Abwasser-Streit am Pilatus

Wer bezahlt den Scheiss?

Zonenansicht: Das Gasthaus Fräkmüntegg liegt genau auf der Kantons- und Gemeindegrenze zwischen Kriens und Hergiswil. (Bild: Geoportal Kanton Luzern/zentral+ )

Es stinkt zum Himmel am Abhang des Luzerner Hausbergs. Die Gemeinden Kriens und Hergiswil liegen sich in den Haaren. Grund: Die Abwasserleitung vom Gasthaus Fräkmüntegg muss für 1,5 Millionen Franken saniert werden. Zahlen will aber offenbar niemand. Jetzt wird gefeilscht. Droht nun eine Schlammschlacht?

Der Luzerner Hausberg ist ein beliebtes Ausflugsziel. Mit der kürzlich erfolgten Inbetriebnahme der neuen Luftseilbahn «Dragon Ride» ist der Pilatus nochmals eine Spur attraktiver geworden (zentral+ berichtete).

Auf halber Strecke zwischen Kriens und dem Pilatus steht direkt neben der Bahnstation der Gondel- und Pilatusbahn – ausserhalb der Bauzone – das idyllisch gelegene Gasthaus Fräkmüntegg.

Restaurant liegt auf der Grenze

Der grösste Teil der 1955 durch die Pilatusbahnen erbauten Gaststätte steht auf dem Gebiet der Gemeinde Kriens. Lediglich die Terrasse ragt über die Gemeinde- und Kantonsgrenze auf Hergiswiler Boden. Der Stein des Anstosses liegt aber etwas tiefer verborgen. Ein gutes bisschen unter der Erde verläuft nämlich die Abwasserleitung. Nicht, wie die Vermutung nahe legen würde, nach Kriens, sondern nach Hergiswil. Seit nunmehr 50 Jahren tut die Leitung ihren Dienst.

Erneuerte Bahnen und Beizen

Die Fräkmüntegg wurde im Jahre 1954 mit der Gondelbahn Kriens-Krienseregg-Fräkmüntegg durch die ehemalige Kriensereggbahn AG  touristisch erschlossen. 1956 kam die Luftseilbahn von der Fräkmüntegg auf den Pilatus hinzu. Beide Bahnen wurden 1996 und 2015 erneuert. Das im Jahr 1955 erbaute Gasthaus Fräkmüntegg wurde 2014 komplett renoviert. Auf der Fräkmüntegg befinden sich auch der Seilpark und die schweizweit längste Sommerrodelbahn.

Die Zeit und das massive Wachstum der Gästeschar haben allerdings ihre Spuren hinterlassen. zentral+ weiss: Die Leitung, die in der Nähe einer Gewässerschutzzone liegt, muss saniert werden. Die kürzliche Behebung einer Verstopfung durch Bauschutt hatte Mängel ans Licht gebracht. Offenbar ist der Zustand schlecht. Die Sanierung kostet gegen eineinhalb Millionen Franken. 

Hergiswil pocht auf das Verursacherprinzip

Bezahlen soll das die Gemeinde Hergiswil. Doch die will nicht, zumindest nicht alleine. Die Pilatusbahnen und die Gemeinde Kriens sollen die Kosten tragen oder sich zumindest daran beteiligen, fordert der Hergiswiler Gemeinderat und pocht auf das Verursacherprinzip.

In Kriens weiss man davon offenbar noch nichts. Auf Anfrage von zentral+ sagt Matthias Senn, Gemeindeamman von Kriens und Vorsteher des Baudepartements: «Das ist uns neu.» Man habe zwar kürzlich eine Einladung von Hergiswil für eine gemeinsame Sitzung erhalten. Die Traktandenliste habe aber nur «sehr vage» über die Themen Auskunft gegeben, so Senn im Vorfeld des Treffens. «Allfällige Forderungen würden wir auf ihre Rechtsgrundlagen hin prüfen.»

Auf Einladung Hergiswils trafen sich diesen Montagnachmittag Vertreter der beiden Gemeinden und der Pilatus-Bahnen sowie der Umweltämter beider Kantone zu einer gemeinsamen Aussprache. Erkenntnisse stehen noch aus.

Alternativen werden geprüft

Droht nun am Fusse des Pilatus ein langwieriger Rechtsstreit? Für die Klärung der Zuständigkeit im konkreten Fall muss zuerst die Vergangenheit aufgearbeitet werden. Wer hat 1955 die Abwasser-Anschlussgebühren bezahlt? Wohin entrichten die Pilatus-Bahnen als Betreiberin des Restaurants die Abwassergebühren? Gibt es spezielle Unterhaltsvereinbarungen? Gibt es Alternativen zur bisherigen Abwasserentsorgung?

Kartenansicht: Das Gasthaus Fräkmüntegg liegt genau auf der Kantons- und Gemeindegrenze zwischen Kriens und Hergiswil.

Kartenansicht: Das Gasthaus Fräkmüntegg liegt genau auf der Kantons- und Gemeindegrenze zwischen Kriens und Hergiswil.

(Bild: Geoportal Kanton Luzern/zentral+)

Für eine Stellungnahme waren sowohl die Pilatus-Bahnen wie auch die beiden Gemeindepräsidenten Remo Zberg (Hergiswil) und Paul Winiker (Kriens) trotz mehrmaliger Nachfrage bis diesen Montagnachmittag nicht erreichbar.

Grundsätzlich komme für den Unterhalt der Anlage der Leitungseigentümer auf, erklärt Roland Krummenacher, Abteilungsleiter Abwasser und stellvertretender Leiter der Dienststelle Umwelt und Energie (uwe) des Kantons Luzern. «Leitungseigentümerin ist, falls nichts anderes festgelegt wurde, in der Regel der Grundstücksbesitzer, auf dessen Grundstück die Leitung verlegt ist» Das trifft auch im vorliegenden Fall zu: Für die Abwasserleitung vom Fräkmüntegg ist Hergiswil zuständig. Obwohl das Abwasser in Luzern verursacht wird, sind für die Leitung deshalb die Nidwaldner verantwortlich.

Schwieriger Baugrund

Der Kanton sei lediglich für die Aufsicht über die Gemeinden zuständig, heisst es dort. Ausserhalb der Bauzone und speziell in der Nähe von Gewässerschutzzonen würden höhere Anforderungen an Abwasserleitungen gelten als normal, erklärt Remo Kuster, zuständig für Siedlungsentwässerung und Abwasserentsorgung beim Amt für Umwelt (afu) des Kantons Nidwalden. Deshalb seien doppelwandige Rohre zu verwenden. «Grund für die hohen Sanierungskosten der Fräkmünt-Leitung ist sicher auch Lage und die Länge des betroffenen Abschnitts», erwähnt Kuster. Vom Gasthaus Fräkmüntegg bis zum Anschluss Alpgschwänd misst dieser gemäss dem Leitungskataster rund zwei Kilometer. «Zudem ist das Gelände unwegsam», unterstreicht Kuster.

Ausserhalb Bauzone gelten spezielle Vorschriften

Liegenschaften im Bereich der öffentlichen Kanalisation müssen an diese angeschlossen werden. Ausserhalb davon muss die Behandlung des Abwassers gemäss Stand der Technik erfolgen. Landwirtschaftsbetriebe können das häusliche Abwasser zusammen mit der Gülle landwirtschaftlich verwerten. Das aber nur in einzelnen Fällen und sofern Menge und Art der Verschmutzung innerhalb bestimmter Grenzen liegen. Bei nicht landwirtschaftlichen Liegenschaften beurteilt der Kanton individuell die Möglichkeiten der Abwasserentsorgung.

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