Zuger Regierungsrätin fordert Fingerspitzengefühl

Weichelt will den Kanton bremsen: «Keine neuen Grossbaustellen»

Frau Landammann Manuela Weichelt.

(Bild: fam)

Es ist nicht die Zeit für neue Projekte. Das sagt die neue Frau Landammann Manuela Weichelt. Stattdessen müssten die grossen Aufgaben in aller Ruhe bewältigt werden, die im Kanton anstehen. Eine davon braucht offenbar besonderes Fingerspitzengefühl.

Seit Januar hat Zug eine «Frau Landammann» (zentralplus berichtete). Manuela Weichelt sagt im Interview, weshalb sie den Fuss vom Gaspedal nehmen will und weshalb sich der Regierungsrat zusammenraufen müsse.

zentralplus: Sie haben nun Ihre ersten Regierungsratssitzungen als Frau Landammann hinter sich. Hatten Sie einen guten Start im neuen Amt?

Manuela Weichelt: Einen sehr guten. Ich habe, wie es üblich ist in diesem Amt, an der ersten Sitzung meine Antrittsrede gehalten, und danach sind wir zur Tagesordnung übergegangen. Es gibt viel zu tun.

zentralplus: Sie haben bei Ihrer Antrittsrede im Kantonsrat etwas Interessantes gesagt: Ihr Ziel als Frau Landammann sei es, das Tempo der Regierung zu drosseln. Was bedeutet das konkret – und wieso wollen Sie drosseln?

Weichelt: Der Kanton Zug hat ein enormes Wachstum erlebt und in den letzten Jahren auch ein sehr grosses Tempo in der Politik erfahren. Es ist wichtig, dass wir nun den Fuss ein wenig vom Gaspedal nehmen und die wichtigen Projekte, die anstehen, in Ruhe bearbeiten und zu Ende führen. Das darf auch etwas länger dauern, wenn die Vorlagen dafür so umgesetzt werden, dass wir Mehrheiten damit finden. Und es ist auch wichtig, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht noch mehr Grossbaustellen eröffnen. Konsolidierung ist angesagt.

«Wenn man versucht, so eine Vorlage durchzuboxen, dann läuft man Gefahr, das Gegenteil zu erreichen.»

Manuela Weichelt, Direktorin des Innern und Frau Landammann

zentralplus: Hat die Niederlage an der Urne beim Sparpaket der Regierung einen Schock versetzt? Will man darum jetzt kürzertreten?

Weichelt: Die Regierung war vom Nein nicht wirklich überrascht. Das Paket ist sehr gut durch den Kantonsrat gekommen, aber das Nein an der Urne hat sich abgezeichnet. Aber auch da muss der Regierungsrat nun in aller Ruhe klären, was genau die springenden Punkte waren, die auf Ablehnung gestossen sind. Das kann man nicht einfach schnell durchdrücken. Wenn man versucht, so eine Vorlage durchzuboxen, dann läuft man Gefahr, das Gegenteil zu erreichen. Wir müssen uns nun die Zeit nehmen, die Situation gründlich zu analysieren, und auf eine mehrheitsfähige Lösung hinarbeiten.

zentralplus: Die politische Hektik der letzten Jahre hat wohl auch mit dem finanziellen Druck zu tun: Der Schock der Defizite, die den Kanton seit 2012 heimsuchen, ist noch nicht überwunden. Gibt es da überhaupt Spielraum für langsameres und behutsameres Agieren?

Weichelt: So überraschend sind diese Defizite nun auch wieder nicht gekommen. Und die Finanzen des Kantons sind mittlerweile wieder auf dem Weg der Besserung. Parlament und Regierung haben dafür schon einiges gemacht. Finanzdirektor Heinz Tännler hat in der Budgetdebatte vom 24. November 2016 erwähnt, dass der Finanzhimmel nicht ganz so düster aussieht, wie es manchmal den Anschein macht. Trotz angespannter Finanzlage müssen wir auch offen sein für Innovationen, die den Kanton weiterbringen.

zentralplus: Und wo konkret möchten Sie drosseln?

