Nasso Gemsch steht vor dem Zuger «Chicago»

Welcher Abend für einen Türsteher gar nicht geht

Cheftürsteher Nasso Gemsch hat mit seinen Männern im «Chicago» die Sache im Griff.

(Bild: woz)

Türsteher sind bullige Typen ohne Herz. Sie schlagen sofort zu, wenn ihnen einer in die Quere kommt. Oder wenn ihnen ein Gesicht nicht passt. So und ähnlich lauten Klischees, wenn man an jene Aufpasser vor Nachtclubs und Bars denkt. Wer sich mit Nasso Gemsch, dem Cheftürsteher der Zuger «Chicago-Bar» trifft, wird eines Besseren belehrt.

 

Er sitzt locker an einem Bistrotisch im Zuger «Chicago». Es ist Freitagabend, kurz nach 20 Uhr. Noch ist nicht viel los in der Bar. Die ersten Besucher tröpfeln noch etwas scheu durch die Drehtür. Draussen vor der Tür kippt Nassos Türsteher-Kollege den vielen Regen vom Sonnenschirm. Drinnen hantiert Barbesitzer Nikolaos Roditis gerade an der Anlage herum und macht einen kleinen Soundcheck. Es herrscht eine fast paradiesische Ruhe. Man kann sich eigentlich kaum vorstellen, dass es hier für einen Türsteher viel zu tun gibt.

«95 Prozent meines Jobs ist reine Kopfsache», sagt Nasso Gemsch plötzlich aus dem Halbdunkel. Wer den 42-jährigen Familienvater, der aus Zimbabwe stammt und seit 15 Jahren in Zug lebt, anschaut, kann das zunächst gar nicht glauben. Denn was man da sieht, ist ein Muskelpaket mit mächtigen Oberarmen und dem Brustkorb eines Profiboxers. Und wenn er seine Augen zusammenkneift, kann er auch richtig böse schauen.

«Mein Job ist es, die Leute vor sich selbst zu schützen.»

Nasso Gemsch, Cheftürsteher in der Zuger Chicago-Bar

Doch wer mit dem Cheftürsteher nur zwei Minuten spricht, fühlt sich irgendwie sofort geborgen.

«Mein Job ist es, die Leute vor sich selbst zu schützen», sagt er mit ruhiger Stimme. An einem Freitag oder Samstag würden zwischen 200 und 550 Personen im Verlauf des Abends ins «Chicago» kommen. Und wenn jemand betrunken sei, dann habe sich diese Person eben oft leider nicht mehr unter Kontrolle.

Hier vor der Tür der Zuger Chicago-Bar arbeitet Nasso Gemsch mit seinen Mannen.

Hier vor der Tür der Zuger Chicago-Bar arbeitet Nasso Gemsch mit seinen Mannen.

(Bild: zvg)

Wobei Nasso mit betrunken meint, dass jemand nicht mehr gehen könne, schwanke, seine Körperbewegungen nicht mehr unter Kontrolle habe. Oder der plötzlich eine Frau angrapsche. «Wenn ich so jemanden im Lokal sehe, dann spreche ich ihn an. Ich schlage ihm vor, nach draussen zu gehen und frische Luft zu schnappen. Hat sich sein Zustand danach verbessert, lasse ich ihn wieder rein – wenn nicht, schicke ich ihn nach Hause.»

Hauptberuflich bei Maserati in der Werkstatt tätig

Klar, Nasso muss angesichts seiner austrainierten Statur als Kampfsportler nicht fürchten, dass sein Wort kein Gewicht hat. Nasso war immerhin schon schweizerischer Meister im Thaiboxen und hat den schwarzen Gürtel im Taekwondo.

Und trotzdem betont er in fast jedem Satz, dass für ihn Gewalt gegen eine Person nur das allerletzte Mittel ist, um einen Konflikt zu lösen. «Man muss immer reden. Reden bringt eigentlich viel mehr als Gewalt», ist Nasso überzeugt. Reden auf der Basis von gegenseitigem Respekt. Sagts und lächelt sanft. In Zürich gehe es wesentlich härter zu.

