuert. Die Raumfahrtbehörde vergibt die Lizenzen nur an geprüfte Zulieferer. Schurter ist somit der einzige europäische Hersteller von sogenannten SMD-Sicherungen (Stromsicherungen) für die Raumfahrt.

Eine Sicherung von Schurter: zertifiziert für die Raumfahrt.

Eine Sicherung von Schurter: zertifiziert für die Raumfahrt.

Maxon: Alte Hasen auf dem Mond

Nicht fehlen darf hier die Maxon Motors AG aus Sachseln. Die Obwaldner produzieren mit ihren Motoren seit Jahren Equipment für reale Science Fiction. «Zum Mond» ist fast schon Standard. Die Firma hat vor Kurzem eine Geschäftseinheit namens Mars gegründet. Es ist die Abkürzung von «Maxon Advanced Robotics & Systems».

Die Abteilung konzentriert sich intensiv auf die Entwicklung und Produktion von mechatronischen Antriebssystemen. Das Mars-Team umfasst rund 20 Mitarbeiter, die in Giswil arbeiten. Zu den Kunden von Maxon zählen zahlreiche internationale Raumfahrtunternehmen.

Zum Beispiel befindet sich in der NASA-Robotersonde mit dem Namen «InSight» ein Antrieb von Maxon. Er muss Temperaturschwankungen, Sandstürmen und der dünnen Atmosphäre widerstehen – das All ist per se ein unfreundlicher Ort für Technologie. Mit ein bisschen Stolz dürfen Zentralschweizerinnen und Zentralschweizer deshalb in den Himmel blicken, wo doch einige Teile und Ideen von uns herumschwirren.

(Bild: Auf das Maxon-Antriebssystem, das einen Bolzen in die Marsoberfläche treibt, wirken Kräfte von bis zu 400 g. )

 

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