Kantonales Grundbuchamt geht neue Wege

Wie ein Raubvogel von oben: Zug wird erstmals per Drohne fotografiert

Erstmals per Drohne wird der Zuger Süden fürs kantonale Grundbuchamt vermessen: Matteo Lehmann (links) und Roman Salzgerber von der Firma Osterwalder.

(Bild: woz)

Das Zuger Grundbuch- und Vermessungsamt muss die Bodenverhältnisse des Kantons stets aktuell dokumentieren. Dafür braucht’s Luftbilder. Gerade wird der Süden der Stadt Zug von oben fotografiert – zum ersten Mal mit einer Drohne.

10.58 Uhr. Oberwil-Airport. Der Tower hat die Startbahn Fuchsloch-Südwest freigegeben. Das Flugzeug der Airline «Sensefly» ist bereit zum Take-off. Auf dem Rumpf blinkt eine Leuchte grün auf. Der kleine Propeller am Heck schnurrt los und kurz bevor sich das Kleinflugzeug fast lautlos in die Höhe schraubt, gibt der Elektromotor noch ein bisschen Gas wie ein Maserati. Dann ist es in der Luft – und segelt nach wenigen Augenblicken in dreihundert Metern Höhe Richtung Walchwil.

Okay. Der Oberwil-Airport ist nur die grüne Wiese in der Nähe der beiden «Toblerone»-Hochhäuser. Der Tower nichts anderes als ein Holzgestell mit einem Laptop drauf. Und das Flugzeug hat eigentlich nur eine Spannweite von rund einem Meter, muss mit Menschenkraft in die Lüfte gestossen werden und ist nur eine Drohne. Allerdings keine ganz gewöhnliche.

Hightech-Drohne kostet 32’000 Franken

Denn die in die Hightech-Drohne eingebaute Software mit GPS, Peilsender, Kamera und grosser Batterie hat einen Gesamtwert von stattlichen 32’000 Franken. Und wenn sich die schwarz-gelbe Drohne, die wie ein kleiner Bruder des legendären «Batman» aussieht, in Raubvogelhöhe hochschwingt, wirkt das Flugprozedere doch imposant.

«Im südlichen Teil der Stadt Zug wird derzeit ein aktuelles Luftbild erstellt.»

Reto Jörimann, Zuger Kantonsgeometer

Wobei die kaum ein Kilogramm schwere Fotodrohne der Marke Sensefly aus Lausanne nicht etwa dazu dient, irgendwelche Topless-Schönheiten an Zuger Swimming-Pools russischer Oligarchen auszuspähen. Nein, das fliegende Auge soll ganz nüchtern und so exakt wie möglich den Kanton Zug aus der Luft fürs Grundbuch- und Vermessungsamt fotografisch vermessen – damit die Datenlage der Behörde so aktuell wie möglich ist.

So sieht die Hightech-Drohne für 32'000 Franken aus: Mit Peilsender, grosser Batterie, Propeller, Kamera und GPS.

So sieht die Hightech-Drohne für 32’000 Franken aus: mit Peilsender, grosser Batterie, Propeller, Kamera und GPS.

(Bild: woz)

«Als Grundlage für die periodische Nachführung der amtlichen Vermessung wird im südlichen Teil der Stadt Zug derzeit ein aktuelles Luftbild – ein sogenanntes Orthofoto – erstellt», erklärt Reto Jörimann, Leiter der Abteilung Vermessung des Zuger Grundbuch- und Vermessungsamts und Kantonsgeometer. Wobei die Behörde die Flugaufnahmen nicht selbst macht, sondern von der Firma Osterwalder, Lehmann-Ingenieure und Geometer AG, durchführen lässt.

Roman Salzgeber und Matteo Lehmann, die beiden Drohnen-«Piloten» der Firma quasi, haben die Sache voll im Griff. Sie können jede Flugsekunde des rund 45-minütigen «Scan-Flugs» über Zug und Walchwil, den sie am Laptop vorher einprogrammiert haben, akribisch verfolgen.

Mit 60 Stundenkilometern unterwegs

Wie ein Herzschlag hört man es dabei alle zwei Sekunden im Laptop klicken – das Geräusch, das die Kamera der Drohne beim Fotografieren in der Luft macht. Die Drohne überfliegt mit 60 Stundenkilometern wie in einem Fächer das zu kartierende Gebiet. Der Blick von Flugingenieur Roman Salzgeber beäugt vor allem immer wieder die Batterieanzeige – denn, klar: nur solange die Drohne genügend Saft hat, kann sie fliegen und exakte Fotos aus der Luft schiessen. 

Ready for Take-Off – die Drohne fliegt los.

Ready for Take-off – die Drohne fliegt los.

(Bild: woz)

Auch für Reto Jörimann sind diese Drohnenflüge, die das Zuger Grundbuch- und Vermessungsamt zum ersten Mal durchführt, Neuland. «Für grössere Nachführungsgebiete werden die Orthofotos aus dem Flugzeug geknipst», erklärt er.

«Es braucht gutes Licht und es darf nicht zu windig sein.»

Reto Jörimann

Doch für solche kleineren Gebiete wie den Süden Zugs mit einer Fläche von 18 Quadratkilometern komme eine Drohne günstiger. Über den Daumen gepeilt würden die Fotoflüge der Drohne pro Quadratkilometer etwa 1’000 Franken kosten, so Jörimann. «Doch wir müssen nicht ganz so viel dafür bezahlen.» Rund drei bis vier Tage brauchen die Drohnenpiloten für ihre Arbeit. Allerdings sind diese Fotoflüge stark abhängig vom Wetter. «Denn es braucht gutes Licht und es darf nicht zu windig sein.»

