Luzerner setzt auf Bauernhof-Ferien

Wenn das Landleben ruft: Am Hofleben schnuppern ist in

Der Bio-Hof von «Bauer Fritz» in Rickenbach ist idyllisch. (Bild: zvg)

Schlafen im Stroh, im Stall mithelfen und hofeigenes Gemüse essen: Immer mehr Bauern öffnen ihre Höfe, in der Zentralschweiz boomen Ferien auf dem Bauernhof. «Bauer Fritz» aus Rickenbach bewirtet mehrere hundert Gäste pro Jahr. Sein Erfolgsrezept: persönlicher Kontakt.

«Letztes Jahr besuchten wir gleich zweimal den Hof von Fritz und Janine. Das erste Mal waren wir zwei Familien, beim zweiten Besuch feierten wir den Geburtstag meiner Mutter. Es hat uns von Anfang an sehr gut gefallen», schwärmt Denise Schenk.

Die Herzlichkeit und die Gastfreundschaft überzeugten die Baslerin. «Wir fühlten uns sofort wie zu Hause, weil alles so unkompliziert war. Zudem kochen sie fein und der Hof ist wunderschön gelegen. Die Kinder konnten Zeit mit den Tieren auf dem Hof verbringen und sich auch sonst mit allerlei Dingen beschäftigen. Toll ist auch, dass es nur eine Stunde von Basel entfernt liegt.»

Fritz Neuenschwander schmunzelt ob dieser Lobeshymne. «Das ist das Schönste: Wenn die Gäste Spass haben und vielleicht sogar wiederkommen. Dafür lohnt es sich.» Einmal sei eine Familie hier gewesen, die auf der Durchreise nach Italien war. «Die Kinder wären lieber geblieben und hätten die Sommerferien hier verbracht. Schön, nicht?»

Die Welt auf den Hof bringen

Ganz abwegig ist die Idee nicht, schliesslich ist der Hof im luzernischen Rickenbach traumhaft gelegen mit einer prächtigen Aussicht, grossem Spielplatz und einem kleinen Swimmingpool. Was will man mehr?

Fritz Neuenschwander lächelt abermals, mit einer Mischung aus Stolz und Verlegenheit. Seit bald 30 Jahren bieten er und seine Frau Janine Ferien und Events auf dem Hof an – bereut haben sie es bis heute nie. «Damals waren unsere Kinder klein und wir hatten den Hof, konnten darum kaum weg. Also haben wir uns gesagt: Dann bringen wir die Welt halt zu uns.» Gesagt, getan.

Jöh-Effekt inklusive: Ferien auf dem Bauernhof. (Bild: zvg)

Inzwischen dürfen Gäste alles Mögliche erleben beim «Bauer Fritz»: Im ehemaligen Jungviehstall können bis zu 15 Personen im Stroh übernachten, zwei Tipis für Gruppen stehen bereit. Zudem gibt es im Bauernhaus eine Ferienwohnung und verschiedene Dachzimmer. In einem Anbau befindet sich der Partyraum, wo den Gästen auch das Frühstück mit hofeigenen Zutaten serviert wird.

Bio-Hof, Sonnen- und Windenergie

Vor zwei Jahren hat der 60-jährige Fritz Neuenschwander den Bio-Hof seinem Sohn übergeben. Er hat rund 30 schottische Hochlandrinder und betreibt Ackerbau, wo er unter anderem Dinkel, Winterhafer, Mais oder Gerste anbaut. Das Gemüse für die Gäste stammt mehrheitlich aus hofeigenem Anbau. Fritz Neuenschwander produziert zudem kaltgepresstes Raps- und Sonnenblumenöl. Solarpanels auf dem Dach und ein Windrad erzeugen mehr Strom, als auf dem Hof benötigt wird. «Darum haben wir zwei Elektroautos im Einsatz», erzählt er stolz.

Der Agrotourismus läuft gut, sogar sehr gut. «Wir sind in den Sommermonaten bis zu 90 Prozent belegt, mehr schaffen wir nicht.» Im Winter nehmen sie es etwas ruhiger, aber auch dann ist einiges los: Im Eventlokal finden Seminare, Workshops und viele Familienfeste statt. Die Gäste können dabei aus einer Reihe Menüs das Passende zusammenstellen – das Catering mit allem Drum und Dran übernimmt dann das Team von Bauer Fritz. Auch die Feriengäste werden bekocht, das Bauernfrühstück ist inbegriffen, auf Wunsch gibt es für die Gäste auch Abendessen.

«Die Angebote im Agrotourismus nehmen im Kanton Luzern und in der ganzen Zentralschweiz zu.» 

Stefan Heller, Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband

Erlebnisangebote auf Bauernhöfen in der Zentralschweiz erfreuen sich grosser Beliebtheit, das bestätigt Stefan Heller, Geschäftsführer des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands: «Die Angebote im Agrotourismus nehmen im Kanton Luzern und in der ganzen Zentralschweiz generell zu. Vor allem in den Bergkantonen gibt es vermehrt Bauernfamilien, die Freizeit- und Ferienangebote zur Verfügung stellen.»

