Vortrag im Neubad zu Chancen und Grenzen der Genetik

Wer darf über lebenswertes Leben bestimmen?

Der Vortrag im Neugarten findet in einer angenehmen und persönlichen Stimmung statt. (Bild: jlu)

Am Donnerstagabend fand auf der Neugarten-Terrasse in Luzern der Auftakt zu einer neuen Vortragsreihe statt. Daniela Ritzenthaler sprach dabei über Möglichkeiten genetischer Untersuchungen vor der Geburt und die damit verbundenen ethischen Fragen.

Zwischen Gemüsebeeten und Blumentöpfen sind etwas erhöht auf einem Podest aus Paletten Klappstühle aufgestellt. Daniela Ritzenthaler steht neben einem Flipchart, auf welchem das Programm des Vortrags steht. Etwas nervös, aber sehr herzlich begrüsst sie die Besuchenden, die nacheinander im Neugarten ankommen. Die Bewässerungsanlage rauscht, während alle gespannt auf den Beginn des Vortrags warten.

Ethische Fragestellungen

Ritzenthaler beginnt mit einer Einführung zur natürlichen Befruchtung und der In-vitro-Fertilisation (IVF) als eine Form der künstlichen Befruchtung. Für beide Formen der Befruchtung gibt es Möglichkeiten genetischer Untersuchungen. Das Untersuchen der Chromosomen oder in selteneren Fällen der Gene, Ultraschall, Bluttests oder invasive Methoden haben zum Ziel, Erkenntnisse über die Entwicklung der befruchteten Eizelle oder des Embryos zu gewinnen.

Der Vortrag im Neugarten findet in einer angenehmen und persönlichen Stimmung statt. (Bild: jlu)

Grundlage für Diskussion

Im Vordergrund stand nicht der biologische Hintergrund der Pränataldiagnostik (PID), den Daniela Ritzenthaler vereinfacht und gut verständlich erklärte. Vielmehr ging es um ethische Fragestellungen. Während die Wissenschaft in rasendem Tempo die Möglichkeiten der Medizin und Genforschung weiterentwickelt, kommt die Ethik kaum nach, über die daraus folgenden Konsequenzen zu diskutieren.

Heilpädagogin und Philosophin

Die aus Bern stammende Daniela Ritzenthaler hat Heilpädagogik und Philosophie studiert. Durch ihre Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung in heilpädagogischen Institutionen wurde sie mit der Frage konfrontiert, inwiefern diese Menschen wirklich über ihr Leben bestimmen können. Die eingeschränkte Selbstbestimmung beginnt beim Menüplan, der vorschreibt, dass es jeden zweiten Montagabend Milchreis gibt.

Heute arbeitet sie als heilpädagogische Lehrerin und moderiert in einem Spital ethische Fallbesprechungen. Das Thema der Pränataldiagnostik (PID), mit welchem sie sich im Rahmen ihres Studiums vertieft beschäftigt hat, taucht dabei immer wieder auf.

Ritzenthaler gibt dafür während und nach ihrem Vortrag Raum. Neugierig stellen die Besucher Fragen und äussern sich zu den Diskussionspunkten, die auf dem Flipchart stehen. Wie weit geht die reproduktive Autonomie der Eltern? Welche Grenzen darf der Staat setzen? Inwieweit darf unsere Generation den Genpool künftiger Generationen vorbestimmen? Diese und andere Fragen führten zu einem spannenden Austausch zwischen Referentin und Zuhörenden.

Was ist ein gutes Leben

Was den Besuchenden wohl besonders bleibt, als sie nach dem Ende des Vortrags den idyllischen Neugarten wieder verlassen, ist, wie die Diversität der Gesellschaft durch den zunehmenden Einsatz der PID abnehmen könnte. Nicht nur die Akzeptanz für alles, was von der Norm abweicht, könnte kleiner werden, wenn vor der Geburt darüber entschieden wird, welches Leben lebenswert ist.

Diese Form der Diagnostik könnte auch zur Folge haben, dass sich die Vielfalt der Eigenschaften der Menschen verkleinert, wenn in den Prozess der natürlichen Entwicklung eingegriffen wird. Ritzenthaler hat damit Gedankengänge ausgelöst, die weit über das eigentliche Thema hinausgehen und uns darüber nachdenken lassen, was denn ein gutes Leben ist.

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