Angst um das Familiensilber

Wie das Luzerner Casino Investoren abwimmelt

Warum wird der potente chinesische Investor Yunfeng Gao vom Casino Luzern ausgesperrt?

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Der chinesische Unternehmer Yunfeng Gao will beim Grand Casino Luzern einsteigen, darf aber nicht. Obwohl er dem Unternehmen wertvolle Impulse vermitteln könnte, die es dringend nötig hätte. zentralplus hat nach den Hintergründen geforscht – und ist auf Ängste und ein schwieriges Verhältnis gestossen.

Die Schweizer Casino-Branche darbt. Es wird weniger gespielt, die Ertragslage ist schwierig. Die Konkurrenz durch Online-Glücksspiele und Spielhallen im grenznahen Ausland machen ihr zu schaffen, ebenso wie die strengen Auflagen der eidgenössischen Spielbankenkommission. Das betrifft auch das Grand Casino Luzern, wo der Bruttospielerlös in den letzten zehn Jahren um rund einen Drittel zurückgegangen ist.

Schluss mit Kriechgang: Neue Investoren haben dem Kurs der Kursaal-Casino-Aktie zu einer Aufwertung verholfen.

Schluss mit Kriechgang: Neue Investoren haben dem Kurs der Kursaal-Casino-Aktie zu einer Aufwertung verholfen.

(Bild: otc-x)

Als noch mit höheren Einsätzen gespielt wurde, war auch die Namenaktie der Kursaal-Casino AG mehr wert.

Als noch mit höheren Einsätzen gespielt wurde, war auch die Namenaktie der Kursaal-Casino AG mehr wert.

(Bild: otc-x)

 

Dennoch ist die Aktie der Muttergesellschaft Kursaal-Casino AG, die an der Nebenwertbörse OTC-X der Berner Kantonalbank gehandelt wird, jüngst gewaltig im Wert gestiegen – um bis zu 30 Prozent im vergangenen Jahr. Getrieben haben den Preis Investoren, die an die Zukunft des Vergnügungstempels am Quai glauben. Die ER Group, eine Luzerner Beratungsfirma, die eigenes Geld in langfristige Anlagen steckt, erwarb ein Aktienpaket von 4,8 Prozent und die Gruppe um den chinesischen Investor Yunfeng Gao kaufte 5 Prozent der Aktien.

Keine Lust auf mehr Zusammenarbeit mit Gaos Leuten

Allerdings wurde Gaos Firma First Swiss Hotel Collection AG Mitte Januar die Eintragung ins Aktienregister verwehrt – der Verwaltungsrat der Kursaal-Casino AG war dagegen (zentralplus berichtete). «Der Gesuchsteller stimmt nicht genügend mit den strategischen Stärken des Unternehmens überein», begründet Verwaltungsratspräsident Guido Egli den aufsehenerregenden Entscheid. Diese seien «garantierte Selbstständigkeit, lokale Verankerung und Unabhängigkeit von Einzelinteressen».

«Nur als Geldanlage müsste die Aktie nicht gekauft werden.»

Toni Bucher, Geschäftspartner von Yunfeng Gao

Gao, dessen Firma das Hotel Palace besitzt, suchte die Kooperation mit dem Casino. «Nur als Geldanlage müsste die Aktie nicht gekauft werden», findet der Obwaldner Toni Bucher, Gaos Geschäftspartner und Vizepräsident des Verwaltungsrats der Swiss First Hotel Connection. «Uns ging es um eine Zusammenarbeit. Sie kennen ja das Interesse der Chinesen am Glücksspiel.»

Das Casino nützt sein Potenzial zu wenig

Auch Fachleute irritiert der Entscheid des Casino-Verwaltungsrates. «Ich kann den ablehnenden Entscheid des Verwaltungsrats nicht ganz nachvollziehen», sagt Björn Zern, Finanzexperte für Nebenwerte. Gao schätze er als Investor ein, «der bereit sei, das Unternehmen voranzubringen». Seine Absicht, wohlhabende chinesische Individualtouristen in die Zentralschweiz zu bringen, denen er neben Freizeitangeboten auch einen Casinobesuch vermitteln wolle, hätte dem Grand Casino wertvolle Impulse vermitteln und die Ertragslage und die Rentabilität verbessern helfen können.

«Vielleicht hat man Angst, dass jemand die Immobilien an hervorragender Lage in die Finger kriegen will.»

