Ein Label für die ganze Stadt

Wie «Fair-Trade» ist Luzern?

Rebekka Sommerhalder, Geschäftsführerin von «Glore», macht mit bei «Fair Trade Town».

Fairer Handel ist in. Für die internationale Kampagne «Fair Trade Town» ist das aber noch nicht genug. Deshalb wird nachgeholfen: Gemeinden können Farbe bekennen und sich zur Fair Trade Town bekennen und auszeichnen lassen. zentral+ hat ging der Frage nach: Wie «Fair Trade» ist denn eigentlich Luzern? Und was soll das bringen? 

Wer bewusst entscheidet, kauft heute seine sieben Sachen nach bestimmten Grundwerten. Fair Trade ist sozusagen das neue Bio. Es wird auf die Umwelt geachtet, und vor allem wird auf die Produzenten in fernen Ländern Rücksicht genommen. Wie bei Bio gibt es allerdings auch bei Fair Trade unzählige Siegel und Zertifikate; das bekannteste ist wohl «Max Havelaar».

Die internationale Kampagne «Fair Trade Town» ist nun auch in der Schweiz angekommen: Sie wird vom Bund offiziell geprüft und unterstützt. Die Kampagne will ein System für ganze Städte vereinheitlichen. 

Fairtradetown – das neue Label für «faire» Gemeinden

So übernimmt beispielsweise in der Schweiz Swiss Fair Trade, die Dachorganisation aller Fair Trade Organisationen, die nationale Kampagne. Bei Fair Trade Town können sich Gemeinden die Auszeichnung erwerben. Dafür müssen fünf Kriterien erfüllt werden: Die Gemeinde bekennt sich zu fairem Handel, stellt eine Arbeitsgruppe zur Koordination ein, zudem müssen verschiedene Unternehmen aus Gastronomie und Detailhandel Fair Trade Produkte anbieten, andere Unternehmen und Institutionen wiederum müssen Fair Trade Produkte verwenden (z.B. Fair Trade Kaffee im Büro) und last but not least muss die Bevölkerung mit eingebunden werden, über Öffentlichkeitsarbeit, Events oder ähnliches.

«Gerade für nicht so bekannte Gemeinden lohne es sich.» 

Toya Krummenacher, Kampagnenleiterin von Fair Trade Town

Ziel sei es, so die Verantwortlichen, bis Ende 2015 die erste Schweizer Fair Trade Town zu haben. Ist dies erreicht? «Fast», sagt Toya Krummenacher, Kampagnenleiterin von Fair Trade Town. «Glarus Nord oder auch Zweisimmen beispielsweise haben sich als Gemeinden beworben und sind auf bestem Wege dazu – im Gegensatz zu anderen, grösseren Städten. In einwohnerstärkeren Gemeinden haben sich einzelne Unternehmen der Kampagne angeschlossen. Aber die Verwaltungen selber brauchen zuerst den politischen Beschluss, um eine Fair Trade Town zu werden.»

Fürs Image bringt’s was 

Die Kriterien sind streng und der Prozess hört sich aufwändig an. Bringt das überhaupt was? Laut Toya Krummenacher sehr wohl. Gerade für nicht so bekannte Gemeinden lohne es sich, die Auszeichnung anzustreben: als Imageaufbesserung, Standortförderung, als Werbung für Touristen und nicht zuletzt für die Dialogsförderung zwischen Gemeinde, Bevölkerung, Unternehmen und Institutionen. Gerade dies unterscheide Fair Trade Town auch von ähnlichen Konzepten wie etwa der «Energiestadt», wo die Zertifizierung in erster Linie auf Verwaltungsebene bleibt.

«Wir erachtet diese Plattform als wertvoll, sehen uns aber aufgrund fehlender Ressourcen nicht in der Lage, entsprechende Inhalte zu liefern und zu betreuen»

Niklaus Zeier, Kommunikationschef Stadt Luzern

Und wie ist das Label bereits in Luzern angekommen? Laut Niklaus Zeier, Kommunikationschef der Stadt Luzern hat die Stadtverwaltung die Kampagne Fair Trade Town geprüft. Mehr als Lob für eine gute Idee liegt momentan aber nicht drin. «Wir erachtet diese Plattform als wertvoll, sehen uns aber aufgrund fehlender Ressourcen nicht in der Lage, entsprechende Inhalte zu liefern und zu betreuen», so Zeier. 