Weichelt: Zum Beispiel, indem wir die Vorlage Finanzen 2019 mit einem etwas längeren Horizont umsetzen. Dann sind es halt Finanzen 2020. Dafür haben wir nicht mehr den Druck, zu schnellen Lösungen zu kommen, die womöglich einem Referendum nicht standhalten. Auch bei der Regierungs- und Verwaltungsreform nimmt der Druck ab, nicht zuletzt deshalb, weil die vorberatende Kommission entschieden hat, die Anzahl Regierungsratsmitglieder bei sieben zu belassen, und infolgedessen nur noch eine Verwaltungsreform zu realisieren ist. Aber auch dafür braucht es Fingerspitzengefühl. Immerhin geht es um eine Reorganisation der Direktionen.

zentralplus: Wieso braucht es da Fingerspitzengefühl?

Weichelt: Jeder Regierungsrat hat eine besondere Beziehung zu seiner Direktion und führt sie mit grosser Leidenschaft. Das ist völlig natürlich und auch gut so. Dennoch müssen wir uns im Prozess der Reorganisation etwas zurücknehmen, Distanz zum eigenen «Garten» gewinnen und versuchen, sachlich darüber zu diskutieren. Es gibt verschiedene Varianten für eine Neuverteilung von Aufgaben und Ämtern, welche Sinn machen. Vielleicht müssen wir für diese Reform auch externe Hilfe zuziehen, um eine unabhängige Aussensicht zu erhalten.

zentralplus: Ist der Regierungsrat in seiner jetzigen Zusammensetzung konsensfähig genug, um eine solche Reform anzugehen?

Weichelt: Ja, ich bin überzeugt, dass wir das schaffen. Wir müssen es schaffen.

«Ich wünsche mir eine politische Kultur, in der der Tonfall der Politik gegenüber allen Menschen in unserem Kanton gleich wertschätzend ist, unabhängig vom Portemonnaie.»

zentralplus: Weshalb ist diese Reform so wichtig?

Weichelt: Gespart wird damit zwar nichts. Aber die Arbeitsbelastung und der Einflussbereich der sieben Direktionen sind nicht mehr gleich gross wie zum Zeitpunkt, als diese Direktionen installiert wurden. Da muss man hinter die Bücher und die Aufgaben und Ämter scannen. Zudem könnte es unter Umständen auch sinnvoll sein, eine Präsidialdirektion einzuführen, wie sie auch andere Kantone kennen. Sie könnte Ämter beinhalten, die für alle Direktionen Dienstleistungen übernehmen. Es könnte aber auch eine Möglichkeit sein, dass man zum Beispiel eine «Grüne Direktion» einführt, die alle Bereiche der Umwelt zusammenfasst. All dies soll Gegenstand einer offenen Debatte ohne Tabus sein, die wir im Regierungsrat führen werden.

zentralplus: Sie haben bei Ihrer Antrittsrede noch einen zweiten Punkt erwähnt: Sie wollten den politischen Ton verändern. Haben Sie damit die Diskussionskultur im Regierungsrat gemeint?

Weichelt: Nein, ich habe damit die gesamte politische Tonalität im Kanton gemeint. Ich wünsche mir eine politische Kultur, in der der Tonfall der Politik gegenüber allen Menschen in unserem Kanton gleich wertschätzend ist, unabhängig vom Portemonnaie. C’est le ton qui fait la musique. Und: C’est le ton qui fait la politique.

zentralplus: Wo werden Sie Ihre Schwerpunkte in Ihren zwei Jahren als Frau Landammann setzen?

Weichelt: Es stehen grosse Projekte an wie das Sparpaket 2018, Finanzen 2019, Zuger Finanzausgleich (ZFA) und wie erwähnt die Verwaltungsreform. Gleichzeitig müssen wir aber auch dazu schauen, dass die Lebensqualität im Kanton hoch bleibt: Dass etwa unsere Grünflächen trotz rasantem Wachstum und Bauboom erhalten bleiben, dass sich Menschen mit dieser Dynamik nicht überfordert oder ausgegrenzt fühlen. Und ich werde meinen Fokus auch darauf richten, dass der Kanton das Potenzial an Diversität und Kreativität seiner Bevölkerung noch besser nutzt. Es gibt so viel Engagement und Ideen, die es wert sind, unterstützt, gewürdigt und umgesetzt zu werden. Das hat man in der Zwischennutzung im alten Kantonsspital sehr eindrücklich gesehen und zeigt sich, so hoffe ich, auch im Theilerhaus, das nach vielen Jahren hoffentlich bald aus dem Dornröschenschlaf erwachen wird.

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