Luzerner Spitalköche wollen den WM-Titel

Wegen Amor und den Arbeitszeiten: Vom 5-Sterne-Haus in die Spitalküche

Martin Stadelmann steht in der WM-Uniform hinter dem Herd.

(Bild: les)

Arbeitszeiten sind bei Köchen stets ein grosses Thema. Im Luzerner Kantonsspital verschwindet deswegen die Zimmerstunde nach und nach. Auch dem Foodwaste hat man den Kampf angesagt. Und ein Team misst sich bald an der Weltmeisterschaft in Luxemburg um den Titel der besten Spitalküche. 

Täglich produziert die Küche des Luzerner Kantonsspitals 2500 Mittagessen. Wer jetzt denkt, das stresse den stellvertretenden Küchenchef Martin Stadelmann, täuscht sich. Ganz gelassen stellt er sich vor dem Mittag den Fragen von zentralplus. Denn Stadelmann und sein Team haben dieses Jahr Grosses vor. An der Koch-WM in Luxemburg wollen sie den Titel für die Gemeinschaftsgastronomie ins Luzerner Kantonsspital holen (siehe Box). 

Stadelmann insistiert: «Erwähnen Sie mein ganzes Team. Ohne dieses kann auch ich an der WM nichts reissen.» Zu viert werden die Luzerner Spitalköche Martin Stadelmann, Christina Willi, Tobias Marbet und Gregor Trost in wenigen Stunden 150 Menüs auf den Tisch zaubern. Was gekocht wird, will Stadelmann nicht verraten, weil sonst auch die Gegner Wind von ihren Ideen bekommen könnten. Unterstützt werden die vier Köche von Martina Aregger und Michaela Kammermann.

Das offizielle Teamfoto der Schweizer Delegation.

Das offizielle Teamfoto der Schweizer Delegation.

(Bild: Lukas Bidinger)

Von wegen Kantinen-Flair 

«Das Ziel ist der WM-Titel», sagt Stadelmann ohne zu zögern. Der 36-Jährige hat seine Sporen in der gehobenen Küche abverdient. «Meine Ausbildung machte ich im Viktoria Jungfrau in Interlaken, das damals als bestes Hotel der Schweiz galt.» Später arbeitete er in Fünf-Sterne-Häusern wie dem Palace in Gstaad oder dem Schweizerhof in Luzern. 

Eine total andere Welt als die Spitalküche? «Die Kochprozesse, wenn man für hundert statt vier Personen eine Mahlzeit zubereitet, sind ganz anders.» Ein glasiertes Rüebli in diesen Mengen könne gar nicht klassisch zubereitet werden. Doch von Kantinen-Flair will Stadelmann nichts wissen. Denn im Spital finden auch immer wieder Bankette für bis zu 200 Personen statt. «Dort wird sehr hochstehend gekocht. Etwa, was das Anrichten betrifft oder die Herkunft der Nahrungsmittel.» Logischerweise kann da auch mehr Wert auf Details gelegt werden. Die Spitalküche hatte vielleicht früher einen schlechten Ruf, doch davon könne heute keine Rede mehr sein. 

Martin Stadelmann zaubert eine Mahlzeit:

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Insgesamt arbeiten in der Küche, den Restaurants und im Abwasch am Standort Luzern 125 Personen. Davon 26 ausgebildete Köche oder Diätköche und viele Lehrlinge. «Es ist nicht zu unterschätzen», sagt Stadelmann. Jeden Mittag werden 500 bis 600 Patientenessen zubereitet, dazu 1600 warme Mahlzeiten im grossen Personalrestaurant «Feingut», 300 bis 350 im Restaurant «Azzurro» in der Frauenklinik und 80 bis 150 Mahlzeiten im «Vitamins» im Haus zehn.

«Die Arbeitszeiten sind bei Köchen immer ein Thema.»

Martin Stadelmann

WM für Gemeinschaftsgastronomie

Das Team des Luzerner Kantonsspitals hat die vierte Swiss SVG-Trophy, den einzigen Schweizer Kochwettbewerb für die Spital-, Heim- und Gemeinschaftsgastronomie, im letzten Jahr gewonnen. Nebst einem Preisgeld von 3000 Franken durften sie sich über die Teilnahme als offizielle Vertreter des Schweizer Kochverbands für die Gemeinschaftsgastronomie am Culinary World Cup 2018 (Koch-Weltmeisterschaft) in Luxemburg freuen. 

