Walchwil: Gemeinderatswahlen

Wer lässt sich zwei Mal wählen?

In Walchwil werden am 5. Oktober gleich zwei Mal Gemeinderäte gewählt: Die Ergänzungswahl für den vakanten Sitz fällt mit der regulären Gemeinderatswahl zusammen. Und wird deshalb faktisch irrelevant. (Bild: anm)

Eigentlich hätte die Ersatzwahl für den tödlich verunfallten Walchwiler Gemeinderat Peter Roth innert dreier Monate stattfinden sollen, jetzt ist klar: Das wäre rechtlich gar nicht möglich gewesen. Die Gemeinde hat sich deshalb entschieden, der Ersatzwahlgang soll gleichzeitig mit den regulären Wahlen stattfinden. Walchwil muss also mindestens einen Gemeinderat gleich zwei Mal wählen. Wie das funktionieren soll, ist noch nicht allen Kandidaten klar.

Am 5. Oktober bekommen die Walchwiler gleich zwei Wahlzettel für die Gemeinderatswahl zugestellt: «Die Wahl für den vakanten Sitz wird gleichzeitig mit der Gesamterneuerungswahl stattfinden», sagt Gemeinderat René Loosli. Eiengtlich hätte die Gemeinde innerhalb dreier Monate nach dem tödlichen Unfall von Peter Roth die Vakanz im Gemeinderat neu besetzen müssen, zumindest ist diese Frist laut Wahlgesetz üblich (zentralplus berichtete).

Nur: «Das ging gar nicht», sagt Gemeinderat René Loosli, «unser Rechtsgutachten stellt klar: Wir hätten, wenn wir die Ergänzungswahl innerhalb der drei Monate hätten durchführen wollen, schon vor dem Tod von Peter Roth die Wahl im Amtsblatt ausschreiben müssen. Das Gesetz sieht diesen Fall schlicht nicht vor.» Peter Roth verunfallte am 25. April tödlich im Zugersee. Sein Sitz muss vor dem Beginn der neuen Legislaturperiode im Januar 2015 neu besetzt werden. Dass diese Wahl nun gleichzeitig mit der Gesamterneuerungswahl stattfindet, sorgt erst mal für Verwirrung.

Zwei Wahlen auf ein Mal

Denn auf den beiden Wahlzetteln wählen die Walchwiler dieselben Leute, zumindest ist das die Idee des Gemeinderats: Auf einem wählen sie den Kandidaten für den freien Sitz, der Gewählte wird sein Amt ab Oktober antreten. Das ist die Ergänzungswahl für den momentan vakanten Sitz.

Gleichzeitig wählen die Walchwiler ihren Gesamtgemeinderat, inklusive der Person, für die sie schon auf dem ersten Wahlzettel ihre Stimme abgegeben haben: Die Gewählten aus diesem Wahlgang treten ihr Amt auf den Beginn der neuen Legislaturperiode im Januar 2015 an.

Das Prozedere ist mehr als ungewöhnlich: Was passiert, wenn im Ergänzungswahlgang jemand gewählt wird, der es in der Gesamterneuerungswahl nicht schafft? «Ich denke, das versteht der Stimmbürger», so Loosli, «die Meinung ist ja schon, dass man einen Kandidaten dann auch zwei Mal wählt. Hätten wir die Wahl vorgezogen, wäre die Möglichkeit eher gegeben, dass die Person bei den regulären Wahlen im Oktober nicht mehr gewählt wird.» Gemeindepräsident Tobias Hürlimann sagt: «Es ist nicht möglich, dass jemand im Ergänzungswahlgang aber nicht im Gesamterneuerungswahlgang gewählt wird: Dafür müssten ja die Wähler auf den verschiedenen Stimmzetteln andere Leute wählen. Das macht keinen Sinn.»

«Mit SVP und Grünliberalen haben wir noch nicht gesprochen»

Offenbar getraut man sich aber in Walchwil nach dem Todesfall noch nicht recht, die Wahl anzugehen: Die Gemeinde hat noch nicht öffentlich kommuniziert, die Parteien wissen noch gar nicht, wie das Prozedere genau funktioniert. «Wir haben mit den Parteien, die im Gemeinderat vertreten sind, schon gesprochen», sagt Hürlimann, «mit der SVP-Kandidatin und den Grünliberalen allerdings noch nicht. Die bisherigen Gemeinderäte können nicht im Ergänzungswahlgang kandidieren, da sie ja nicht ein zweites Amt im Gemeinderat übernehmen können. Aber die neuen Kandidaten sollen unbedingt alle in beiden Wahlgängen kandidieren.»

«Hat bessere Chancen, wer im Ergänzungswahlgang mitmacht?»

Was das für die Wahl-Taktik der Parteien bedeutet, ist noch nicht klar: Sind die Kandidaten im Vorteil, die sich für die Ergänzungswahl aufstellen? Oder umgekehrt? Oder spielt die Wahl gar keine Rolle? «Es ist noch nicht abschätzbar, was wahltaktisch Sinn macht», sagt René Schmid-Bill, der Gemeinderatskandidat der Grünliberalen. Er fragt sich: «Kandidieren dann alle Kandidaten auch für diesen Sitz? Oder nur einzelne? Hat bessere Chancen, wer im Ergänzungswahlgang mitmacht, oder schlechtere?» Auch Caroline Schmid, die gestern Dienstag von der SVP Walchwil nominiert wurde, weiss noch nicht, ob sie für den Ergänzungswahlgang kandidieren soll: «Meine Kandidatur war schon vor dem Todesfall klar, ich werde auf jeden Fall im regulären Wahlgang kandidieren. Ob ich auch für den Ergänzungswahlgang kandidiere, das haben wir parteiintern noch nicht besprochen.»

«Das menschlichste Wahlprozedere»

Schwingt da ein Tabu mit, getraut man sich, den Wahlkampf zu starten? Oder scheint pietätlos, wer für den Ergänzungswahlgang kandidiert? «Wir haben versucht, das menschlichste und vernünftigste Wahlprozedere einzurichten», sagt der Gemeindepräsident: «So, dass es keinen vorgezogenen Extra-Wahlkampf braucht. Es spielt jetzt überhaupt keine Rolle, ob man im Ergänzungswahlgang gewählt wird, was zählt, ist die Gesamterneuerungswahl.» Warum muss dann überhaupt ein Ergänzungswahlgang stattfinden? «Weil das Gesetz es so verlangt», sagt Hürlimann.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 05.06.2014, 21:24 Uhr

    Dieses komplexe Wahlprozedere ist eine Folge der Umstellung vom traditionellen Zuger Proporz zum Majorzsystem. Im Proporz wäre die Nachfolge klar geregelt gewesen – die nächste Person auf der gleichen Liste wie der leider verschiedene Gemeinderat wäre nachgerutscht. Im Majorz braucht es immer Nachwahlen, was gerade in so einem tragischen Fall, keine ideale Lösung ist.

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