Ersatzangebote Doppelspurausbau Walchwil

Wie 1999 im Taxi-Schiff zur Arbeit tuckern

Die MS Schwyz könnte wie schon 1999 als Pendelschiff dienen. (Bild: zvg Shifffahrtsgesellschaft für den Zugersee)

Während des Ausbaus der Doppelspurlinie bei Walchwil müssen die SBB wegen der Sperrung einen Bahnersatz anbieten. Sie erarbeiten mit den Kantonen Zug und Schwyz ein Konzept. Weil dieses bis jetzt noch nicht vorliegt, geht zentral+ einen Schritt weiter und macht selber einen Vorschlag. Die verlockende Alternative heisst Taxi-Schiff.

Es dauert zwar noch eine ganze Weile, bis die Bahnlinie zwischen Oberwil und Arth-Goldau gesperrt wird. Es wird Ende 2016 der Fall sein, wenn die SBB bei Walchwil auf einer Strecke von 1,7 Kilometern eine Doppelspur bauen werden, um den Halbstundentakt im Nord-Süd-Verkehr einzuführen. Während rund anderthalb Jahren soll der Zugverkehr dann über Rotkreuz umgeleitet werden.

Vorausdenken soll ja gut sein. Deshalb hat zentral+ schon einmal darüber nachgedacht, wie die Pendler aus dem Raum Walchwil und Arth trotzdem bequem zur Arbeit nach Zug gelangen können. Die Lösung heisst «Umsteigen auf das Wasser!» Unsere exklusive Taxi-Schiff-Machbarkeitsstudie zeigt, die Alternative ist verlockend und theoretisch möglich. Doch warum sind die SBB und der Kanton Zug nicht selbst schon auf diese Idee gekommen? Schliesslich suchen sie noch nach einer Lösung und müssen sich zunächst in einigen Punkten noch einig werden.

Mehr oder gleichviel Verkehr stadteinwärts?

Auf die Frage, welche Ersatzangebote während der Sperrung geplant seien, sagt Lea Meyer, Mediensprecherin der SBB: «Wir planen gemeinsam mit den Kantonen Zug und Schwyz ein Bus-Zusatzangebot zu den bisherigen Buslinien.» Die Linie 5, die zwischen Walchwil und Zug verkehrt, soll gemäss Meyer gestärkt werden. Die Busse sollen genauso häufig fahren, wie heute die Züge verkehren. Auf die Frage, ob denn nicht der Verkehr stadteinwärts zunehmen werde, sagt Meyer: «Wegen des starken Verkehrs am Morgen und Abend gehen wir davon aus, dass die Busse dann eine längere Fahrzeit haben als tagsüber. Wir sind nun daran, Lösungen zu prüfen und machen Tests, damit die Bahnanschlüsse schliesslich zu jeder Tageszeit gewährleistet werden können.» Es müsse genügend Fahrzeit einberechnet werden und die Busse müssen eventuell früher abfahren. Konkrete Lösungen für die jetzt schon überlastete Stadteinfahrt haben die SBB noch nicht parat.

Der Doppelspurausbau Zugersee Ost

Ab dem Bahnhof Walchwil Richtung Zug wird die heutige Einspurstrecke auf einer Länge von 1,7 Kilometer abgebrochen und durch eine Doppelspur ersetzt. Danach können sich Züge auf einer Strecke von knapp 2,2 Kilometern kreuzen, wie die SBB mitteilen. Dies erhöhe die Kapazität und erlaube einen dichteren Fahrplan.

Die Haltestelle Walchwil Hörndli soll der neuen Gleislage angepasst werden, der Tunnel «Büel» aufgeweitet und der «Sagenbachviadukt» mit einer zweiten Brücke ergänzt werden. Mit dem Bau der neuen Doppelspur Walchwil wollen die SBB den Halbstundentakt im Nord-Süd-Verkehr ermöglichen, ohne dass der Regionalverkehr eingeschränkt wird.

Während der anderthalb jährigen Streckensperre von Ende 2016 bis Mitte 2018 wird der Zugverkehr über die Westseite des Zugersees via Rotkreuz umgeleitet. Um die zusätzlichen Züge in das bestehende Angebot integrieren zu können, wird der letzte einspurige Abschnitt auf der Strecke Cham–Rotkreuz zwischen Freudenberg und Rotkreuz bis Mitte 2016 ebenfalls auf Doppelspur ausgebaut.

Gegen den Doppelspurausbau in Walchwil gab es insgesamt 30 Einsprachen, unter anderem von der IG «NEATZug», die sich sich gegen das Projekt wehrt. Die SBB halten an ihrem Zeitplan fest.

Das Amt für öffentlichen Verkehr des Kantons Zug ist bei der Erarbeitung der Ersatzangebote beteiligt. Es rechnet aber im Gegensatz zu den SBB nicht mit einem grösseren Verkehrsaufkommen als heute. Patrick Stöcklin, Leiter Angebot und Markt, sagt: «Wir gehen nicht davon aus, dass es stadteinwärts mehr Stau geben wird, welcher den Busbetrieb negativ beeinflusst. Auch dank der elektronischen Busspur, die bereits vor Beginn der Sperrung in Betrieb sein wird. Ausserdem werden die Pendler aus Schwyz und Uri über Rotkreuz umgeleitet.» Er ergänzt, dass für den Bahnersatz grundsätzlich die SBB verantwortlich seien. Der Kanton sei diesbezüglich mit den SBB in Kontakt, Details könnten noch nicht bekanntgegeben werden.