Ein paar Raubvögel kreisen am Himmel

An diesem Tag ist aber ein geradezu optimaler Flugtag – die Frühlingssonne wärmt den Rücken der Piloten, es ist fast windstill. Die Grashalme wiegen sich sanft unter einer leichte Brise. Und die Wasseroberfläche des Zugersees glänzt im Hintergrund majestätisch.

Letzte Landevorbereitungen für die Drohne im Open-Air-Tower beziehungsweise Open-Air-Cockpit: In der Mitte Reto Jörimann, Zuger Kantonsgeometer.

Letzte Landevorbereitungen für die Drohne im Open-Air-Tower beziehungsweise Open-Air-Cockpit: In der Mitte Reto Jörimann, Zuger Kantonsgeometer.

(Bild: woz)

Ein paar Raubvögel kreisen inzwischen am Himmel. «Probleme mit denen hatten wir bis jetzt noch nicht», sagt Salzgeber und schaut nach oben. Die Drohne ist mittlerweile eine gute halbe Stunde am Himmel – in Sicht ist sie noch nicht. Plötzlich blökt eine künstliche Männerstimme aus dem Laptop. Es hört sich fast so an wie im echten Tower-Funkverkehr. «Batterie noch 40 Prozent», meldet die Stimme und Salzgeber weiss: «Bald kommt die Drohne zurück und wird landen.»

Letztes Gesamtluftbild vom Kanton Zug datiert von 2011

Das Zuger Grundbuch- und Vermessungsamt ist per Gesetz verpflichtet, alle sechs bis zwölf Jahre periodische Aktualisierungen der Informationsebenen Bodenbedeckung und Einzelobjekte im Plan für das Grundbuch vorzunehmen. «Das letzte Luftbild des kompletten Kantons Zug stammt aus dem Jahr 2011», erzählt Jörimann. Dieses habe damals rund 150’000 Franken gekostet – für 2’800 Bilder aus dem Flugzeug. Die aktuellen Drohnenaufnahmen ergänzen nun die Orthobilder der Stadt Zug aus dem Jahre 2016.

Diese Aufnahmemethode per Drohne passe in die aktuelle Strategie des Kantons Zug, so Jörimann, in der die Förderung von neuen Aufnahmeverfahren für die Geoinformation und die Anwendung von modernen Auswertungsverfahren ausdrücklich erwähnt werde. «Der Kanton will diese Technologien gewinnbringend nutzen und ist darum sehr daran interessiert, sich zusammen mit mehreren Ämtern sowie in Zusammenarbeit mit externen Spezialisten das entsprechende Know-how aufzubauen.»

Dass gerade jetzt im frühen Frühjahr fotografiert werde, habe damit zu tun, dass man natürlich Bilder aus der Luft haben möchte, die so wenig wie möglich Sichtbehinderungen zeigen. Sprich: Sobald die Bäume anfangen zu blühen, müssen sich die Luftvermesser sputen. «Denn wenn es Blätter hat, sind die Luftaufnahmen für uns nicht mehr attraktiv», berichtet Reto Jörimann.

«Hoffentlich kommt das Flugzeug unserer Drohne nicht in die Quere.»

Reto Jörimann

Doch dann verstummen die Gespräche und es kommt unerwartet etwas Unruhe auf. Roman Salzgeber teilt mit, dass die Drohne gleich zur Landung ansetzen werde. Grund: Der Akku ist jetzt fast leer. «Es hat etwas Rückenwind, das ist nicht so günstig», grübelt er, nachdem er auf das Laptop geschaut hat. Ausserdem kreuzt in geringer Höhe gerade ein Sportflugzeug den Oberwiler Himmel. «Hoffentlich kommt das Flugzeug unserer Drohne nicht in die Quere», ist Reto Jörimann etwas beunruhigt.

«Notfalls kann man die Landung noch kurzfristig umprogrammieren», beruhigt Salzgeber. Es geht fast wie im richtigen Cockpit zu. Nur dass die Piloten eben schon festen Boden unter den Füssen haben, während das Flugzeug noch durch die Luft saust.

Die Drohne ist heil gelandet.

Die Drohne ist heil gelandet.

(Bild: woz)

Plötzlich taucht der kleine «Batman» wieder im Azur auf. Es ist 11.45 Uhr. Flott fliegt er über die Köpfe der Piloten hinweg, die ihm in den Himmel hinterherstarren, und nimmt zuerst Kurs auf den Zugersee – quasi wie beim richtigen Flugzeuglandeanflug auf Nizza. Dann dreht die Drohne und sinkt schnell hinunter. Butterweich landet sie auf der grünen Wiese, rund 50 Meter entfernt vom «Laptop-Tower».

«Das war wirklich eine vorbildliche Landung.»

Roman Salzgeber, Firma Osterwalder

Roman Salzgeber geht hin zur Drohne und bringt sie zurück. «Das war wirklich eine vorbildliche Landung», lobt er das kleine, schlaue Kerlchen. Jetzt müssen nur noch die Bilder von der Kamera heruntergeladen werden.

Die Raubvögel, die schon eine Weile am Oberwiler Himmel gekreist sind, haben nun wieder ihr luftiges Revier ganz für sich.

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