Im Übrigen richte die Luzerner Stadtverwaltung ihre Beschaffung auf Nachhaltigkeitskriterien aus, die in der Gesamtplanung und in den Beschaffungsleitlinien verankert sind. Laut dem städtischen Leitbild im Beschaffungswesen bedeutet dies zum Beispiel, dass die Stadt ausschliesslich Lieferanten berücksichtigt, welche Schweizer Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen einhalten. Oder im Bereich Ökologie beschaffe die Stadt nur Güter und Dienstleistungen, «die während ihrer gesamten Einsatzzeit möglichst geringe negative Auswirkungen auf die Umwelt haben und wenig Ressourcen verbrauchen». 

Kanton eher zögerlich

Für eine Auszeichnung von Swiss Fair Trade würde das nicht ganz reichen. Die Stadt müsste eine aktivere Rolle einnehmen, falls sie denn ein solches Label anstreben würde. Swiss Fair Trade unternimmt unterdessen selber viel, die Idee zu verbreiten: «Alle Gemeinden auf der Liste von Solidar Suisse haben wir persönlich angeschrieben. Wir gehen vorbei, machen Mailings und organisieren Events», sagt Kampagnenleiterin Krummenacher. 

«Es gibt erstaunlicherweise sehr viele Leute, die begriffen haben, was in dieser Branche passiert.»

Rebekka Sommerhalder, Geschäftsführerin von Glore 

Auf Kantonsebene sind bereits einige Shops und Gastrobetriebe angemeldet, beispielsweise von Adligenswil, Root oder Emmen. Emmen sei übrigens auch auf Verwaltungsebene im Gespräch, verrät Krummenacher weiter. In der Stadt Luzern haben sich bisher neben einigen Betrieben zwei Shops zertifizieren lassen – «Unica Fairness-Laden» der Caritas an der Zentralstrasse und das Modegeschäft «Glore» am Löwengraben.

Rebekka Sommerhalder, Geschäftsführerin von Glore und ist begeistert von der Kampagne. Gerade im Fashion-Bereich bestehe noch viel zu viel Raum nach oben. Es sei noch immer ein Marktlücke. «Es gibt erstaunlicherweise sehr viele Leute, die begriffen haben, was in dieser Branche passiert. Immer mehr wollen wissen, woher die Ware kommt und sie legen Wert auf die Qualität», so Sommerhalder. 

Auf die Kampagne Fair Trade Town kam sie zufällig. Sommerhalder hat sich angemeldet, da ihr Fair Trade am Herzen liegt und so hofft, dass auch andere darauf aufmerksam werden. Zudem sei sie sehr gespannt, was daraus entsteht: «Es wäre natürlich toll, wenn so mehr Fair Trade in der Stadt integriert würde». Allgemein sieht sie sehr viel Potenzial für die Kampagne in der Schweiz, «da wir uns in einer privilegierten Situation befinden und die Möglichkeit haben, etwas zu verändern».

Luzern nicht sozial genug?

Es gibt keine Arbeitsgruppe in der Stadt Luzern, die sich mit dem Projekt auseinandersetzen will. Sommerhalder wäre prinzipiell dafür zu haben, sieht sich aber nicht als Initiantin: «Wenn ich spüren würde, dass andere auch bereit wären, sich mehr einzusetzen, würde ich mich bestimmt auch in einer Arbeitsgruppe engagieren. Ich habe aber so nicht die Kapazität, es alleine auf die Beine zu stellen.»

Ob sich in Luzern etwas entwickeln wird, kann sie nicht beurteilen. Das Engagement «schlummere» in Luzern wohl einfach noch ein bisschen. Derweil ist sich Kampagnenleiterin Toya Krummenacher sicher, dass sich bald etwas tun wird. Nicht zuletzt dank dem Hauptsitz von Fastenopfer in Luzern: die NGO ist eine grosse und bekannte Mitgliederorganisation von Swiss Fair Trade. «Dies bringt einen grossen Fokus auf die Stadt macht auch die Bevölkerung aufmerksam», meint die Kampagnenleiterin. 

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