«Wir lösen uns immer nach einer Stunde ab, dann bleibt man konzentrierter.»

Nasso Gemsch, ehemaliger Kampfsportler

Eine Strategie, die sich laut Nasso Gemsch auszahlt, seit dem er die Verantwortung für die Sicherheit im «Chicago» mit seinen insgesamt sieben Kollegen übernommen habe. Diese arbeiten jeweils zu dritt freitags und samstags von 21 bis 4 Uhr morgens. Zwei Türsteher sind stets draussen am Eingang, einer hält sich zur gleichen Zeit in der Bar auf.

«Wir lösen uns immer nach einer Stunde ab, dann bleibt man konzentrierter», erklärt der sympathische Türsteher, der natürlich im Dienst keinen Tropfen Alkohol zu sich nimmt. Wobei er generell nicht viel trinkt, geht er doch dreimal pro Woche zwei Stunden lang ins Krafttraining. Hauptberuflich arbeitet der Familienvater übrigens als Werkstattleiter bei Maserati in Cham.

An der Bar im «Chicago»: Nasso Gemsch.

An der Bar im «Chicago»: Nasso Gemsch.

(Bild: woz)

Pro Abend gebe es im Schnitt fünf bis zehn Betrunkene. «Wir verwarnen die Leute dreimal, bevor wir sie nach Hause schicken, wenn sie sich nicht normal verhalten.» Hin und wieder würden auch Hausverbote ausgesprochen. «In den vergangenen vier Jahren, seit denen ich hier arbeite, ist es vielleicht zu zehn Hausverboten gekommen, die dann zumeist drei Monate lang dauern», sagt Nasso. Nicht viele eigentlich.

Es kommt auch zu Schlägereien

Nasso verschweigt nicht, dass es manchmal auch zu Schlägereien kommt. Aber eher selten. «Da muss man dann sehr schnell eingreifen, weil die Gewalt oft nicht länger als 30 Sekunden dauert», erklärt der «Chicago»-Türsteher. Wenn sich jemand von vorneherein aggressiv zeige, betrunken sei, oder sich weigere auszuweisen, lasse man so jemanden erst gar nicht in die Bar.

«Wir Türsteher kennen rund 80 Prozent unserer Besucher, und es ist schön, wenn man auf der Strasse gegrüsst oder angesprochen wird», erzählt Nasso weiter. Und die allermeisten Besucher seien absolut friedlich. Viele Schweizer aus allen Schichten kämen ins «Chicago». Aber auch viele andere Nationen. «Zu uns darf jeder kommen. Jeder hat eine Chance.»

«Also, wenn jemand Angst hat, muss er diesen Job wirklich nicht machen.»

Nasso Gemsch, Familenvater

Aber hat er nicht mal Angst bei seinem Job? Und warum macht das Nasso, der früher als Security im bewaffneten Personenschutz tätig war, überhaupt, wenn er doch so einen guten Beruf hat? «Also, wenn jemand Angst hat, muss er diesen Job wirklich nicht machen», sagt Nasso und lächelt. Er empfindet seine Arbeit aber eher als Ausgleich: «Ich helfe einfach gerne.»

Und was sagt der Familienvater abends zu seinen neunjährigen Zwillingen, bevor er aus dem Haus geht, um als Türsteher zu arbeiten? «Ich sage zu Ihnen, ich muss Leute schützen.» Für ihn sei es dann immer ein «super Abend», wenn alle gesund nach Hause gehen. «Und wir haben viele super Abende», sagt Nasso. Man glaubt es ihm sofort.

Nur einen Abend im Jahr mag Nasso überhaupt nicht als Türsteher. «An Silvester sind viele Leute irgendwie schlecht drauf. Und nicht selten dreht dann einer durch.»

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