Raubtiere im Ausgang

Wie gefährlich sind unsere Zootiere?

Da haben die Bewohner der georgischen Hauptstadt Tiflis am Montagmorgen nicht schlecht gestaunt: Zahlreiche wilde Tiere sind aufgrund des Unwetters aus dem Zoo ausgebüxt. (Bild: Georgian Prime Ministers Press Service)

In Georgien durchstreiften nach einem schweren Unwetter gefährliche Wildtiere aus einem zerstörten Zoo die Stadt. Wäre das bei uns auch möglich? zentral+ hat bei Toni’s Zoo und dem Tierpark Goldau nachgefragt − und festgestellt, dass Schusswaffen im Zoo nicht umsonst griffbereit sind.

Man stelle sich vor: Nach einer stürmischen Nacht wacht man nichtsahnend auf, trinkt seinen Morgenkaffee und begibt sich auf den Weg zur Bushaltestelle. Plötzlich steht ein Nilpferd auf der Strasse, ein Löwe brüllt um die Ecke, auf den Bäumen tummeln sich Affen und aus unweiter Ferne heult ein Wolf. Was der Anfang eines Hollywood-Streifens sein könnte, wurde am Montagmorgen für die Bewohner der georgischen Hauptstadt Tiflis Wirklichkeit.

Der Grund: Ein heftiges Unwetter zerstörte den örtlichen Zoo zu grossen Teilen und ermöglichte so den Massenausbruch von teilweise höchst gefährlichen Wildtieren, die im Anschluss durch die Millionenmetropole streiften. Wie verschiedene Medien berichten, entkamen dabei mindestens sechs Tiger, acht Bären, sechs Löwen und zwanzig Wölfe wie auch einige Jaguare und Schakale aus ihren Gehegen. Spezialkräfte rückten zur Jagd auf die Wildtiere aus − einige wurden erschossen, andere konnten betäubt und zurück in den Zoo gebracht werden. Viele Tiere werden jedoch noch vermisst. Von den 17 Pinguinen konnte man beispielsweise erst drei wiederfinden. 

In der Nacht auf Montag durchstreiften wilde Tiere die Grossstadt Tiflis. (Bild:Twitter)

In der Nacht auf Montag durchstreiften wilde Tiere die Grossstadt Tiflis. (Bild:Twitter)

Szenario lässt sich nicht ausschliessen

Wäre ein solches Szenario auch in unserer Region möglich? Unwetter haben schliesslich vergangene Woche auch bei uns grosse Schäden angerichtet. «Das ist schon sehr unwahrscheinlich», sagt Anna Baumann vom Tierpark Goldau. «Dennoch kann man ein solches Szenario nie zu hundert Prozent ausschliessen.» Wäre man darauf vorbereitet? Ja, beruhigt Baumann. Man habe ein Sicherheits- und Notfalldispositiv, das sämtliche Fälle abdeckt − von der Evakuierung des Tierparks bis zum Betäuben oder Abschiessen der Wildtiere.

Die Mitarbeiter werden regelmässig auf solche Fälle geschult und besuchen gar Schiesskurse. «Im Fall, dass unsere Bären und Wölfe ausbüxen, würden diese sofort betäubt oder abgeschossen», sagt Baumann. Gefährliche Wildtiere zu betäuben, sei schwierig und es müsse von Fall zu Fall entschieden werden, ob nicht doch ein Abschuss sicherer sei. «Es besteht die Gefahr, dass man nicht richtig getroffen hat und ob die Dosis nicht wirkt wie gewünscht.» So würde man sowohl das eigene Leben als auch jenes anderer Menschen aufs Spiel setzen. 

Das Gehege der Bären und Wölfe im Tierpark Goldau wird regelmässig überprüft. (Bild: zvg)

Das Gehege der Bären und Wölfe im Tierpark Goldau wird regelmässig überprüft. (Bild: zvg)

«Der Tierpark Goldau wird regelmässig von der European Association of Zoos and Aquaria (EAZA) überprüft», so Baumann weiter. Dabei würde neben der artgerechten Tierhaltung unter anderem auch die Sicherheit der Gehege überprüft. Das letzte Screening habe im Herbst stattgefunden und keine Mängel aufgezeigt. «Unsere Sicherungen sind immer mindestens zwei- oder gar dreifach», betont Baumann.

«Den Tieren gefällt es hier und sie haben daher auch keinen Grund auszubüxen.»
Toni Röösli, Besitzer Toni’s Zoo Rothenburg 

Mit dem Betäubungsgewehr auf die Jagd

Zweifach gesichert sind auch die Gehege in Toni’s Zoo in Rothenburg. «Neben den Gehegen im Zoo selbst ist auch das Gelände mit einem zwei Meter hohen Zaun eingehegt», erklärt Toni Röösli, Besitzer des Zoos. Dass dieser durch ein Unwetter zerstört werden könnte, hält er für ziemlich unwahrscheinlich. Denn: Die angrenzenden Bäume wurden mit Stahlseilen gesichert, so dass sie im Falle eines Umsturzes die Umzäunung des Zoos nicht beschädigen könnten. Und auch Wasser sei für den Zoo keine Gefahr, meint Röösli. Der Bach neben dem Zoo sei schliesslich tiefer gelegen als das Zoogelände und deshalb kaum eine Gefahr.

Die einzigen gefährlichen Tiere in Toni’s Zoo, welche die Möglichkeit hätten, das zweimetrige Aussengehege zu überwinden − im Falle, dass ihr Innengehege zerstört würde −, wären die Leoparden. «Die können sehr gut klettern», so Röösli. Bleibt zu hoffen, dass das nie passieren wird. Wenn es so weit käme, dann würde sich Röösli persönlich mit dem Betäubungsgewehr auf die Jagd machen, um die Tiere zu finden.

Toni Röösli von Toni's Zoo in Rothenburg hält es für unwahrscheinlich, dass gefährliche Tiere aus seinem Zoo ausbüxen könnten. (Bild: zvg)

Toni Röösli von Toni’s Zoo in Rothenburg hält es für unwahrscheinlich, dass gefährliche Tiere aus seinem Zoo ausbüxen könnten. (Bild: zvg)

Gefährlich seien die Tiere nicht, betont Rössli. Die Tiere würden den Menschen nichts machen, da sie viel zu scheu seien und sich eher verstecken würden, als Menschen anzugreifen. Einen strukturierten Notfallplan hat Röösli nicht und hält dies auch nicht für nötig. «Den Tieren gefällt es hier und sie haben daher auch keinen Grund auszubüxen», lacht er.

Was ist Ihre Meinung zum Artikel? Nutzen Sie jetzt die Kommentarfunktion!

Sehen Sie Bilder der entlaufenen Wildtiere in unserer Bildergalerie:

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Antonietta Tumminello
    Antonietta Tumminello, 18.06.2015, 10:59 Uhr

    Für Tiere sind Zoos nichts anderes als Gefängnisse. Die Enge und Beschäftigungslosigkeit machen viele von ihnen seelisch krank. Manche Tiere weisen sogar sichtbare Verhaltensstörungen auf. Zum Artenschutz tragen Zoos dagegen so gut wie nichts bei. Die meisten Tierarten in Zoos können verhaltensbedingt ohnehin nicht wieder ausgewildert werden oder sind in freier Natur gar nicht bedroht. Effektiver Artenschutz kann nur im natürlichen Lebensraum bedrohter Tierarten stattfinden.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon