Röbi Koller vermisst das gemeinsame Singen

Wegen Corona: «Ich wünsche uns allen genügend Gelassenheit»

Jeden Freitag in Zug: Fernsehmoderator Röbi Koller (64). (Bild: Loredana Bevilacqua)

Weil Chöre wegen der Pandemie nicht üben können, werden sie schlechter, fürchtet der in Luzern geborene Sänger und Fernsehmoderator Röbi Koller. Gegen die Seuche hat auch er kein Rezept – aber zwei dringliche Wünsche, wie er zentralplus im Interview erklärt.

zentralplus: Waren Sie am Wochenende in den Bergen?

Röbi Koller: Auf den Ski, ja. Wir sind in unserm Ferienhäuschen in Braunwald und ich bin tatsächlich zum dritten Mal in meinem Leben auf den Langlauf-Skis gestanden. Aber Skiterrassen haben wir keine besucht.

zentralplus: Was tun Sie sonst gegen den Corona-Koller?

Koller: Ich bin ja selbst der Koller (lacht). Im Ernst: Ich hoffe natürlich wie alle andern auch auf ein Ende der Pandemie. Aber es bleibt wohl nichts anderes, als cool zu bleiben, geduldig zu sein, sich an dem zu erfreuen, was möglich ist.

zentralplus: Aber Singen würde glücklich machen?

Koller: Mich macht es glücklich und daher habe ich auch immer wieder in verschiedenen Chören gesungen und mich engagiert. Aber gemeinsames Singen ist gegenwärtig nicht erlaubt, auch mit den neusten Lockerungen nicht.

zentralplus: Sie waren Präsident des Zürcher Bach Chors, bei dem Sie immer noch mitsingen. Was bedeutet die Pandemie für Chöre?

Koller: Für Chöre wäre es wichtig, regelmässig zu üben. Ist dies nicht möglich, geht die Routine verloren und die Qualität leidet.

zentralplus: Aber Kulturvereine trifft die Coronakrise weniger stark als die professionellen Kulturschaffenden?

Koller: Natürlich sind die professionellen Akteure ungleich stärker herausgefordert. Aber auch ein Laienchor hat Ausgaben – etwa für die Miete des Übungslokals oder die Bezahlung der Dirigentin oder des Dirigenten. Ein Teil davon wird über Einkünfte gedeckt, die von Auftritten stammen. Fallen diese weg, dann klafft ein Loch in der Kasse.

«Wir benützen nicht nur unsere Augen und Ohren zur Wahrnehmung, sondern alle Sinne.»

zentralplus: Kann virtuelle Kultur – etwa über Streamings – die physischen Auftritte nicht ersetzen?

Koller: Nein, keinesfalls. Natürlich können virtuelle Formate und neue digitale Ideen ein Stück weit einen Ersatz bieten – aber ein gleichwertiges Erlebnis zu einem Live-Konzert sind sie nicht. Denn wir benützen nicht nur unsere Augen und Ohren zur Wahrnehmung, sondern alle Sinne. Die Atmosphäre an einem Kulturevent, die Begegnung mit andern – auch aus dem Publikum – stellt eine ganz andere Qualität dar. Wir brauchen das, denn wir Menschen sind soziale Wesen.

zentralplus: Auch mit dem Verein Zuger Übersetzer konnten sie wegen der Coronakrise keine Publikumsveranstaltungen durchführen.

Koller: Das stimmt, aber dort sind wir von der Pandemie vergleichsweise wenig betroffen. Es gibt zwei Publikumsanlässe pro Jahr: Die Zuger Übersetzer-Gepräche, die im vergangenen November ohne Publikum stattfanden, aber per Podcast nachzuverfolgen sind. Ausserdem die Verleihung des Zuger Übersetzer-Stipendiums und des Anerkennungspreises im Wert von total 60'000 Franken, die für 2021 coronabedingt verschoben wurden.

«Übersetzer sind die letzten in der Nahrungskette des Literaturbetriebs.»

zentralplus: Die hätte doch auch per Video übertragen werden können?

Koller: Das wäre dem ganzen Setting nicht gerecht geworden. Denn das besondere Anliegen des Vereins ist: Wir wollen besonders gelungene Vermittlungsleistungen würdigen. Die Übersetzerinnen und Übersetzer sind die letzten in der Nahrungskette des Literaturbetriebs. Sie wollen wir ins Scheinwerferlicht rücken.

zentralplus: Wie sind sie zu ihrem Mandat im Vorstand des Vereins Zuger Übersetzer gekommen?

Koller: Kurz zur Vorgeschichte: In Zug gabs vor über 25 Jahren die mit einem Stipendium alimentierte Einrichtung eines Stadtbeobachters. Die SVP forderte ihre Abschaffung, weil politisch nicht immer genehm war, was der Stadtbeobachter geschrieben hatte. Darauf schlugen ein paar Kulturschaffende ein Literaturstipendium mit einem ganz anderen Fokus vor. So entstand der Verein Dialog-Werkstatt Zug, der sich auf die Marktlücke konzentrierte, Übersetzungsleistungen zu fördern. Bekannte und Freunde von mir haben sich dort seit Beginn engagiert.

zentralplus: Und so sind Sie reingerutscht?

Koller: Genau, ich wurde angefragt, ob ich im Vorstand mitarbeiten wolle. Das mache ich seit sieben Jahren mit grosser Freude, denn ich bin ja selber zweisprachig aufgewachsen.

zentralplus: Was verbindet Sie sonst noch mit Zug?

Koller: Sehr vieles. Immerhin habe ich hier vom 10. bis 25. Lebensjahr gelebt. Ich habe Freunde hier, meine Familie hat immer hier gewohnt. Meine Mutter ist leider vor einem Jahr gestorben. Aber jeden Freitag komme ich nach Zug, um für meinen Vater zu kochen – und das geniesse ich. Ehrlich gestanden lebe ich aber als öffentliche Person lieber im etwas anonymeren Zürich.

zentralplus: Was ist mit Ihrem Engagement fürs Hilfswerk Comundo?

Koller: Einmal pro Jahr mache ich als ehrenamtlicher Botschafter von Comundo eine Reportage über ein Projekt der Organisation in Afrika oder Lateinamerika. Das muss nun natürlich wegen der Pandemie vorübergehend ausfallen.

zentralplus: Sie sind mit dem Fernseh-Format «Happy Day» aufs Überbringen von guten Nachrichten spezialisiert. Welchen Wunsch hegen Sie selber im Moment?

Koller: Da gibts logischerweise einen: dass die Pandemie vorübergeht und dass wir zum Beispiel bald wieder ein Konzert besuchen oder in einem Restaurant essen können. Bis dahin wünsche ich mir und allen andern genügend Gelassenheit.

Das ist Röbi Koller

1957 in Luzern geboren. Die Familie zog bald nach Lausanne und kam erst nach weiteren Stationen (Genf, Neuenburg) in die Deutschschweiz zurück. Seine Jugend verbrachte Koller in Zug. Er studierte in Zürich Germanistik und begann darauf beim damaligen Piratensender Radio 24 seine journalistische Laufbahn. Später wechselte er als Moderator zu DRS 3 und zum Schweizer Fernsehen. In den vergangenen Jahren hat er sich vermehrt als Buchautor betätigt. Koller ist in zweiter Ehe verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter.

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