Im Hinblick auf die WM vom 23. bis 29. November 2018 in Luzern riet Chefjuror Adrian Bader dem Team bei der Preisverleihung, «so solide wie bisher weiterzuschaffen». In Luxemburg werden fünfzehn Teams um den Sieg kämpfen. Im Kochmagazin «Salz & Pfeffer» empfiehlt er jedoch auch, einen Gang runterzuschalten: «Sie sollten kulinarisch bei der Gemeinschaftsgastronomie bleiben. Lieber einfach, das dafür perfekt.» 

Dazu setzt man auf gut ausgebildetes Personal. «Unsere Köche kommen alle aus À-la-Carte-Betrieben», so Stadelmann. Doch es drängt sich die Frage auf, wieso der Wechsel in einen solchen Grossbetrieb stattfindet? Bei Stadelmann war’s die Liebe. «Ich hatte eine neue Beziehung und da wurde mir klar, dass sich an meinen Arbeitszeiten etwas ändern musste.» Das war vor über zehn Jahren, Stadelmann ging in eine alternative Krebsklinik nach Brunnen. «Dort wurde rein vegetarisch gekocht, ich startete deshalb auch eine Zusatzausbildung zum Diätkoch.» Vor zehn Jahren begann er dann in Luzern, sich die Kochschürze umzubinden, machte Weiterbildungen und ist heute als stellvertretender Küchenchef insbesondere für die Ausbildung der Lehrlinge verantwortlich.

Essen trägt zur Heilung bei 

«Die Arbeitszeiten sind bei Köchen immer ein Thema», sagt er. Unbeliebt ist die Zimmerstunde, deshalb gibt’s in der Spitalküche Blockzeiten. «Entweder fängt man früher an und hört früher auf, oder fängt später an und arbeitet dementsprechend am Abend länger», erklärt Stadelmann.   

 «Wir wollen zeigen, dass unsere Küche überragend ist. Vielleicht die beste weltweit.»

Neben dem Küchenalltag steht das Team mittlerweile voll in den Vorbereitungen für die WM. «Beim Probekochen geht’s nun darum, unter Zeitdruck die Hygienestandards einzuhalten und die Mengen richtig zu berechnen.» Geht’s bei diesem Wettbewerb um das Ego der Köche oder die Repräsentation des LUKS? Stadelmann sagt: «Klar will jedes Teammitglied so gut wie möglich kochen. Solche Erfolge kann man auch im Lebenslauf ausweisen.» Doch im Mittelpunkt stehe das nicht. «Wir wollen zeigen, dass unsere Küche überragend ist. Vielleicht die beste weltweit», sagt er mit einem Lacher.

Martin Stadelmann mit seiner WM-Uniform im Restaurant «Vitamins».

Martin Stadelmann mit seiner WM-Uniform im Restaurant «Vitamins».

(Bild: les)

Schliesslich koche man nicht nur für Gäste, sondern für Patienten, die eine Aufheiterung brauchen können. «Ich bin überzeugt, dass nebst der Genesung das Essen das Highlight des Tages ist. Drei Mal im Tag hat man effektiv eine Beschäftigung», erklärt Stadelmann. «Es ist unser Anspruch, den Patienten eine Freude machen zu können.»

Acht Tonnen weniger Foodwaste – monatlich

Positiv trat die Küche des Luzerner Kantonsspitals auch jüngst in Erscheinung, als Zahlen zur Vermeidung von Foodwaste veröffentlicht wurden. So konnte die Menge, welche monatlich zur Biogasanlage gelangt, von über 24 Tonnen auf 16 Tonnen gesenkt werden. Dazu gehören auch die Rüstabfälle und die unberührten Plateaus, welche von den Patienten zurückgeschickt werden. «Foodwaste ist ein andauerndes Thema», kommentiert Stadelmann. «Wir wussten, dass wir viele Abfälle haben, aber die ersten Messungen haben uns überrascht.» Persönlich sei er schockiert gewesen, gibt Stadelmann zu.

Dass man nun über 30 Prozent weniger entsorge, sei ein schöner Erfolg. «Wir haben viele Massnahmen umgesetzt.» So habe man die Portionen verkleinert, eine Infokampagne durchgeführt oder auch die Prozesse in der Küche optimiert. «Wir haben jedoch erst ein Teilziel erreicht», erklärt Stadelmann. 

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