Mit Kleinformationen an der Luzerner Fasnacht

Wenn kleine Guuggen grosse Töne spucken

Die «Barfuess-Fäger» überzeugen vor allem mit Individualität und Herzblut.

(Bild: sah)

Mit der Wey-Tagwache wurde diesen Montag der zweite Teil der Luzerner Fasnacht eingeläutet. Neben den grossen «Guuggen» prägen auch die Kleinformationen das Geschehen. Fast 40 von ihnen ziehen während der Fasnacht durch die Luzerner Beizen – mit viel Euphorie, aber meist auch mit schwerem Gepäck.

Neben den grossen «Guuggen» an der Luzerner Fasnacht ertönen immer wieder verhältnismässig leisere Töne aus den Beizen. Die sogenannten Kleinformationen sorgen dafür, dass während der Fasnacht nicht nur auf den Strassen, sondern auch in zahlreichen Lokalen Stimmung aufkommt.

Meist bestehen die Gruppen aus rund zehn bis 20 Personen und sind deshalb kleiner als die üblichen «Guuggen». Wie die «Guuggenmusigen» sind auch die Kleinformationen in ihrer Form und Grösse aber vielfältig. Während die einen stark ihrer grossen Schwester ähneln, sind andere eher wie eine Streetband-Formation organisiert.

Auch an diesem Güdismontag werden viele von ihnen in Luzern zu hören sein. Eine grosse Bühne bot sich ihnen bereits am vergangenen Donnerstag, als sich die rund 40 Luzerner Gruppen am Festival für Kleinformationen im Hotel Schweizerhof versammelten. Es war der Höhepunkt eines Tages, an dem viele seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen waren.

Nach dem Urknall auf Beizentour

«Schmudo», 10 Uhr: Einige Stunden nach der Tagwache finden sich noch immer einige herumirrende verkleidete Gestalten in der Stadt. Nicht mehr ganz so frisch wie vielleicht in der Dunkelheit, sondern eher etwas ausgepowert sitzt hier ein verkleideter Pirat am Strassenrand oder steht dort ein bunter Vogel an einem Stehtischchen – die eine Hand um das Dosenbier, die andere am Tisch festgekrallt.

Doch auch wenn die Stadt nach dem Urknall etwas verschlafen wirkt: Den ganzen Tag durch werden Beizen, Bars und Restaurants von kleineren Musikgruppen, den Kleinformationen, bespielt. So zum Beispiel von den «Schöttschteifägern».

Sie stehen bereits seit sechs Uhr morgens auf den Beinen und klappern verschiedene Luzerner Beizen ab. Im Safari-Look spielen sie – braun oder im auffälligen Tiger- oder Zebra-Look gekleidet – jeweils vier bis fünf Songs und sorgen für Unterhaltung. Um 10 Uhr morgens ist das Publikum zwar nicht mehr ganz so wach, doch immerhin einige wenige Zuhörer halten sich wacker auf den Beinen.

Kleinformationen: Von 6 Uhr bis Mitternacht auf den Beinen

Die meisten sitzen jedoch weiter hinten auf den Festbänken und essen eine Wurst, andere sitzen mit einem Bier etwas weiter vorne. Nur drei Personen stehen unmittelbar vor der Kleinformation und wippen aktiv zur Musik. «Die sind jedes Jahr super», meint eine «peppig»-bunt gekleidete Frau mit Sonnenbrille, offenbar ein grosser Fan der Gruppe.

«Das Ziel ist, bis um Mitternacht durchzuhalten.»

Trompeter bei den «Schöttschteifägern»

«Gestartet haben wir auf dem Sternenplatz», meint einer der «Schöttschteifäger»-Trompetenspieler. Nach dem Auftritt in der «Ente» ginge es dann bei der «Taube» weiter. Das Programm wirkt dicht und ambitioniert, da bleibt gar nicht viel Zeit zur Erholung. «Bis um Mitternacht durchzuhalten, das ist das Ziel», meint der Trompetenspieler weiter. «Ob es alle schaffen, werden wir dann später sehen», sagt er lachend, als er zusammen mit der Gruppe den Saal verlässt.

