Wahl des Zuger Stadtrats

Wer holt sich den freien Sitz ?

Ausser Andreas Bossard treten alle für eine weitere Amtsperiode an. (v.l.n.r.: André Wicki, Andreas Bossard, Dolfi Müller, Vroni Straub-Müller, Karl Kobelt)

(Bild: zvg Stadt Zug)

Sechs neue Politiker wollen in die Exekutive der Stadt Zug einziehen. Doch nur Sozialvorsteher Andreas Bossard tritt freiwillig zurück. Wer tritt seine Nachfolge an? zentral+ sprach mit dem abtretenden Stadtrat, einer ehemaligen Stadträtin und mit dem Präsidenten des Gewerbevereins – sie wagen die erste Prognose.

Andreas Bossard von der Christlich Sozialen Partei (CSP) beendet am 5. Oktober 2014 seine Karriere als aktiver Politiker. «Ich bleibe sicher im Vorstand der CSP und werde das Geschehen mit wachsamen Augen verfolgen. Aber Teil des Tagesgeschäfts werde ich nicht mehr sein», sagt der zurücktretende Zuger Stadtrat.

Als Einziger stellt er sich nicht mehr für eine Wiederwahl zur Verfügung. Die übrigen vier möchten in der Exekutive bleiben.

Die heissen Wahlkampf-Themen

Die politischen Themen, die im Wahlkampf 2014 bewegen werden, sind bekannt.

Einerseits sorgen die Finanzen der Stadt Zug weiterhin für Diskussionen. In diesem Zusammenhang vor allem die Leistungen der Stadt Zug an den kantonalen Finanzausgleich (ZFA). Vreni Wicky von der CVP ist beispielsweise der Meinung, dass der Stadtrat eine grössere Entlastung durch den Kanton für die Stadt Zug hätte aushandeln müssen.

Ein weiteres Thema ist der Stadttunnel. Dass die Zuger im November über das Zuger Milliardenprojekt (knapp 900 Millionen) abstimmen werden, ist zwar noch unsicher. Die Staatswirtschaftskommission (Stawiko) muss noch darüber beraten. Dennoch, es ist ein Projekt, das die Gemüter erhitzt.

Als drittes Thema nennen die befragten Personen die Zentralisierung der Zuger Verwaltung im ehemaligen Landis & Gyr-Gebäude beim Bahnhof. Eine Initiative der Bürgerlichen fordert, dass das Volk nochmals darüber abstimmen soll, ob die Verwaltung nicht doch bleiben soll, wo sie ist. Und zwei weitere aktuelle Themen sind die Frage des Ökihof-Standorts (zentral+ berichtete) sowie der Bau einer Sporthalle für den Streethockeyverein «Oberwiler Rebells». 

Vroni Straub-Müller (CSP), Karl Kobelt (FDP), André Wicki (SVP) und Stadtpräsident Dolfi Müller (SP) wurden alle von ihren Parteien nominiert. Sie alle haben gute Aussichten auf eine Wiederwahl.

Jetzt müssen Prognosen her. zentral+ wollte eine erste Einschätzung und fragte nach: Bei Andreas Bossard, der ehemaligen Stadträtin Vreni Wicky und dem Präsidenten des Gewerbevereins der Stadt Zug, Joseph Ruckli. Die grosse Frage lautet: Wer von den neuen Kandidaten wird den Einzug in den Stadtrat schaffen?

Die CVP will zurückkehren

Vier Kandidaten und zwei Kandidatinnen stellen sich am 5. Oktober zur Wahl. Im Fokus der Befragten stehen Urs Raschle von der CVP und Jolanda Spiess-Hegglin von der Alternative-Die Grünen.

Urs Raschle (CVP)

Urs Raschle (CVP)

Nach dem Sitzverlust vor vier Jahren will die CVP wieder zurück. Damals verlor die Partei mit einer unglücklichen Taktik, wie Ruckli erklärt: «Die amtierende Stadträtin Andrea Sidler Weiss war nicht mehr auf der Liste. Stattdessen brachten sie Kandidaten, die zu wenig bekannt waren.» Das will die Partei mit Raschle wieder rückgängig machen. Seine Chancen werden als sehr gut eingeschätzt.

