Buch beleuchtet fussballverrückte Familie

Wie ein FCL-Profi beinahe am Babyspeck scheiterte

Im Auzelg-Quartier erlebten Roberto, Francisco und Ricardo (von links) die perfekte Kindheit.

(Bild: Privatarchiv)

Roberto, Ricardo und Francisco – die Söhne einer chilenischen Mutter und eines spanischen Vaters haben den Durchbruch im Schweizer Fussball geschafft. Ein neues Buch beleuchtet die Geschichte der drei Rodriguez-Brüder, die in ihrem Leben nicht immer auf der Sonnenseite standen.

Was haben der FCL-Mittelfeldspieler Francisco Rodriguez, WM-Finaltorschütze Mario Götze und der einst teuerste Fussballer der Welt, Paul Pogba, gemeinsam? Alle drei sind nicht die Einzigen der Familie, welche den Sprung ins Profi-Fussballbusiness schafften. Nein, in jeder Familie haben’s gleich drei Söhne geschafft. 

«Drei Brüder – eine Familie.» Unter diesem Titel erscheint diesen Donnerstag ein neues Buch von Thomas Renggli, dem Sohn der Krienser Radiolegende Sepp Renggli. Es erzählt eine fussballerische Erfolgsgeschichte. Insbesondere der Zweitgeborene, Ricardo, gilt als einer der besten linken Aussenverteidiger, spielt aktuell beim grossen AC Milan und gehört an der Fussball-WM in Russland zu den festen Stützen der Schweizer Nati, welcher er mit seinem Penalty-Tor in Nordirland das Eintrittsticket zur WM sicherte. Der Älteste, Roberto, spielt beim FCZ – der Jüngste, Francisco, beim FC Luzern (zentralplus berichtete).

Familie Rodriguez – ein Beispiel perfekter Integration

Das Buch erzählt zudem die Geschichte der Eltern Marcela (aus Chile) und José (aus Spanien), das Aufwachsen der drei Brüder und das schwere Schicksal, welches die Familie 2015 traf, als die damals 47-jährige Mutter ihren Kampf gegen den Krebs verlor. In Erinnerung an ihre Mutter tragen alle drei Brüder die Nummer 68 – Marcelas Jahrgang.

Die drei Brüder unterwegs in ihrer Heimat:

 

Auzelg🤫❤🙏🏽 #K12 @robirodriguez68 @rrodriguez.68

Ein Beitrag geteilt von Francisco Rodriguez (@frodriguez68) amJan 16, 2018 um 9:06 PST


 

Im Vorwort schreibt Autor Thomas Renggli, ein Schlüsselerlebnis sei für ihn der Besuch der Schule Auzelg an der nördlichen Peripherie Zürichs gewesen – dem Ort, wo die Brüder ihren ersten Bällen nachjagten. «Wer hier aufwächst, startet kaum mit einem Bonus ins Leben.» Der Ausländeranteil beträgt rund neunzig Prozent.

Die drei Brüder sind ein Beispiel für perfekte Integration. Roberto, Ricardo und Francisco besitzen nebst dem spanischen und chilenischen auch den Schweizer Pass. Der ehemalige Nati-Coach Ottmar Hitzfeld sagt im Buch: «Ein wichtiger Grund für den Erfolg dieses Landes ist, dass Menschen unterschiedlichster Herkunft am gleichen Strick ziehen.» Und weiter: «Das Multikulturelle ist der vielleicht grösste Trumpf der Schweiz überhaupt. Und der Fussball ein wunderbares Vorbild.»

Durchgefallen bei GC und dem FCZ 

Womit wir bei der Geschichte von FCL-Spieler Francisco Rodriguez wären. «Er hätte es locker ans Gymnasium geschafft», sagt sein älterer Bruder Roberto über den am 14. September 1995 Geborenen. «Er ist der kompletteste Spieler von uns dreien. Mit seiner Kraft und Technik ist er wie gemacht für eine zentrale Rolle», adelt ihn Roberto. «Vorerst bin ich einfach nur glücklich, dass es mir gelungen ist, Profi zu werden», relativiert Francisco. Eine Konkurrenzsituation unter den drei Brüdern habe es nie gegeben.

Seine ersten Spuren auf dem Fussballfeld hinterliess Francisco beim FC Schwamendingen. Da er jedoch mit ein paar überflüssigen Pfunden zu kämpfen hatte, fiel er in den Probetrainings bei GC und dem FCZ durch. So wechselte Rodriguez zum FC Winterthur. «Ich trainierte doppelt so viel wie in Schwamendingen und machte gleichzeitig meine Ausbildung.» 

Die drei Brüder als sie noch bei den Junioren spielten.

Die drei Brüder als sie noch bei den Junioren spielten.

(Bild: Privatarchiv)

Schon bald wurden die Scouts des FCZ auf ihn aufmerksam. Er habe grosses Talent, sei aber nach wie vor nicht ganz austrainiert. Da griff FCZ-Präsident Ancillo Canepa ein: «Jetzt hört mir mit diesen Diskussionen um seine Fitness auf – wir holen ihn zu uns in den Nachwuchs. Basta!» Mit achtzehn Jahren und zehn Monaten debütierte Francisco beim FCZ. Rasch wurde der VfL Wolfsburg auf ihn aufmerksam, zu welchem er 2015 für 1,5 Millionen Franken wechselte.

Durchbruch in Deutschland scheiterte

Im Team von seinem Bruder, gespickt mit Superstars wie Kevin De Bruyne, Naldo, Luiz Gustavo oder Julian Draxler, konnte er sich jedoch nicht durchsetzen. Es folgte ein Abstecher zu Arminia Bielefeld, wo er jedoch nicht glücklich wurde und bald darauf an den Vierwaldstättersee wechselte. Über das zwiespältige Bundesliga-Abenteuer mag Francisco nicht mehr gross reden: «Im Nachhinein ist man immer klüger.» Doch er stellt auch klar: Wenn man eine solche Chance erhalte, müsse man sie auch packen. 

Heliane Canepa erinnert sich mit besonderer Freude, wie der damals achtzehnjährige Francisco seinen ersten Profivertrag unterschrieb.

Heliane Canepa erinnert sich mit besonderer Freude, wie der damals achtzehnjährige Francisco seinen ersten Profivertrag unterschrieb.

(Bild: Valeriano Di Domenico/freshfocus)

Die Familie spielt im Leben der Rodriguez-Brüder eine elementare Rolle. «Sie ist der Schlüssel zum Glück, sie steht über allem», sagt Vater José im Buch. Und die Familie hat auch schwere Zeiten hinter sich. Im Juni 2014 erhielt Mutter Marcela die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Anfänglich machte sie eine Chemotherapie, später liess sie sich nur noch homöopathisch behandeln. Sie war in einer Klinik nahe Bellinzona.

«Wir wussten, dass sie Krebs hatte. Aber sie liess uns im festen Glauben, dass sie auf dem Weg der Besserung sei», beschreibt Roberto. Sie habe die Wahrheit von ihrer Familie fernhalten wollen. Im November 2015 verschlechtere sich die Situation drastisch. Erst da kam die Schwere der Krankheit richtig ans Licht. «In diesem Moment stürzte für mich die Welt ein – ich verlor den Boden unter den Füssen», so der Älteste.

Francisco schrieb ein Gedicht, welches bei der Beisetzung vorgelesen wurde: «Deine brutale Stärke, deine ständige Liebe, dein Latino-Temperament, deine Geduld, es mit uns vier auszuhalten, deine stets richtigen Worte haben uns zu dem gemacht, was wir jetzt sind.»

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