Irrtum zwischen Trainer und Verein hatte System

Weiler & FCL: Zwei Verzweifelte, die zum Scheitern verurteilt waren

FCL-Sportchef Remo Meyer (links) bei der Vorstellung von René Weiler im letzten Juni: Es war eine Liaison, die keine Chance auf gutes Gelingen hatte.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Mit der Vorstellung von Thomas Häberli als neuem FCL-Trainer wird das gut sieben Monate dauernde Kapitel mit René Weiler geschlossen. Es war mehr als bloss ein Missverständnis. Weil es viel aussagt über die Funktionsweise des Klubs, seines Sportchefs Remo Meyer und des gescheiterten Trainers. Eine Einschätzung.

Um zu verstehen, wie zwischen dem FC Luzern, Meyer und Weiler alles den Bach runterging, ist ein Blick zurück unabdingbar. Im Juni letzten Jahres schlossen sie eine Liaison, wie es nur zwei augenscheinlich Verzweifelte tun können. Weder der eine noch der andere hätte sie eingehen dürfen, weil es dafür keine gemeinsame Basis gab. Deshalb war die Zusammenarbeit von Beginn weg zum Scheitern verurteilt.

FCL-Sportchef Remo Meyer hatte im letzten Sommer seinen Erfolgstrainer nach bloss einer halben Saison verloren. Gerardo Seoane bekam eine Anstellung bei Meister YB. Und der talentierte Stammgoalie Jonas Omlin fand in Basel eine neue Anstellung; Hekuran Kryeziu, das defensive Gewissen der Luzerner, in Zürich. Die Euphorie rund um den FCL nach dem Sturmlauf von Platz 9 auf 3 war schnell Volkes Zorn gewichen.

In dieser Situation sah sich Meyer gezwungen, einen neuen Trainer zu präsentieren, der einen Namen hat. René Weiler, der im Mai 2017 belgischer Meister mit Anderlecht geworden und im folgenden Herbst gefeuert worden war, kam ihm da gerade recht.

Nur ein stabiles Umfeld erträgt Weiler

Weiler seinerseits hätte seinen gut dotierten Vertrag mit Anderlecht bis in diesen Sommer aussitzen können. Aber für die eigene Karriere wäre das nicht ratsam gewesen. Für gutes Geld hätte er im Verlauf des letzten Jahres auch Cheftrainer von Al-Shabab in Saudi-Arabien werden können oder aber Assistent des in Deutschland hoch angesehenen Lucien Favre bei Borussia Dortmund. Doch das entsprach nicht dem Selbstverständnis eines Fussball-Lehrers, dem eine Neigung, sich latent selbst zu überschätzen, nicht abzusprechen ist.

Geradezu kurios mutet indes an, dass Weiler in seiner bisherigen Trainerkarriere noch nie in einem Verein mit einem stabilen Umfeld gearbeitet hat. Ein solches hatte er nicht beim FC Aarau (2011 bis 2014), nicht beim 1. FC Nürnberg in der 2. Bundesliga (2014 bis 2016), nicht in Anderlecht und erst recht nicht in Luzern. Dabei vermag wohl bloss ein stabiles Vereinsumfeld einen so fordernden, selbstbewusst auftretenden und direkt kommunizierenden Trainer wie Weiler zu ertragen.

Meyer hätte diese Eselei nicht passieren dürfen

Als es im Juni 2018 darum ging, eine unselige Allianz zu besiegeln, wähnte sich der schlaue Winterthurer in der stärkeren Verhandlungsposition als FCL-Sportchef Remo Meyer. Und das wusste der 45-Jährige für sich und sein Portemonnaie zu nutzen. Weiler unterschrieb einen Dreijahresvertrag zu einem Salär von rund einer halben Million Franken pro Jahr und liess sich erst noch eine einseitige Ausstiegsklausel nach der ersten Saison festschreiben. Eine Eselei, die Meyer nicht hätte unterlaufen dürfen.

Keine Frage: Die siebenmonatige Geschichte mit dem FC Luzern tut auch der Reputation Weilers nicht gut. Aber zumindest ist dessen Einkommen für die nächsten zweieinhalb Jahre gesichert. Weiler ist der Profiteur einer grundlegenden Fehleinschätzung, der FCL zahlt sie (zentralplus berichtete).

Für dieses Kader braucht es einen Motivator

Das Ganze nun einfach als Missverständnis abzutun, wie es nun der mit der Entlassung Weilers unter Druck geratene Meyer und sein Arbeitgeber versuchen, greift zu kurz. Vielmehr handelte es sich um einen Irrtum mit System.

Der FC Luzern ist aktuell ein Verein ohne verlockende Perspektive. Es gibt nicht einen talentierten Spieler im Kader, für den sich ein Besuch der Swissporarena lohnen könnte. Zwar verfügt der FCL mit einem Blessing Eleke, einem Ruben Vargas, einem Silvan Sidler, einem Idriz Voca oder einem Filip Ugrinic über junge Spieler – aber gleichzeitig auch mit überschaubarem Talent. Der Rest des Kaders besteht mehrheitlich aus Spielern, die im Herbst ihrer Karriere stehen: Goalie David Zibung, Christian Schwegler, Claudio Lustenberger, Christian Schneuwly oder auch Pascal Schürpf.

Um aus dieser Kaderstruktur das Optimum herauszuholen, braucht es einen Motivator als Übungsleiter. Einen, der die Spieler täglich viel besser redet, als sie es jemals waren. Doch Weilers Ansatz zur Zusammenarbeit mit der Mannschaft war ein anderer: Er verstand sich als Lehrer, der jeden einzelnen in der täglichen Arbeit besser machen wollte. Und das wohl mit gnadenlos ehrlichen Einschätzungen zum aktuellen Leistungsvermögen. Es konnte nicht gut gehen.

FCL-Führung fehlen Realitätssinn und Demut

Meyer und Weiler weisen in ihrem Wesen und Wirken aber durchaus Parallelen auf. Bevor ihre unheilvolle Zusammenarbeit begann, wurden beide in der Öffentlichkeit höher bewertet, als es ihrem tatsächlichen Können entspricht. Und beide leiden sie gewiss nicht unter Selbstunterschätzung.

Letzteres trifft aber auch auf den FC Luzern und seine seit Jahren in der Kritik stehende Führung zu. Bei Lichte besehen ist der FC Luzern in der Super League ähnlich zu positionieren wie der FC Thun. Beide Klubs sind stets knapp bei Kasse und haben kaum Perspektiven auf eine erfolgreiche Zukunft. Doch pflegen die Thuner in der Regel viel mehr aus ihren bescheidenen Möglichkeiten herauszuholen. Weil sie eine Strategie haben und diese auch umsetzen.

In den Köpfen der FCL-Macher hat es hingegen keinen Platz für Realitätssinn. Folglich fehlt die Demut. Weil darüber hinaus ein fähiges Scouting auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene seit Jahren ein Fremdwort ist, sind echte Perspektivspieler im FCL zu einer absoluten Rarität geworden. Dennoch definieren sich die Luzerner im Gegensatz zu den Berner Oberländern über Titelgewinne  – und verpulvern vor diesem Hintergrund ihr Geld mit Trainerentlassungen, die bloss eine Frage der Zeit gewesen sind.

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