Trotz noch trägem Publikum scheinen die Musiker selbst bei bester Laune. So auch etwas später im Seebistro Luz. Dort sorgen die «Barfuess-Fäger» für Stimmung und Applaus. Es ist eine kleine Truppe, die etwas anders daherzukommen scheint als die üblichen Formationen. Denn unter anderem sind auch Kinder mit dabei und das Sujet ist nicht auf den ersten Blick erkennbar – jeder trägt einen eigenen kleinen Tisch um seine Hüfte, der jeweils individuell gestaltet ist. Mal ist ein Festmahl darauf abgebildet, mal wurde der Tisch wie eine Verkaufsfläche mit kleinem Krimskrams dekoriert.

11 Kilo auf den Schultern

«Unser Sujet ist etwas abstrakt», meint einer der Sousaphon-Spieler im potenten Muskelanzug. Zwar sei besonders am Abend ein Durchkommen mit der sperrigen Verkleidung teilweise schwierig, doch durch die individuelle Gestaltung könne jeder seiner Kreativität freien Lauf lassen. Sein Tisch sei jedoch das kleinere Problem «Das Ding hier wiegt ungefähr elf Kilogramm», meint der Sousaphon-Spieler des Weiteren und zeigt auf sein Instrument. Auch er wird seines bis spät am Abend auf den Schultern tragen.

Die «Barfuess-Fäger» bringen ordentlich Stimmung in die Stube.

Die «Barfuess-Fäger» bringen ordentlich Stimmung in die Stube.

(Bild: sah)

Auf die Frage, weshalb denn bei ihnen niemand barfuss unterwegs sei, wenn sie doch «Barfuess-Fäger» heissen, verweist er auf den Ursprung der Kleinformation. Die Gruppe sei im Jahr 1961 von Fasnächtlern aus der Jungwacht und anderer Pfarreiorganisationen der Pfarrei Sankt Maria (Barfüesser) gegründet worden, meint er. «Diese sind halt oft barfuss unterwegs gewesen.» Doch ausser den Namen habe die heutige Gruppe wohl nicht mehr allzu viel mit der ursprünglichen Formation zu tun, so der Sousaphon-Spieler.

Mit ihrem Auftritt bringen die «Barfuess-Fäger» vor dem «Luz» vis-à-vis vom Bahnhof ordentlich Stimmung in die Bude. Vielleicht liegts am schönen Wetter, vielleicht auch daran, dass immer mehr Leute aus dem Bahnhof an die Fasnacht strömen – die Leute fangen zu tanzen an. Nach wenigen Songs zieht die Kleinformation jedoch weiter, und zwar in Richtung «Hotel des Alpes».

Clowns und Unterwassermenschen tanzen zu Nena

Doch nicht nur am Bahnhof, auch der Reuss entlang zeigt sich die Bahnhofstrasse wieder wachgeküsst. Verkleidete, pinke Häschen und Einhörner oder eine Gruppe aus Big Lebowskis tummeln sich der Bahnhofstrasse entlang und wackeln mit Füssen, Händen und Hüften.  

Während zu O-zone, Rihanna oder zu abgefahrenem Techno getanzt wird, geht’s im Restaurant Ente in die nächste Kleinformationsrunde. Obwohl hier Kleinformation wohl der falsche Ausdruck ist, denn mit den vielen Mitgliedern füllen die «Räbedibäms Hoftere» schon fast den halben Saal. «Wir haben Glück gehabt, neben all den Guuggen ein Plätzli zu finden», meint einer der Posaunisten kurz vor dem Auftritt. Denn als «Ländler» sei es sonst nicht so einfach, sich hier zu behaupten.

Schon alleinig durch die vielen Mitglieder der «Räbedibäms» ist so manche Beiz schnell gefüllt.

Schon alleinig durch die vielen Mitglieder der «Räbedibäms» ist so manche Beiz schnell gefüllt.

(Bild: sah)

Das Publikum, bestehend aus mehreren Clowns und vielen Unterwassermenschen, tanzt wenig später und johlt zu Nenas Hit «Irgendwie, irgendwo, irgendwann» oder zu Gabriela Cilmis «Sweet about me».

Doch auch hier ist nach wenigen Songs der «Gspass» vorbei und die Leute geben sich nach dem musikalischen Intermezzo wieder voller Inbrunst dem Biertrinken hin – denn dies scheinen, direkt nach der Musik und der Kultur versteht sich, an der Fasnacht alle am liebsten zu tun.

Hier einen kurzen Einblick in den Auftritt der «Barfuess-Fäger» am Schmutzigen Donnerstag:

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