«Verfassungsrechtlich problematisch»

Wegen Corona: SVP will die Zuger Regierung entmachten

Das Bundesgericht hat entschieden, dass das Tragen von Schutzmasken nur ein geringer Eingriff in die Grundrechte darstellt. (Bild: (Symbolbild: Unsplash/Nick Fewings))

Nachdem der Kanton Zug im Herbst 2020 in Eigenregie die Maskenpflicht in Läden einführte, will die Zuger SVP der Regierung alle epidemienrechtlichen Kompetenzen entziehen. Diese rechtfertigt ihre Zuständigkeit und lehnt die Motion ab. Der Kantonsrat entscheidet am 30. September darüber.

Die Zuger SVP findet, dass die Regierung «in unverhältnismässiger Weise in die Freiheitsrechte» der Bevölkerung eingreift. Die Fraktion fordert in einem Vorstoss, dass künftig das Parlament über Bekämpfungsmassnahmen gegen Pandemien entscheidet (zentralplus berichtete). Ein derartiger Eingriff in die demokratische Gewaltentrennung wäre ein schweizweites Novum. Wenig überraschend lehnt die Zuger Regierung die Forderung ab, wie sie am Montag publik macht.

Das Anliegen der SVP ist aus Sicht der Regierung «nicht zielführend und verfassungsrechtlich problematisch», wie sie in ihrer Antwort auf den Vorstoss schreibt. Was die SVP verlangt, ist nichts anderes als eine Entmachtung der Exekutive. Der Regierungsrat könnte in Sachen Corona nur noch dann von sich aus tätig werden, wenn ihm das Parlament einen Entscheid ausdrücklich überlassen würde.

Maskenfrage gab den Ausschlag

Nach Willen der SVP würde der Kantonsrat künftig entscheiden, ob beispielsweise Veranstaltungen eingeschränkt oder Schulen geschlossen werden müssten. «Diese Übernahme von Exekutivaufgaben durch die Legislative würde einen deutlichen Eingriff in die Gewaltenteilung bedeuten», schreibt die Regierung. «Die Bekämpfung von Krankheitserregern würde noch stärker politisiert als heute», meint sie.

Zudem seien die parlamentarischen Prozesse nicht darauf ausgerichtet, schnelle Entscheidungen zu treffen. «Es bestünde die Gefahr, dass Massnahmen nicht mehr schnell genug beschlossen oder aufgehoben werden könnten», warnt die Regierung.

Hintergrund der Forderung der SVP ist ein Entscheid der Regierung, die Maskenpflicht in Läden einzuführen. Sie ordnete dies im Herbst 2020 nämlich an, bevor der Bundesrat sich dazu entschlossen hatte. Aus Sicht der SVP war dies nicht verhältnismässig.

Bundesgericht stärkt Zuger Regierung den Rücken

Diesen Vorwurf weist der Regierungsrat zurück. Und verweist hierzu auf verschiedene Bundesgerichtsurteile, die sich inzwischen mit der Maskenpflicht befasst haben. So hatte zum Beispiel der Staatsrat des Kantons Freiburg bereits im August 2020 entschieden, dass Kundinnen in Supermärkten und Geschäften sowie das Servicepersonal in Restaurants und Bars eine Maske tragen müssten.

Das oberste Schweizer Gericht stützte diesen Beschluss der Freiburger Regierung. Aus Sicht des Bundesgerichts ist das Tragen von Masken nach heutigem Kenntnisstand eine angemessene Massnahme, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Eine Maskenpflicht in Supermärkten und Geschäften stelle zudem nur ein geringer Eingriff in die Grundrechte dar.

Da die Anordnung der Freiburger Regierung aus rechtlicher Sicht verhältnismässig war, geht die Zuger Regierung davon aus, dass auch sie ihre Kompetenzen nicht überschritten hat. Zumal sie die Maskenpflicht in den Läden erst wesentlich später anordnete, als die Fallzahlen nach dem Sommer wieder deutlich angestiegen waren.

Der Zuger Kantonsrat diskutiert an seiner nächsten Sitzung am 30. September über die Machtfrage in der Pandemiezeit. Zur Überweisung traktandiert ist ein weiterer Vorstoss der SVP für eine Standesinitiative, um per sofort alle «freiheitseinschränkenden Corona-Massnahmen» aufzuheben (zentralplus berichtete).

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5 Kommentare
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 21.09.2021, 14:44 Uhr

    Haha! Die SVP (Schweizer Verein der Putschisten) entwickelt immer absurdere Ideen zur Umkrempelung des Rechtsstaats: Jetzt soll die kantonale Exekutive bevormundet werden. Ich hätte da noch einen andern bierseeligen Vorschlag für die SVP: Wie wärs mit einer Standesinitiative für die Ersetzung der Corona-Taskforce durch die Freiheitstrychler?

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    mebinger, 21.09.2021, 12:10 Uhr

    Gute Idee. Hysteriker gehen mit Macht nicht gut um.

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    MikeLeon, 21.09.2021, 11:22 Uhr

    Seit Corona habe ich für diese Partei nur noch ein müdes Lächeln übrig.

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    Black Pearl, 21.09.2021, 07:26 Uhr

    In der Praxis schaut es hingegen so aus: Die Impfquote stagniert und die Spitäler sind voll mit Ungeimpften. Nach Verkehrs- oder anderen Unfällen wird es zunehmend schwieriger, überhaupt einen Platz zu finden in einem Spital.

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    Willhelm Tell, 21.09.2021, 06:57 Uhr

    Heuchlerpartei. Je nach Situation haben die Kantone entweder zu wenig oder zu vie Macht, der entscheidende Faktor ist ob die entsprechende Entscheide dem Heuchlergedankengut entsprechen.

    Übrigens, dass es damals noch keine Maskenpflicht gab war ein echter Blödsinn – spätestens im Sommer 2020 gab es schon klare Daten bezüglich Wirksamkeit der Masken.

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