Björn Zern, Finanzexperte

Die im Branchenvergleich niedrige Gewinnrendite war schon von der ER Group der Luzerner Erwin Röösli und Romano Brandenberg kritisiert worden, als sie im vergangenen Jahr bei der Kursaal-Casino AG einstiegen. Auch eine für Anleger gedachte Unternehmensanalyse im Auftrag der Berner Kantonalbank (BEKB) kommt zum Schluss: «Insgesamt muss es der Gesellschaft gelingen, Ertragssituation und Rentabilität zu verbessern.»

Der hervorragende Standort direkt am Vierwaldstättersee in der weltbekannten Tourismusdestination Luzern sei bisher zu wenig genutzt worden, vom Tourismus-Boom durch asiatische Besucher habe der Betrieb bisher wenig profitiert. Ausserdem steht in der Bilanz immer noch Goodwill aus der Komplettübernahme des Grand Casinos, der über lange Zeit hinweg abgeschrieben wird und das Ergebnis bis 2022 belastet.

Wo Gao investiert, wird gebaut

Warum also wird der potente Investor Gao von der Kursaal-Casino AG ausgesperrt? Der höchstmögliche Aktienanteil ist statutarisch auf 5 Prozent begrenzt. Kann man damit die Geschäftspolitik eines ganzen Unternehmens lenken? «Ganz sicher nicht», sagt der Finanzspezialist Björn Zern, der Autor der BEKB-Studie. «Aber es besteht natürlich die Möglichkeit, dass sich Aktionäre zu Gruppen zusammenschliessen.» Zern verweist auf das Beispiel der Berner Kursaal AG, wo eine Aktienbeschränkung von 10 Prozent besteht. Dort hat sich eine regionale Aktionärsgruppe zusammengetan, die zusammen 40 Prozent des Kapitals kontrollieren und so den Kurs des Unternehmens bestimmen.

Ingenieur mit Interesse an Touristik

Yunfeng Gao (geboren 1967) ist ein Unternehmer aus Shenzen, einer Nachbarstadt Hongkongs. Sein Hauptgeschäft ist die Shenzhen Han’s Laser Technology Co., die knapp 10’500 Leute beschäftigt und Lasergeräte baut. Daneben investiert er in Immobilien und Tourismus. Sein Vermögen wurde 2015 vom amerikanischen Wirtschaftsmagazin Forbes auf 890 Millionen Dollar geschätzt.

Studiert hat er Flugzeugbau und angewandte Mechanik, dann war er Lehrer an der Nanjing-Universität für Luft- und Raumfahrt. 1996 gründete er seine erste Firma, die er 2004 an die Börse brachte. 2007 drückte er nochmal die Schulbank und erwarb einen Master in Betriebswirtschaft.

2011 kaufte er in Engelberg das Jugendstil-Hotel «Europäischer Hof», das er derzeit für 100 Millionen Franken mit einem ergänzenden Neubau versieht und zum neuen Fünfsternehaus «Hotel Titlis Palace» erweitert. Er ist zudem an der Sarner Generalunternehmung Eberli beteiligt, bei der Toni Bucher Verwaltungsratspräsident ist.

Bucher und der frühere Eberli-Verwaltungsratspräsident Toni Eberli hatten das verschlafene Feriendörfchen auf Melchsee-Frutt wachgeküsst. Sie errichteten zwei Hotels, die heute Yunfeng Gao gehören. Die Frutt Resort AG ist zudem für den Betrieb von drei weiteren Gasthäusern und Berghotels auf Melchsee-Frutt verantwortlich.

2015 wurde dann das traditionsreiche Hotel Palace in Luzern von einem CS-Immobilienfonds durch eine Gao-Firma übernommen. Auch dieses soll mit viel Geld auf Vordermann gebracht werden (zentralplus berichtete). Gaos Investitionen in der Zentralschweiz werden auf 300 Millionen Franken geschätzt.

Nun geht es bei der Kursaal-Casino AG in Luzern nicht nur um den Spielbetrieb. Damit wird zwar der grösste Teil des Gelds erwirtschaftet. Zur Substanz gehören aber auch die Gastronomiebetriebe wie das Feinschmeckerrestaurant Olivo, die Veranstaltungsräume und die Liegenschaft – kurz: der Boden, die Gebäulichkeiten, und was drin ist. «Vielleicht hat man Angst, dass jemand die Immobilien an hervorragender Lage in die Finger kriegen will», meint Zern.

Zumal Investor Yunfeng Gao in der Zentralschweiz immer an interessanten Lagen investiert hat und dann grosse Summe in die Immobilien steckt und sein Freund und Geschäftspartner Toni Bucher ausserdem ein zupackender Bauunternehmer und Macher ist. «Ich verstehe die diesbezüglichen Bedenken des Verwaltungsrats», sagt Finanzexperte Zern. «Trotzdem wäre es für mich kein Grund, Gao als Investor abzulehnen.» Die Chancen gewichte er höher als die Gefahren.

