Ungewöhnliche Standortsuche mit Inseraten

Wer verkauft dem Kanton Luzern sein Bauland?

Verwaltungsratspräsident Guido Graf (links) und Martin Bucherer, Vorsitzender der Geschäftsleitung des neuen Sozialversicherungszentrums.

(Bild: zvg)

Der Kanton Luzern preist sich als attraktiver Wirtschaftsstandort und hilft interessierten Unternehmen, sich hier anzusiedeln. Doch ausgerechnet für sein eigenes Sozialversicherungszentrum sucht Luzern nun öffentlich nach einem Standort.

Ergänzungsleistungen, IV-Rente oder Arbeitslosenkasse: Die meisten Menschen sind wohl froh, wenn sie möglichst wenig mit den Sozialversicherungen zu tun haben. Und wenn es doch sein muss, soll es am besten möglichst einfach sein. Das findet auch der Kanton Luzern: Auf Januar 2019 hat das Luzerner Sozialversicherungszentrum WAS («Wirtschaft Arbeit Soziales») seinen Betrieb aufgenommen. Die Ausgleichskasse, die IV-Stelle und die kantonale Arbeitslosenkasse sowie die Industrie- und Gewerbeaufsicht sind neu unter einem Dach – zumindest organisatorisch. Denn ein gemeinsames Dach haben die drei Institutionen nicht. Noch nicht. 

Das soll sich bald ändern. Derzeit wird ein Standort für einen Neubau oder ein bestehendes Gebäude für einen Umbau gesucht – und zwar öffentlich. In Inseraten werden Landeigentümer gebeten, geeignete Grundstücke bis Mitte März zu melden. Das erstaunt. Der Kanton Luzern hat sich mit seinen tiefen Firmensteuern als attraktiver Wirtschaftsstandort positioniert und unterstützt Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollen – ist aber auf Hilfe angewiesen, wenn es um das Sozialversicherungszentrum geht?

Möglichst viele ansprechen

Von diesem Schluss wollen die Verantwortlichen nichts wissen. Dass eine öffentliche Ausschreibung erfolgt, hat seinen Grund nicht darin, dass der Kanton kein geeignetes Grundstück besitzen würde oder die Anforderungen zu hoch wären. Vielmehr erhofft man sich von der öffentlichen Ausschreibung, «einen möglichst grossen Interessentenkreis anzusprechen», wie WAS-Verwaltungsratspräsident und Regierungsrat Guido Graf auf Anfrage sagt. Sowohl Private als auch Kantone und Gemeinden sollen an der Ausschreibung teilnehmen können. 

Denn der Kanton Luzern wird sich finanziell nicht an den Bauarbeiten beteiligen. Diese werden vollumfänglich von der Ausgleichskasse als selbständige öffentlich-rechtliche Institution finanziert und dann dem WAS vermietet. «Aus diesem Grund wurde entschieden, eine vom Kanton unabhängige öffentliche Ausschreibung vorzunehmen», sagt Graf. Der Kanton könne aber bei der Ausschreibung mit einem geeigneten Grundstück teilnehmen. Auch die Wirtschaftsförderung wurde eingeladen, in Frage kommende Angebote einzureichen oder die Ausschreibungsunterlagen an Interessierte weiterzuleiten. 

Nahe an der Stadt, gut erschlossen

Diverse Rückmeldungen seien bereits eingegangen, sagt Guido Graf. Der neue Standort muss Platz bieten für 700 Arbeitsplätze, was laut Inserat mindestens 20’000 Quadratmeter Geschossfläche voraussetzt. Zum Vergleich: Im selben Ausmass ist das Bürogebäude auf dem Stadtluzerner Rösslimatt-Areal geplant. Der fünfstöckige «Bau 745» der «Kunsti» in der Viscosistadt in Emmen umfasst 12’500 Quadratmeter Geschossfläche. 

Das Grundstück für das Sozialversicherungszentrum muss bereits in der richtigen Bauzone liegen, sodass 2021 bis 2023 gebaut werden könnte. Es darf zudem maximal 10 Kilometer von der Stadt Luzern entfernt sein und muss mindestens viermal stündlich mit dem öffentlichen Verkehr angefahren werden. Das heisst, Emmen oder Kriens kommen auch in Frage; weiter entfernte Orte wie Sursee oder Wolhusen nicht. Weil gerade IV-Bezüger manchmal auf den Rollstuhl oder andere Hilfsmittel angewiesen sind, darf die Fussdistanz vom Bahnhof oder der Busstation zudem nur rund fünf Minuten betragen. 

Der Sitz der IV-Stelle an der Landenbergstrasse in Luzern. Auch die IV soll im neuen Zentrum Platz finden.

Der Sitz der IV-Stelle an der Landenbergstrasse in Luzern. Auch die IV soll im neuen Zentrum Platz finden.

(Bild: IV Luzern: Jahresbericht 2016)

Klar ist bereits jetzt, dass das Zentrum nicht im neuen Verwaltungsgebäude am Seetalplatz unterkommt. Dort will der Kanton bis 2025 für rund 160 Millionen Franken ein Zentrum für die gesamte Verwaltung bauen. Gemäss heutigem Stand wird die kantonale Verwaltung die geplanten Räume aber dort selber benötigen. Und der Platzbedarf des Sozialversicherungszentrums mit derzeit knapp 600 Mitarbeitern sei zu gross für ein zweites Gebäude am selben Ort.

Aktuell befindet sich die Ausgleichskasse im Würzenbachquartier, die IV-Stelle und das Wira hingegen in zwei unterschiedlichen Gebäuden im Tribschenquartier. Information, Beratung und Begleitung der Klienten soll künftig aber aus einer Hand geschehen. Sowohl betroffene Einzelpersonen als auch Unternehmen haben dereinst nur noch eine Ansprechstelle für alle Belange der Sozialversicherungen. Der Kanton verspricht sich davon Synergien und Einsparungen von jährlich rund 5 Millionen Franken. «Weiter haben die Kunden einen Ort, um Fragen und Anliegen einzubringen, was den Kundennutzen für alle erhöht», sagt Verwaltungsratspräsident Guido Graf. 

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