Was fasziniert die Menschen am Leben auf dem Bauernhof? «Für viele Familien ist es spannend, so einen Einblick in die Welt der Landwirtschaft zu erhalten und in direkten Kontakt zur bäuerlichen Bevölkerung treten zu können.» Das sieht auch Fritz Neuenschwander so. Viele Menschen hätten heute wenig Ahnung von der Landwirtschaft und keine Vorstellung, wie die Nahrungsmittel hergestellt werden.

Sogar Didier Cuche war schon auf Besuch

Das wichtigste sei der persönliche Kontakt, betont Fritz Neuenschwander. Der sei von Anfang an zentral. «Darum haben wir keine Buchungsplattform, meist können wir schon per Mail oder am Telefon mit den Gästen in Kontakt treten.» Das hilft, falsche Erwartungen und Missverständnisse im Voraus zu klären. «Es gab auch schon Gäste aus Indien, die etwas erstaunt waren, dass ihr Bett aus Stroh war», sagt der Landwirt und lacht. In einem Fall habe er die verdutzten Gäste dann spontan in den Gästezimmern unterbringen können.

«Am wichtigsten ist, Spass am Kontakt zu Menschen zu haben.»

Bauer Fritz

Fritz und Janine pflegen mit allen Besuchern einen persönlichen und herzlichen Austausch, sie nehmen sich viel Zeit für Gespräche. «Für uns ist das auch sehr interessant. Wir haben so viele verschiedene Menschen zu Besuch, unter anderem sogar aus China und Indien, die unterschiedlichsten Charaktere.» Viele Gespräche gehen ins Persönliche. Er und seine Frau erzählen von ihrem Leben als Bauern, und so manch ein Gast berichtet von seinen Sorgen und Nöten. «Daraus entstehen spannende Begegnungen. Manchmal entwickeln sich daraus Freundschaften.»

Zwischen 6000 und 8000 Menschen begegnet er pro Jahr auf dem Hof, auch bekannte Persönlichkeiten wie der ehemalige Skistar Didier Cuche waren schon zu Besuch. Der Bereich Agrotourismus ist für den Rickenbacher Hof denn auch eine beträchtliche Einnahmequelle und ein fester Bestandteil des Betriebskonzepts.

Zum Hof in Rickenbach gehören auch zwei Tipis. (Bild: zvg)

Aber die Bewirtung und Betreuung der vielen Gäste kostet Kraft und Energie. Darum brauchen er und seine Frau auch mal Ferien, um Abstand zu gewinnen. Allerdings: Ganz abschalten können Fritz und Janine nicht, auf den Reisen holen sie sich Inspirationen für die eigenen Angebote. Auf einer Kreuzfahrt haben sie etwa kürzlich gesehen, wie die Kellner die Tische mit Stoffhandschuhen deckten und damit das Besteck auf Hochglanz polierten. «Das machen wir seither auch so. Solche Dinge sind manchmal das Pünktchen auf dem i», ist er überzeugt.

Allerdings weiss er, dass die Gäste nicht deswegen zu ihm kommen. «Am wichtigsten ist, Spass am Kontakt zu Menschen zu haben. Dann ist es sowohl für uns als auch für die Besucher eine schöne Sache.» Das kann Denise Schenk aus Basel nur bestätigen: «Es ist so nah – und doch hat man sofort ein Feriengefühl auf dem Bauernhof.»

Wo es Erlebnisse auf dem Bauernhof gibt:

  • Brunnen, Schlafen im Stroh: Auf dem Hof Chlosterhof kann man bei der Familie Bucheli im Stroh schlafen, Tiere streicheln, Frühstücken, Trampolinspringen und vieles mehr.
  • Kerns, Erlebnisbauernhof Weid: Übernachten im Stroh und auf Matratzen mit Buurezmorge bei Hansueli und Edith Spichtig in Kerns, angeboten werden unter anderem auch Schatzsuche und Spieleparcours oder Mithilfe im Betrieb.
  • Neuenkirch, Wohnen im Baumhaus: Schlafen hoch oben im Wurzelbaumhaus bei der Familie Lustenberger und Wechsler in Neuenkirch. Speziell: Grusellabyrinth und Schatzsuche.
  • Luthern, Bäuerlicher Alltag: Bei Franz und Marianne Kreienbühl auf dem Archehof Russberg in Hofstatt bei Luthern im Napfgebiet kann man Spielen, Tiere streicheln und den bäuerlichen Alltag erleben.
  • Schongau, Lama-Trekking: Ganz- oder Halbtagestouren mit Lamas bei Franz und Jolanda Kottmann in Schongau im Luzerner Seetal. Auch Vollmondwanderungen und kombiniert mit Schlafen im Stroh.
  • Sörenberg, Erlebnis auf dem Bauernhof: Ferienwohnungen, Barfuss durchs Moor laufen, Hofführungen und Bauernhoferlebnisnachmittage bei Petra und Christian Schnider auf dem Birkenhof in Sörenberg.
  • Isenthal, Hoch oben über dem Tal: Schlafen im Stroh oder im Bauernhaus bei Toni und Käthy Furrer-Gisler auf dem Hof Kneiwies im urnerischen Gitschenen auf 1600 Meter. Viel Natur und jede Menge Tiere zum Streicheln.

Dieser Beitrag stammt von Robert Bossart und ist zuerst im Magazin «Echt» erschienen.

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