Der Verwaltungsrat hat die Teilhaber im Sack

Doch hätte Gao überhaupt die Möglichkeit, sich mit anderen zusammenzutun, um ans Familiensilber zu kommen? Spätestens jetzt ist es Zeit, einen Blick auf die Eigentümerstruktur der Casino-Kursaal AG zu werfen. Der grösste Aktionär ist die Stadt Luzern, die 11 Prozent hält und sich auf Anfrage hinter die Strategie des Verwaltungsrats stellt. Alle anderen sind der Aktienbeschränkung von 5 Prozent unterworfen.

5 Prozent hält die Luzerner Kantonalbank, die ihre Beteiligung als «reine Finanzanlage» versteht und sich nicht zu Entscheidungen des Verwaltungsrats äussert. Weitere 5 Prozent gehören dem Zürcher Unterhaltungsunternehmer und früheren Flora-Besitzer Freddy Burger, der ein Freund von VR-Präsident Guido Egli ist, 4,8 Prozent der ER Group, die sich in dieser Angelegenheit zurückhält, wie Partner Romano Brandenberg sagt, und 3,7 Prozent dem Kanton Luzern. Macht total knapp 30 Prozent für Shareholder, die dem Verwaltungsrat nicht am Zeug flicken. Zwei Private, darunter der Verkäufer der Aktien an Gao, halten weitere 8,6 Prozent.

Das Casino Luzern nütze seinen Standort und den asiatischen Tourismus-Boom zu wenig, sagt eine Studie.

Das Casino Luzern nütze seinen Standort und den asiatischen Tourismus-Boom zu wenig, sagt eine Studie.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die restlichen gut 62 Prozent teilen sich 2500 Kleinaktionäre, darunter auch regionale Touristikunternehmen und Hotels. Diese werden von der Kursaal-Casino AG bei Laune gehalten – mit Generalversammlungen, die rauschenden Festen gleichen. Und mit grosszügigen Ausschüttungen. Zwar rentiert das Geschäft nicht sonderlich gut, aber pro Aktie wurden im vergangenen Jahr 12 Franken ausgeschüttet, was einer Rendite von 3,8 Prozent entspricht. «Das ist viel mehr als auf einem Sparheft», meint Björn Zern und urteilt: «Der Verwaltungsrat hat die Aktionäre gut im Griff.»

Egli: «Ich bewundere Herrn Gao»

Wenn es aber unwahrscheinlich ist, dass Gao seine Einzelinteressen bei der Kursaal-Casino AG hätte durchsetzen können, warum also darf er, beziehungsweise die von ihm beherrschte First Swiss Hotel Collection AG, nicht Aktionär werden? Noch verwirrender macht die Angelegenheit, dass Guido Egli von der Casino-Kursaal AG eigentlich voll des Lobes über den chinesischen Investor ist: «Ich bewundere Herrn Gao als Unternehmer und hege grossen Respekt für sein Engagement in der Zentralschweiz.»

Der einzige Hinweis, der die Vorgänge erklären kann, findet sich in der Medienmitteilung der Kursaal-Casino AG, wo der gemeinsame Besitz der Parkhaus Casino-Palace AG erwähnt wird – an dem übrigens auch die Stadt Luzern mit einem Drittel beteiligt ist. «Von einer weiteren, kapitalmässigen Verflechtung will der Verwaltungsrat absehen», heisst es dort.

Casino und Palace: aneinandergekettet

Zu Deutsch: Die Beziehung zur neuen Besitzerfirma des Hotels Palace muss in der Parkhaus-Gesellschaft derart harzig angelaufen sein, dass der gesamte Verwaltungsrat – und damit auch alt Stadtrat Franz Müller als Vertreter der städtischen Interessen – sich entschloss, die First Swiss Hotel Connection AG auf Distanz zu halten.

«Eigentlich wäre ich froh, wenn wir diese Geschichte in Ruhe beerdigen könnten.»

Toni Bucher, Geschäftspartner von Yunfeng Gao

Im Parkhaus Casino-Palace müssen die Casino-Leute und die Palace-Besitzer auch in Zukunft miteinander auskommen, wenn die Geschäfte keinen Schaden erleiden sollen. Dies erklärt, warum Guido Egli seine Worte die ganze Zeit in Watte packt. Auch die Gegenseite hält den Ball flach: «Grundsätzlich möchten wir diese Angelegenheit nicht in der Öffentlichkeit kommentieren», schreibt Toni Bucher an zentralplus zur ganzen Affäre. Und: «Eigentlich wäre ich froh, wenn wir diese Geschichte in Ruhe beerdigen könnten.»

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