Schlemmen auf Geheiss Gottes

Weshalb der Papst die Zuger Kirschtorte (nicht) gesegnet hat

Papst Franziskus macht Werbung für die Zuger Kirschtorte. (Bild: Leserreporter)

Treichler rühmt sich als das Erfinderhaus der Zuger Kirschtorte. Diese ist aber auch beim Traditionsunternehmer kein Selbstläufer. Da kann etwas göttliche Hilfe beim Weihnachtsverkauf nicht schaden, dachte sich wohl die Werbeabteilung. Doch stimmt die Geschichte überhaupt?

Wie lässt man etwas Gutes gar noch besser schmecken? Mit einem veränderten Rezept wohl nicht, schliesslich handelt es sich hier um die originale Zuger Kirschtorte. Das Traditionsgebäck wird von der Konditorei Treichler über Weihnachten aber mit einem neckischen Plakat in Zug beworben.

«Papst Franziskus segnete sie», steht da in grossen Lettern, während ein freundlich dreinblickender Papst auf einer Schwarz-Weiss-Fotografie seine Hand über ein Stück Zuger Kirschtorte hebt. Links vom Plakat fahren die Autofahrer vorbei, die sich nun einprägen werden: «Der Papst liebt die Zuger Kirschtorte.»

Wir stellen uns vor, wie Papst Franziskus zuvor in den Gemächern seines apostolischen Palastes an seinem Tisch sitzend lustvoll ein Stück Kirschtorte kredenzt. Genüsslich leckt er den Löffel ab, um sich den letzten Krümel nicht entgehen zu lassen.

Daraufhin schreibt Franziskus der Konditorei Treichler einen Brief, mit den gezuckerten Worten: «Gott segne die Zuger Kirschtorte. Sie ist himmlisch.» So war es natürlich. Nicht ganz.

Der Gardist, die Torte und der Papst

Um der Wahrheit ein (Torten-)Stück näher zu kommen, muss der geneigte Autofahrer schon sehr nahe an das Plakat heranfahren, um die Werber bei ihrer Tat zu ertappen. Es würde ihn wohl einen Rückspiegel kosten, das Kleingedruckte zu lesen. Dort steht nämlich: «Nachdem Papst Franziskus in Rom 2013 persönlich eine Zuger Kirschtorte entgegengenommen hatte, dankte er der Konditorei Treichler schriftlich und erteilte den Mitarbeitenden den apostolischen Segen.»

Wir fragen nach bei Bruno Heini, Geschäftsführer der Conditorei Heini, zu der auch das Zuger Erfinderhaus der Kirschtorte gehört. Wir erwischen ihn kurz vor dem Weihnachtsessen. Er erklärt, wie die besagte Kirschtorte ihren Weg zum Pontifex gefunden hat. «Ein Neffe unseres Chefkonditors tat in der Schweizergarde seinen Dienst. Er überbrachte Papst Franziskus als Geschenk eine Zuger Kirschtorte von Treichler», führt der Konditor aus.

«Der Papst lobte die Torte vom Vortag und fügte an, dies sei hoffentlich nicht die letzte Zuger Kirschtorte gewesen, die er würde kosten dürfen.»

Bruno Heini, Geschäftsführer

In der darauffolgenden Nacht hatte er Wache zu schieben vor dem päpstlichen Zimmer. Als am frühen Morgen der Papst aus dem Zimmer trat, erkannte er den Neffen. «Der Papst lobte die Torte vom Vortag und fügte an, dies sei hoffentlich nicht die letzte Zuger Kirschtorte gewesen, die er würde kosten dürfen», gibt Heini die überlieferten Worte des Neffen weiter.

Der Papst habe dann das eine oder andere Mal von anderen Rom-Reisenden eine Zuger Kirschtorte von Treichler erhalten. Die letzte verbriefte Korrespondenz, die Heini vorliegt, stammt vom November 2018, woraufhin der Papst sich beim Gardisten telefonisch für eine ihm überreichte Torte bedankte.

Segen ist eine Grussformel am Ende eines Briefes

Der Segen, wie auf dem Plakat beworben, war in diesem Fall die standardmässige Grussformel am Ende eines offiziellen Schreibens aus dem Hause des Papstes. Er galt genaugenommen den Mitarbeitern und nicht der Torte. «Die Headline ist fast richtig», sagt Heini mit einem Augenzwinkern.

