In der Kanti Zug gehört Kunst zum Alltag

Wie man mit wenig Geld zu einem Picasso oder Warhol kommt

Warhol – Rauschenberg – Indiana: Nicht nur in der Pop Art ist die grafische Sammlung der Kanti Zug gut bestückt. (Bild: Screenshot)

Mit nur 15'000 Franken jährlich erweitert die Kantonsschule Zug ihre absolut bemerkenswerte Kunst- und Grafiksammlung – seit über 50 Jahren. Die Werke sind nicht für Kunstliebhaber gedacht, sondern für Schülerinnen und Schüler. Das Publikum kann dennoch ein Auge voll nehmen.

Es liest sich wie ein Personenlexikon der Kunst ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – die Namen jener, deren Werke in die grafische Sammlung der Kantonsschule Luegeten in Zug (KSZ) Eingang gefunden haben: Pablo Picasso ist dabei oder Joseph Beuys. Die amerikanischen Pop-Art-Künstler Andy Warhol, Robert Indiana. Roy Lichtenstein Sol LeWitt sind vertreten, aber auch Le Corbusier oder Salvador Dalí.

Nicht jede Arbeit in der Sammlung sei ein Schlüsselwerk der prominenten Kunstschaffenden, sagt Aniko Bay, welche die Kollektion betreut. «Ausserdem handelt es sich ja auch nicht um Unikate, sondern um Druckgrafik», stapelt die Deutsch- und Kunstgeschichtelehrerin tief.

Nächste Jahre sind gesichert

Andere sparen nicht mit Lob: «Es ist absolut bemerkenswert, was die Kanti Zug mit einem beschränkten Budget über die Jahre an Kunst zusammengetragen hat», sagt Aldo Caviezel, der Leiter des Amts für Kultur des Kantons Zug.

15'000 Franken jährlich stehen Aniko Bay für den Ankauf von Arbeiten zur Verfügung. Jeweils auf drei Jahre hinaus bewilligt vom Zuger Regierungsrat. Vor wenigen Wochen hat er den Beschluss wieder erneuert.

Mittlerweile 600 Werke

«Der Betrag reicht aus, um zwei bis drei Werke zu erstehen – und zwar gute Kunst», sagt Aniko Bay. Die Betreuung der Sammlung ist Teil ihrer Aufgabe als Fachvorsteherin Kunst und Kultur an der KSZ – und eine interessante Abwechslung zu ihren sonstigen Aufgaben, wie sie sagt.

Zirka 600 Arbeiten umfasst die grafische Sammlung mittlerweile. Die Bilder hängen in den Schulzimmern der Kanti, in den Gängen und den Büros. «Nicht jede Arbeit eignet sich für eine Präsentation in den allgemein zugänglichen Räumen», sagt Bay, die ausserdem auch auf Reserven in einem Depot zurückgreifen kann.

Scharfe Augen, geschicktes Händchen

Der Grund für die vielen prominenten Namen unter den gesammelten Künstlern liegt im besonderen Geschick der Kuratoren, die die Kollektion aufgebaut haben. Als die beiden Lehrer Otto Hellmüller und Claudio Hüppi ab 1968 damit anfingen, waren Druckgrafiken noch wenig begehrt und entsprechend preisgünstig. Ausserdem lebten damals Warhol und Co. noch und wurden vom Publikum nicht gleich hoch geschätzt wie heute.

«Kunst gehört zum Erbgut unserer Schule.»

Aniko Bay, Fachvorsteherin Kunst und Kultur, Kanti Zug

Dies nützten die Zuger mit ihrem guten Auge aus – und schufen so die Basis zu einer Sammlung, die verschiedene Schwerpunkte hat: Pop Art, geometrische Abstraktion, konkrete Kunst, Minimal Art – aber auch Werke der Neuen Wilden, die ab den 1980er-Jahren in Erscheinung traten.

«Tendenziell wurde und wird Gegenwartskunst angekauft, die repräsentativ für ihre Zeit scheint und später vielleicht einmal bekannt wird», erklärt Bay das Konzept. Gesammelt würden aber nicht nur internationale Künstler, sondern auch sehr viele Schweizer, die noch leben: Franz Gertsch, Albert Schnider, Franziska Zumbach, Rita Ernst oder Michael Günzburger.

