Ist das normal oder schon Klimawandel?

Gewitter in Luzern und Zug werden immer heftiger

Dieses Bild zeigte sich in Kriens nach einem kurzen Unwetter am Montag, 4. Juli. (Bild: Stadt Kriens)

Wenn in den letzten Wochen Gewitter über das Land gezogen sind, fielen diese oft sehr heftig aus. Es scheint ganz so, als ob die Wetterküche merklich rabiater wurde. Ist das noch Wetter oder schon der Klimawandel?

Kurz und sehr heftig. So können viele der bisherigen Sommergewitter zusammengefasst werden. Zuletzt hat sich am Montag ein kräftiges Gewitter über der Region entleert und für gefüllte Keller und schlammige Strassen gesorgt. Auch die Stadt Kriens ist davon betroffen (zentralplus berichtete).

Auf dem ganzen Kantonsgebiet mussten Feuerwehrleute ausrücken. Bei der Luzerner Polizei liefen am Montag die Leitungen kurzzeitig heiss. An rund 70 Orten brauchte es am Ende die Hilfe von den Profis.

Getroffen hat es am Montag auch den «Vegas-Club». Das Wasser flutete die Räume und der Schaden ist enorm. Gegenüber «PilatusToday» sagt Inhaber Philipp Waldis, dass die ganze Elektronik zerstört worden ist und das Mobiliar aufgeweicht sei. «Wir werden auf Rohbau zurückgesetzt.»

Die Pumpen laufen auch am Tag danach auf Hochtouren. Der Club stand laut Waldis rund acht Meter tief unter Wasser. Bis dort, wo nun Schlamm liegt, wieder getanzt werden kann, dauert es noch eine ganze Weile. «Es wird sicherlich eine Zeit dauern», meint Waldis. Es sei gut möglich, dass der Club jetzt mehrere Monate geschlossen bleiben muss.

Ist das noch Wetter oder schon der Klimawandel?

Es ist auffallend, dass in dieser «Gewittersaison» viele heftige Zellen für Schäden gesorgt haben. Fast wirkt es so, als ob Petrus nur noch «Vollgas» oder gar nichts kennt. Dabei knacken die Stürme auch immer wieder Rekorde. So fielen am 22. Juni 2022 in nur 10 Minuten 19,1 Millimeter Regen in Luzern. Damit wurde der Regenrekord vom 17. Juni 2006 mit 18 Millimetern gekippt (zentralplus berichtete).

Täuscht dieser Eindruck? zentralplus hat beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) nachgefragt. Ein Blick auf die Daten zeigt: Die Niederschlagsmengen im Mittelland haben seit 1864 signifikant zugenommen.

Die Grafik zeigt, wo es mehr Regen gibt als früher. Die Regionen ohne Punkte kassieren deutlich mehr Tropfen. Luzern und auch Zug haben eine deutliche Zunahme in den letzten 10 Jahren verzeichnet.

Veränderung der jährlichen Niederschlagsmenge seit 1864 in Milimeter pro zehn Jahre. Gepunktete Flächen bezeichnen statistisch nicht signifikante Trends. (Grafik: MeteoSchweiz)

Forscher weisen schon länger auf Klimaveränderung hin

Dass sich unser Klima ändert, sagen die Forscher schon länger. Auch Stephan Bader, Klimatologe bei «MeteoSchweiz» bestätigt das und nennt uns als Beispiel eine ETH-Studie aus dem Jahr 2015. Diese hat aufgezeigt, dass intensiverer kurzfristiger Niederschlag – also grössere Niederschlagsmengen innerhalb von zehn Minuten und innerhalb von einer Stunde – stark zugenommen haben.

«Mit anderen Worten: kräftige Gewitterregen sind in der Schweiz in der untersuchten Periode von 1981 bis 2011 offenbar häufiger geworden. Das könnte ein Effekt der zunehmend höheren Temperatur im Sommerhalbjahr sein», sagt Bader.

In den letzten 150 Jahren ist die Jahresmittel-Temperatur in der Schweiz um rund 2 Grad angestiegen. Der Temperaturanstieg südlich der Alpen ist etwas weniger stark als der Anstieg im Norden.

Veränderung der durchschnittlichen Temperatur seit 1864 (in Grad Celsius pro zehn Jahre). (Grafik: MeteoSchweiz)

Es wird wohl künftig weniger, aber heftiger regnen

Die Forscher zeichnen ein unschönes Bild. So schreibt uns Stephan Bader, dass die Regenmengen wohl abnehmen werden. «Neben der allgemeinen Tendenz zu abnehmenden sommerlichen Niederschlagssummen zeigen die Berechnungen jedoch, dass starke Niederschläge häufiger und intensiver zu erwarten sind. Mit anderen Worten: Im zunehmend wärmer werdenden Sommer regnet es in der Summe zwar weniger, wenn es aber regnet, dann oft als Starkniederschlag.» Wie gross die Rolle der Gewitter sein werde, sei allerdings nicht klar.

Das sind dann die Auswirkungen von Starkregen. Die Feuerwehr wird wohl in Zukunft noch mehr wegen Unwetter ausrücken müssen.

Die Klimatologen des Bundes haben für Luzern und Zug errechnet, dass die durchschnittliche Temperatur bis 2060 nochmals um 2,4 Grad ansteigen wird. Dies, wenn der Treibhausgasausstoss weiterhin gleich ansteigt wie bis jetzt.

Die steigenden Temperaturen haben nicht nur auf die starken Niederschläge einen Einfluss. Auch erwarten die Forscher mehr Hitzetage, schneearme Winter und trockenere Sommer.

Verwendete Quellen
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Der Obernauer
    Der Obernauer, 07.07.2022, 12:31 Uhr

    Im fall Obernau ist es genau so. Wiederum and einer Brücke blieb das Geschwemmsel hängen, verstopfte den Durchfluss und löste die Ueberflutung der Hergiswaldstrasse aus. Ein klassische Eigentor, da der Unterhalt der Bachufer schlichtwegs nie gemacht wurde und dies obwohl die Risiken bekannt waren !
    Nach den Hochwassern der letzen Jahre versprach der Gemeinderat Massnahmen. Einige wenige Fluttore wurden installiert, aber nicht mehr. Ich nehme an das Geld für Hochwasserschutz ( Aufgabe der Gemeinde ) wurde anderweitig verschwendet ….

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 06.07.2022, 10:16 Uhr

    Bequem immer anderem die Schuld zuzuweisen.
    Diese Flutwelle war ganz klar versäumniss der Politik.Das Bollwerk eines Bibers erzeugt den gleichen Efekt.Der Film zeigt viel Schwemmholz das vermutlich eine Staumauer gebildet hat und irgendwann durch den ansteigenden
    Wasserdruck die Mauer aufgelöst hat und diese Flutwelle ausgelöst hät.
    Klimawandel????

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