1999 kam der Rutsch und dann das Schiff

Weil noch keine Lösungen da sind, sind kreative Alternativen gefragt. Es gab sie schon einmal, die provisorische Schiffsverbindung. Es war 1999, als die ganze Schweiz mit schwerem Hochwasser zu kämpfen hatte. Im Kanton Zug ging zwischen Oberwil und Walchwil ein gewaltiger Erdrutsch nieder. Die Bahnlinie und die Strasse waren während mehreren Tagen gesperrt. Wer von Walchwil nach Zug wollte, musste entweder den Umweg rund um den Zugersee auf sich nehmen, oder nahm das «Shuttleschiff».

Die MS Schwyz der Schifffahrtsgesellschaft für den Zugersee (SGZ) verkehrte als Pendelschiff ungefähr im Stundentakt zwischen Oberwil und dem abgeschnittenen Walchwil. Die Ausgangslage ist diesmal zwar anders, die Strasse bleibt geöffnet, dennoch könnten Schiffe als Entlastung zwischen Arth und Zug eingesetzt werden. Oder nicht?

Tanja Fedier, Mediensprecherin der SGZ, sagt: «Theoretisch eine Möglichkeit. Aber auf der Strasse – sprich mit Bussen – gibt es eine kundenorientiertere Lösung. Das Schiff kann leider nicht so viele Haltestellen anfahren wie der Bus, die Fahrzeit ist zudem länger und auch bezüglich Kosten-/Nutzenverhältnis ist der Bahnersatz mit Bussen die bessere Lösung.»

«In der Regel müssen die ja dann auch zur Arbeit»

Es muss ja nicht ein öffentliches Angebot sein. Auch private Taxi-Schiffe könnten zwischen Arth und Zug hin und her tuckern. Paul Krummenacher, Präsident des Motorbootclubs Zug nimmt Stellung: «Die Idee als solche wäre eigentlich schon verlockend», sagt er, es gebe aber auch mehrere Faktoren, die dagegen sprechen.

Er glaubt nicht, dass sich während den anderthalb Jahren ein florierendes Schiffs-Taxi-Geschäft etablieren könnte. «Das würde sich auf keinen Fall lohnen» sagt Krummenacher. Die Taxi-Fahrer könnten kaum von den Einkünften leben. Er fragt: «Wann würden sie denn fahren? In der Regel müssen die ja dann auch zur Arbeit.»

Es gäbe aber noch andere Herausforderungen, meint Krummenacher. Einerseits könnte der Betrieb nicht das ganze Jahr funktionieren. «Achtzig Prozent der Motorboote sind im Winter wegen der Frostgefahr ausgewassert, von daher wäre das nur in einer sehr beschränkten Zeit möglich.» 

Der Schiffsverkehr müsste geregelt werden

Kleinere Motorboote hätten zwar von der Geschwindigkeit her Vorteile gegenüber grösseren Kursschiffen, doch das Tempo sei nicht alles: «Die Schiffe bräuchten dann auch Anlegeplätze, man kann nicht einfach überall anlegen.» Zudem müsste der Schiffsverkehr geregelt werden, und es müssten gemäss Krummenacher Gemeinschaften gegründet werden. «Ein Taxidienst wäre theoretisch schon möglich, es müsste aber mit einem grösseren Schiff zu festen Zeiten gemacht werden, mindestens das kleinste Schiff der Flotte der Zugersee Schifffahrtsgesellschaft.» Das wäre somit wie 1999 die MS Schwyz, ein Motorschiff mit Platz für 150 Personen. Anker lichten und Schiff ahoi!

Die MS Schwyz könnte wie schon 1999 als Pendelschiff dienen. (Bild: zvg Shifffahrtsgesellschaft für den Zugersee)

Die MS Schwyz könnte wie schon 1999 als Pendelschiff dienen. (Bild: zvg Shifffahrtsgesellschaft für den Zugersee)

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Manolo
    Manolo, 16.06.2014, 07:59 Uhr

    Als Walchwiler Einwohner hatte ich die Idee schon seit geraumer Zeit. Vor allem auch, weil ich nur ungern Bus fahre und mich der Verlust der S-Bahn über eine so lange Zeit schmerzt.

    Ich wäre jederzeit bereit, für eine solche Schifffahrt mit meinem Halbtax zwischen 5 und 7.50 pro Fahrt zu bezahlen. Wichtige Bedingung: Es müsste WLAN an Bord haben. Und man müsste einen Kaffee bestellen können (nicht im Fahrpreis inbegriffen). Wenn ich trotz längerer Fahrzeit und höherem Preis dann in Zug ankäme, hätte ich bereits meine ganze Mail Korrespondenz erledigt!

    Ich würde mich über das Schiff als Walchwiler riesig freuen. Und das Medienecho wäre sicher enorm.

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