Nicht nur von der parteieigenen Vreni Wicky. Ruckli sagt: «Ich denke, dass die CVP wieder einen Sitz holen könnte.» Urs Raschle sei ein valabler Kandidat, so Ruckli. Auch Bossard sagt: «Raschle scheint ein guter Kandidat zu sein.» 

Jolanda Spiess-Hegglin (Alternative-Die Grünen)

Jolanda Spiess-Hegglin (Alternative-Die Grünen)

Einen Sieg von Raschle will Jolanda Spiess-Hegglin mit ihrer Kandidatur verhindern. Bossard sieht Chancen, auch weil sie eine Frau mit Format sei: «Sicherlich hat die neue Kandidatin der Alternativen eine grosse Chance. Es wäre gut, wenn eine zweite Frau im Stadtrat wäre. Die Frauen in Zug werden das hoffentlich auch so sehen und dementsprechend wählen.» Zudem habe Spiess-Hegglin ein sehr überzeugendes Auftreten.

Keine guten Chancen für die glp?

Aber sie ist nicht die einzige Frau. Auch Michèle Kottelat von der glp kandidiert für den Stadtrat. Ihr schreiben die drei angefragten Zuger jedoch keine guten Chancen zu. Andreas Bossard sagt: «Gemäss meiner Einschätzung sind ihre Chancen klein.» Auch weil sie es schon vor vier Jahren versuchte und keinen Erfolg hatte, so Bossard.

Michèle Kottelat (glp)

Michèle Kottelat (glp)

(Bild: www.tomstocker.ch)

Das sehen Vreni Wicky und Joseph Ruckli ähnlich. Die glp habe eine kleine Wählerbasis. Wicky sagt: «Die Partei hat im Kantonsrat nicht einmal eine eigene Fraktion.» Die beiden Bürgerlichen sind aber auch der Meinung, dass Jolanda Spiess diese Basis fehlen werde.

Schliesslich stehen auch noch Zweierkandidaturen im Spiel. Die Parteien FDP, SVP und SP haben neben ihren bisherigen Stadtratskandidaten je eine zweite Person nominiert. Das sind Stefan Moos (FDP), Jürg Messmer (SVP) und Urs Bertschi (SP). 

Stefan Moos (FDP)

Stefan Moos (FDP)

Es stelle sich hier grundsätzlich die Frage, wie clever es ist, bei der Majorzwahl mit einem Zweierticket anzutreten und allenfalls die bisherigen Kandidaten zu gefährden, sagt Vreni Wicky. Sie findet es deshalb «mutig», dass die FDP und die SVP mit zwei Kandidaten antreten. Ruckli sagt auf die Frage, was die Überlegung für das Zweierticket gewesen sein könnte: «Insgeheim erhofft man sich einen zweiten Sitz. Früher hatte die Linke ja jeweils nur einen Sitz. Da besteht nun wieder Hoffnung der Bürgerlichen.»

Parteipolitik ist unerwünscht 

Bossard verspricht sich für die bürgerlichen Kandidaten Moos und Messmer nicht allzu grosse Chancen: «Der bisherige Stadtrat Kobelt ist ein sehr guter Kandidat und hat seit seinem Amtsantritt gute Arbeit geleistet.» Stefan Moos sei zwar GGR Präsident, politisch habe er aber noch keine grossen «Durchbrüche» bewegt.

Jürg Messmer (SVP)

Jürg Messmer (SVP)

Zu Jürg Messmer sagt er: «Ich sehe ihn nicht als Stadtrat, weil man in diesem Amt nicht politisieren kann, wie gerade der Wind bläst.» Parteipolitik sei in der Exekutive nicht erwünscht, so Bossard. 

Dazu, dass die SP mit Urs Bertschi eine zweiten Kandidaten aufstellt, sagt Vreni Wicki: «Ich kann nicht begreifen, dass die SP einen zweiten Mann bringt.» Damit nehme man doch nur Dolfi Müller die Stimmen weg.