Augenmerk auf Künstlerinnen

Bei den Arbeiten handelt es sich vorab um in Handarbeit gefertigte Lithografien und Siebdrucke. «Dazu sind natürlich in jüngerer Zeit auch Drucke gekommen, die im Digitaldruckverfahren geschaffen wurden», sagt Bay. Sie baut die Sammlung aus – in vielerlei Hinsicht. Ein Augenmerk lege sie darauf, dass vermehrt weibliche Künstlerinnen berücksichtigt werden.

Die Funktion der Sammlung sei es, den Schülerinnen und Schülern Kunst näherzubringen – und diese auch in den Unterricht zu integrieren. «Das gehört zum Erbgut unserer Schule», sagt Bay und weist darauf hin, dass im Kanton Zug Kunstgeschichte als kantonale Eigenheit ein obligatorisches Schulfach ist.

Pate stand ein Bundesrat

Doch nicht nur in der Kunstgeschichte und im Fach Bildnerisches Gestalten können die Arbeiten als Anschauungsmaterial genützt werden. Bay erzählt vom Mathematikunterricht, wo Proportionen und geomatrische Methoden anhand eines Werks des Zürcher Konkreten Max Bill (1908-1994) thematisiert wurden.

Vater der grafischen Sammlung war übrigens ein nachmaliger CVP-Bundesrat: Hans Hürlimann war ab Mitte der 1960er-Jahre Zuger Erziehungsdirektor und regte ihre Schaffung an. Viele Plastiken und Kunst am Bau komplettierten die Ausstattung der Kanti Luegeten. «Für die Schülerinnen und die Schüler sind sie heute alltäglich», sagt Aniko Bay.

Museum zeigte Werke aus der Schule

In der Zuger Gesellschaft war man indes immer stolz auf die künstlerische Ausstattung. Bei der Eröffnung der neuen Kanti Luegeten 1974 gab der Kanton eine Grafikmappe heraus, 1995 stellte das Kunsthaus Zug Arbeiten aus der KSZ-Sammlung aus, 2004 erschien ein Buch über die Kunst an der Kantonsschule Zug.

Mittlerweile ist es um die Kunstschätzen etwas ruhiger geworden. Das mag damit zu tun haben, dass die Schülerzahl an der Kanti Zug stetig weiter wächst, dass mit der Digitalisierung Persönlichkeitsrechte wichtiger geworden sind – und Sicherheitsaspekte. «Wir sind eine Schule, kein Museum», stellt Aniko Bay klar. Insofern ist das Gelände nicht öffentlich zugänglich. Führungen gibt es am Tag des Denkmals, der jeweils an einem Wochenende im September stattfindet.

Online gibt's Erklärungen

Die restliche Zeit sind Kunstinteressierte auf das erwähnte Buch «Kunst an der Kantonsschule Zug» angewiesen, das in der Bibliothek Zug ausleihbar ist  – und auf eine öffentlich zugängliche Onlineinformation über ausgewählte Werke. Entstanden vor wenigen Jahren als Maturaarbeit, vermittelt die Datenbank einen guten Eindruck von der Einmaligkeit und der hohen Qualität der Sammlung.

«Die grafische Sammlung der Kantonsschule Zug ist und bleibt in unserer Region einzigartig.»

Aldo Caviezel, Leiter Amt für Kultur des Kantons Zug

In der Tat ist die grafische Sammlung anders angelegt als alle anderen Kunstsammlungen, die der Kanton Zug unterhält. Dieser gibt jährlich 90'000 Franken für Ankäufe von Werken in die kantonale Kunstsammlung aus – indes nur für Kunstschaffende mit Bezug zum Kanton Zug. «In diesem Sinn ist diese Summe ein Instrument der Kulturförderung», sagt Amtsleiter Aldo Caviezel.

Das Zuger Kantonsspital erhält seit den 1990er-Jahren dieselbe Summe wie die Kanti, um seine Räumlichkeiten mit Kunstwerken zu dekorieren. «Aber mit ihrer strengen kunstgeschichtlichen Kriterien ist und bleibt die grafische Sammlung der Kantonsschule Zug in unserer Region einzigartig», so Caviezel.

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