Zug–Luzern mit den SBB auf dem Schleichweg

Wie Pendler heute trotz Grossstörung nach Luzern gelangten

In Ebikon steigen die Fahrgäste auf Ersatzbusse um. Nahtlos und unkompliziert.

(Bild: wia)

Montagfrüh. Eine Störung von unbekannter Dauer auf der Zugstrecke Zug–Luzern. Die Pendler nehmen die Verspätung und das mehrmalige Umsteigen auf S-Bahn und Bus erstaunlich gelassen. Jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt.

Am Montag geht alles drüber und drunter. Wer nach Luzern will, oder von dort nach Zug, der braucht ein starkes Nervenbündel und noch mehr Zeit. So jedenfalls stellen wir uns das vor, als wir am Morgen den Fahrplan für die Strecke Baar–Luzern konsultieren. Nachdem unsere Suche viermal im Nirvana der SBB-Fehlermeldung 504 endete, erscheint auf dem Display endlich ein Resultat. Eines, das wir so nicht sehen wollen. Gleisänderung, umgeleitete Verkehrsmittel, die nicht dort halten, wo wir uns das wünschen würden, Verspätungen und eine unterbrochene Strecke.

Baar: 8:24 – Verspätung: drei Minuten

Alles Jammern hilft nichts, wir stehen optimistisch pünktlich am Bahnhof Baar, wo der Zug um 8:21 abfahren müsste. Verspätung: läppische drei Minuten. Keiner der Wartenden ist stärker enerviert, als sich das für einen Montagmorgen geziemt.

Auf diese Reise freut sich die Pendlerin nicht.

Auf diese Reise freut sich die Pendlerin nicht.

(Bild: Screenshot SBB Mobile)

Doch wissen wir: Aus dem Schneider sind wir noch lange nicht. Die S21 kommt, wir steigen ein. – Ein taktischer Fehler, wie wir später herausfinden werden.

Zug: 8:30 – Verspätung: sieben Minuten

Auf dem Bahnperron in Zug tummeln sich die üblichen Verdächtigen und die ersten Verwirrten. «Ja, ich weiss au ned», sagt ein älterer Herr schulterzuckend zu seiner Frau. Gestresst scheinen sie nicht zu sein. Laut Durchsage fällt unser Interregio aus. Stattdessen sollen Reisende die S1 nach Luzern nehmen. «Dieser Zug verkehrt in einer verkürzten Formation», sagt die freundliche SBB-Durchsagefrau.

Uns dämmert, dass wir die verkürzte Formation bereits in Baar hätten betreten können und damit das «Reise nach Jerusalem»-Spiel um die raren Sitzplätze hätten vermeiden können. Nun denn, der Zug kommt. Fern- und Nahreisende drängen sich in die S-Bahn. Ältere und Schwangere auf den Sitzen, viele Reisende stehen. Erstaunlich: Die Stimmung scheint überhaupt nicht schlecht. Selbst, als die Stimme aus dem Aus verkündet: «Die Strecke ab dem Rotsee ist gesperrt. Alle Reisenden müssen auf den Extrabus bis nach Luzern umsteigen.»

Zwei weise Rentner, die eigenen Angaben zufolge den Fahrausweis schon lange abgegeben haben, schwärmen – trotz aktuellem Schneckentempo – von ihrem GA-Leben. «Nun gut, hätte ich von dieser Störung gewusst, hätte ich sie vielleicht umfahren können», sagt einer der beiden stoisch.

Ebikon: 9:05 – Verspätung: 13 Minuten

Als wir in Ebikon – der vorläufigen Endstation – aus dem Zug komplimentiert werden, beträgt die Verspätung bereits 13 Minuten. Die Stimmung ist noch immer erstaunlich gut. Erst mit der dritten freundlichen SBB-Durchsage, dass hier in Ebikon nun wirklich Ende Feuer ist, beginnen sich die Mienen etwas zu verdüstern. Ist ja gut, scheinen sie zu sagen. Wir wissen mittlerweile, dass wir zu spät zur Arbeit, ans Vorstellungsgespräch oder ins Verkehrshaus kommen.

Der Transfer von der S-Bahn auf den Bus gelingt reibungslos. Es ist Platz für alle da, und so heiss war der Tag noch nicht, als dass eine negative Geruchsnote aufkäme.

Erstaunlich wenig Gedränge vor den Bussen. Zu Recht: Platz ist genug da.

Erstaunlich wenig Gedränge vor den Bussen. Zu Recht: Platz ist genug da.

(Bild: wia)

Das Schiff? Ist weg

Und doch kippt sie langsam, die Stimmung. Den Reisenden dämmert, dass ihre Anschlusszüge längst weg sind und sie, einmal in Luzern angekommen, entweder warten oder rennen müssen. Unter den Passagieren, die im ziemlich gut gefüllten Bus stehen, sind auch drei Zürcher. Sie wollen auf den Pilatus. Von Alpnachstad her. Nicht nur der Anschlusszug, auch das Schiff ist nun schon weg.

Sie tun, was man in einer solchen Situation tut: Werweissen, was gewesen wäre, wenn man einen anderen Zug, eine andere Verbindung, einen anderen Tag oder einen anderen Berg gewählt hätte. Nur nützt das nun nichts mehr. «Wenigstens können wir jetzt das Luzerner Hinterland bestaunen», sagt eine Mitreisende der Zürcher Gruppe etwas giftig. Ein Blick nach draussen offenbart fantastische Aussichten auf Autohändler, Migros und mittelprächtige Architektur.

Wider Erwarten ist es im Ersatzbus gar nicht mal so sardinenbüchsig.

Wider Erwarten ist es im Ersatzbus gar nicht mal so sardinenbüchsig.

(Bild: wia)

Um 9:19 Uhr ist der Spuk vorbei. Der Ersatzbus erreicht den Bahnhof Luzern. Die Verspätung insgesamt: 30 Minuten. Die Stimmung ist mittlerweile doch etwas mürrisch. Und sie dürfte immer schlechter werden, je weiter die Passagiere noch reisen müssen ab hier. Doch dann sind wir – zum Glück – schon längst im Büro.
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