Die übrigen Linksparteien waren über die Zweiernomination der SP nicht glücklich. «Es wurde darüber diskutiert, dass es besser wäre, je nur einen Kandidaten zu stellen», sagt Bossard.

Urs Bertschi (SP)

Urs Bertschi (SP)

 Durch die ganze Majorzdiskussion habe die SP dennoch beschlossen, neben Dolfi Müller ein zweites Gesicht zu bringen. Obwohl Bertschi in gewissen Kreisen auch sehr bekannt sei, glaubt Bossard nicht, dass er «eine grössere Durschlagskraft» als Bildungsvorsteherin Vroni Straub entwickeln könne. Wie Michèle Kottelat kandidierte auch Urs Bertschi schon 2010 für den Stadtrat.

Die Bisherigen sind schwer zu stürzen

Und wie steht es um die Bisherigen? «Das Stimmvolk wird sicher einsehen, dass dieser Stadtrat hervorragende Arbeit leistet, sagt Andreas Bossard, «die bisherigen Stadträte und die Stadträtin haben eine grosse Chance, wiedergewählt zu werden. Und zwar alle.» Der Vertreter des Stadtzuger Gewerbes, Josef Ruckli, sähe zwar lieber mehr Vertreter der bürgerlichen Parteien im Stadtrat. Trotzdem schätzt er die Ausganslage der Bisherigen ähnlich ein wie der linke Stadtrat Bossard: «Ich denke Dolfi Müller und Vroni Straub werden wiedergewählt. Auch Herr Kobelt und Herr Wicki können mit einer Wiederwahl rechnen.» Dass Dolfi Müller weitere vier Jahre als Stadtpräsident amten wird, prognostizieren sowohl Bossard als auch Ruckli. «Dolfi Müller ist gesetzt», sagt Bossard, und Ruckli: «Der Stadtpräsident macht seine Sache eigentlich ganz gut.»

Die ehemalige Stadträtin Vreni Wicky von der CVP sieht aber auch anderes Potential: «Wenn die Bürgerlichen wirklich bis zum Wahltag so zusammenhalten wie bis jetzt und im Verein BS14! verbandelt bleiben, dann ist es nicht so sicher, dass Dolfi Müller wieder gewählt wird.»

«Der Stadtpräsident macht seine Sache eigentlich ganz gut.»

Joseph Ruckli, Präsident Gewerbeverein Stadt Zug

Seit vor vier Jahren überraschend eine linke Mehrheit die Stadt Zug regiert, gibt es für die Bürgerlichen nur noch ein Ziel: Sie wollen wieder überhandnehmen. Diesem Ziel hat sich auch der Verein «Bürgerlicher Stadtrat 14!» (BS14!) verschrieben (zentral+ berichtete). Ruckli und Wicky sind beide Mitglied bei BS14!. 

Den Wahlkampf hat der Verein schon lange lanciert: «Gleich nach den letzten Wahlen, als die Bürgerlichen konsterniert waren über die linke Mehrheit, ging der Wahlkampf los», so Bossard, «seither wurde von bürgerlicher Seite alles, das optimal lief, negativ kommentiert». Das, obwohl der heutige Stadtrat sehr gut harmonisiere und hervorragende Arbeit leiste, im Gegensatz zur letzten Legislatur.

Linke Regierung würde das System ändern

Obwohl sich Ruckli eine andere Sitzverteilung wünscht, sagt er zum aktuellen Stadtrat: «In den vier Jahren ist nicht entscheidend viel falsch gemacht worden. Gewisse Dinge hätte man sicher anders machen können, aber in vier Jahren kann man auch nicht alles verändern.» 

Deshalb gelte es nun zu verhindern, dass es mit einem linken Stadtrat weitergeht: «Hätten wir während mehreren Jahren eine linke Regierung, würde sich das System verändern, es gäbe Steuererhöhungen in Zug. Und das wäre nicht gut für die Wirtschaft», sagt Ruckli.

Dass der Stadtrat zum ersten Mal im Majorzsystem gewählt wird, bildet für alle Befragten eine spannende Ausgangslage. Was die Personenwahl für die Zusammensetzung des Stadtrats bedeuten wird, vermögen sie noch nicht abzuschätzen.

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