Fazit: Ein bisschen geflunkert ist die Anzeige schon. Doch immerhin: Der Papst mag die Zuger Kirschtorte offenbar tatsächlich. Ob es bei ihm zu Weihnachten ein Stück Torte zum Dessert gab, ist hingegen nicht überliefert. Bei Heinis hingegen ist am Familienfest zu Weihnachten das Gebäck aus Zug gesetzt. «Gefolgt von einer Schokoladencreme», wie Bruno Heini präzisiert.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Lutz Bürger
    Lutz Bürger, 27.12.2019, 19:00 Uhr

    Herrlicher Artikel! Wundervoller Humor!

    Aber:

    «Dieser Artikel hat uns über 300 Franken gekostet. Löse ein freiwilliges Abo und hilf uns, Artikel wie diesen auch in Zukunft anzubieten. »

    Dreihundert???
    Auch geflunkert?
    Man weiß ja nun seit dem Artikel, wie es gemacht wird … 😉

    Da würde ich also zunächst erstmal ein Abo bei einem Penner in Bern buchen, denn auch der Mann auf der Straße weiß humorvolle Geschichten zu erzählen – und hat das Geld sehr viel nötiger als ein Verlag!

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    • Profilfoto von Christian Hug
      Christian Hug, 27.12.2019, 20:49 Uhr

      In Tat und Wahrheit war es sogar noch ein wesentlich höherer Betrag als 300 Franken. Für einen recherchierten Artikel sollte man zwischeneinem halbnen und einem ganzen Arbeitstag einsetzen. Der Mindestlohn nach GAV liegt bei 5500 bis 7500 Franken. Rechnen Sie Ferien Ferien, 13. Monatslohn, Sozialabgaben etc. hinzu, sind sie schon höher. Dann wird der Artikel erst von einem Kollegen gegengelesen, und dann von unseren fleissigen Korrektorinnen geprüft. Je nachdem sind noch Bildrechte oder der Auftrag an einen Fotografen fällig (nicht in diesem Fall). Das Büro muss bezahlt werden, der Social Media-Kollege, und ganz ohne Computer geht es auch nicht. Ganz zu schweigen von Front- und Backend, Apps etc., die uns dieses Jahr rund 200’000 Franken gekostet haben. Und wenn Sie Pech haben, ruft dann noch ein Anwalt an und erzählt seine ganz andere Sicht…

      Auch wir hören uns gerne Geschichten von spannenden Menschen an. Ob diese jedoch einen Verlag ersetzen, bezweifeln wir. Denn es handelt sich wie Sie selbst schreiben um Geschichten – und nicht um Fakten. Wenn man jedoch Lokaljournalismus machen will, wird es wohl nicht ohne Unterstützung gehen. Wie viel es jedem Wert ist, muss man mit sich selbst ausmachen.
      https://www.zentralplus.ch/beschenke-dich-selbst-mit-unabhaengigem-journalismus-1683571/

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    • Profilfoto von Gelöscht99
      Gelöscht99, 29.12.2019, 01:32 Uhr

      – «Der Mindestlohn nach GAV liegt bei 5500 bis 7500 Franken.»
      Mag theoretisch stimmen. Zahlt das auch jemand wirklich?

      – Rechnen Sie Ferien
      (Sagen Sie bloß, Sie haben noch Festangestellte 😉 )

      – 13. Monatslohn,
      (dito)

      – Sozialabgaben
      (dito)

      – «von einem Kollegen gegengelesen»
      (etwa einem Berner? 😉 )

      – «und dann von unseren fleissigen Korrektorinnen geprüft»
      (schon mal mit einer Computerin versucht? 😉 )

      – «Das Büro muss bezahlt werden, »
      Oh, da ist der Penner natürlich klar im Vorteil! 😉

      – «Front- und Backend, Apps etc., die uns dieses Jahr rund 200’000 Franken gekostet haben.»
      Waaass?! 200’000 Franken?!
      Naja, man muß «Profi-Penner» ja nicht gleich als IT-Berater einstellen!

      Liebes Redaktionsteam
      und ehe Sie nun über meine Ausführungen empört mit den Köpfen schütteln, sollten Sie bitte bedenken:
      Wer hat denn angefangen mit der Satire?! 😉

      Guten Rutsch, eiserne Gesundheit und weiterhin das für Journalisten berufsnotwendige «dicke Fell» wünscht Ihnen

      Ihr Zufallsleser

      Lutz Bürger

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    • Profilfoto von Martina Gwerder
      Martina Gwerder, 29.12.2019, 14:25 Uhr

      Warum so zynisch? Ich habe mich auch schon gefragt, wie dieser Betrag Zustande kommt und finde die Offenlegung der Zahlen richtig. Ich würde jedenfalls kein Unternehmen unterstützen, das keine fairen Löhne zahlt! Für Mitarbeitende mit Tieflöhnen ist das keine Satire, sondern traurige Realität!

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