Spitzenkoch Rabe zieht's nach Muri

Adieu 16 Punkte: So geht es mit der Wart Hünenberg weiter

Sebastian Rabe vor der Wart, dem Hünenberger Restaurant, das er bis Ende September betreibt. (Bild: wia)

Knapp vier Jahre lang schwang Spitzenkoch Sebastian Rabe im Hünenberger Restaurant Wart den Kochlöffel. In rund einem Monat ist die Ära zu Ende. Hauptverantwortlich, ja wer denn sonst: Corona. Was zunächst ein Schock für Rabe war, hat für ihn in einer «schönen Fügung» geendet. Nun zeichnet sich ab, dass in der historischen Wart auch zukünftig ein Restaurant betrieben werden soll.

Ein idyllisch gelegeneres Gasthaus als das Hünenberger Restaurant Wart ist schwer vorstellbar. Zusammen mit zwei hübschen Scheunen, einem alten Schützenhaus und weiteren historischen Gebäuden bildet das historische Haus von circa 1700 einen pittoresken Weiler inmitten grüner Natur. Dazu kommt, dass die «Wart» eine ausgezeichnete Küche bietet. Eine auffällige gelbe Tafel an der Hauswand weist ganz keck auf die 16 Gault-Millau-Punkte hin, welche sich der Küchenchef Sebastian Rabe und sein Team in nur 14 Monaten seit der Eröffnung erarbeitet haben.

Bald wird die Tafel jedoch abmontiert. Ende Feuer für die «Wart» unter Rabe. Die Pächter Daniel Kolbe und Peter R. Egli lösen den Vertrag mit der Korporation Hünenberg in gegenseitigem Einvernehmen nach knapp vier Jahren auf.

Das ehrwürdige Restaurant Wart in Hünenberg. (Bild: wia)

Düstere Prognosen für die Weihnachtszeit

«Nach drei Jahren haben wir zwar bereits schwarze Zahlen geschrieben, was eigentlich sehr gut ist. Dann jedoch kam Corona», erklärt Rabe bei einem Glas Wasser unter der Laube des Restaurants. «Zwar kommen wir gerade so durch, wenn das Restaurant gut besucht ist, doch um wirklich zu verdienen, sind für uns die grösseren Events unheimlich wichtig. Mit einer Limitierung auf 10 oder 15 Personen rechnet sich das schlicht nicht.» Ausserdem seien auch die Prognosen für die kommende Weihnachtszeit nicht gerade rosig.

«Wir haben zum Teil Abende, an denen wir nicht voll ausgelastet fahren, weil uns schlicht das Personal dazu fehlt.»

Peter Egli, Mitpächter des Restaurants Wart

Pächter Peter Egli ergänzt: «Der Fachkräftemangel hat sich durch die Coronapandemie noch zusätzlich drastisch verschärft. Wir haben zum Teil Abende, an denen wir nicht voll ausgelastet fahren, weil uns schlicht das Personal dazu fehlt. Vielen Gastrokollegen geht das genauso. Dies ist eine komplett neue Entwicklung.»

Für den eher konservativen Kanton Zug, mit einer Liebe zum Bürgerlichen, wirkt Rabes Küchenkonzept gewagt. Empört dürfte der eine oder die andere bereits festgestellt haben, dass auf der Menükarte des Gasthaus Wart kein Lobster und kein Filetstück zu finden ist, sondern mit Vorliebe sogenannte Second Cuts angepriesen werden. Der Spitzenkoch arbeitet bewusst sehr eng mit den Bauern aus der unmittelbaren Umgebung zusammen.

16 Gault-Millau-Punkte haben sich Rabe und sein Team in den letzen vier Jahren erarbeitet. (Bild: wia)

Menüs ausserhalb des üblichen kulinarischen Trotts

Ist dieses Konzept zu gewagt für Zug? «Vielleicht könnte man die Gegenfrage stellen: Was passt denn sonst? Wie kann man, wo doch die Umweltthematik so omnipräsent geworden ist, sein Augenmerk nicht auf kurze Wege und Nachhaltigkeit legen? Ausserdem glaube ich, dass Rösti und Zürigeschnetzeltes hier fehl am Platz sind.» Rabe weiter: «Dieser Ort bedingt eine würdige Performance.»

Jedenfalls, so erklärt der gebürtige Deutsche, laufe das Restaurant ziemlich gut. «Vielleicht nicht unbedingt bei der älteren Generation, die noch immer gewisse Erwartungen hat. Doch reisen Menschen von weiter her an. Ausserdem haben wir viele Expats zu Gast.»

«Die letzten zwei Jahre waren grundsätzlich frustrierend.»

Sebastian Rabe, Küchenchef der «Wart»

Zwar war die Ankündigung der Pächter vergangenen Winter eine Hiobsbotschaft für Rabe, der verheiratet ist und zwei Kinder hat. «Doch waren die letzten eineinhalb Jahre grundsätzlich frustrierend. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass die Kommunikation mit dem Team und den Pächtern immer sehr transparent war.»

Die Chance, sich zu verabschieden

Immerhin, im Juni, nach dem zweiten Lockdown, durfte Rabe die Türen der Wart noch einmal öffnen. Bis im September wird hier auf hohem Niveau gekocht. «Viel schlimmer wäre es für uns gewesen, wenn wir diese letzte Phase nicht mehr gehabt hätten und uns nicht von unseren Gästen hätten verabschieden können.»

Seit der Wiedereröffnung laufe es gut, insbesondere an den Abenden. «Viele Leute möchten unbedingt noch einmal herkommen. Auch neue Gäste wollen meine Küche in dieser Umgebung testen, bevor das Restaurant schliesst.»

Im Mai dieses Jahres wurde öffentlich, dass das Restaurant Wart schliessen wird. Auf aktive Stellensuche musste sich Sebastian Rabe jedoch gar nicht erst begeben. «Sogleich meldete sich John M. Rusterholz bei mir, der Direktor des Drei-Häuser-Hotels Caspar im aargauischen Muri, welches Ende des Jahres eröffnet wird. Ich wurde angestellt, um mein bestehendes Konzept dort weiterzuführen. Eine schöne Fügung!» Am 1. Oktober geht es für Rabe schon los.

Restaurant bleibt, offen ist was mit dem Häuser-Ensemble passiert

Doch was passiert mit dem beeindruckenden alten Haus, das Rabe zurücklässt? Bei der Besitzerin, der Korporation Hünenberg, gibt man sich verhalten. Noch sei nicht konkret, was aus dem Gebäude-Ensemble letztlich werde, erklärt der Immobilienverwalter Beat Suter auf Anfrage.

Anfang Mai dieses Jahres wurde von der Korporationsgemeinde ein Projektierungskredit über 160'000 Franken gesprochen, denn beim Restaurant stehen in naher Zukunft grössere Investitionen an. Details gibt es noch keine, denn noch seien die Machbarkeitsstudien im Gange. Nur so viel: «Auch künftig soll hier ein Restaurant betrieben werden», so Suter.

Zum aktuellen Ausbaustand der Liegenschaft sagt Rabe: «Das Haus bringt tatsächlich Herausforderungen mit sich, allein durch sein Alter und seine Geschichte. Auch merkt man, dass das Haus ursprünglich nicht als gastronomischer Betrieb gedacht war.» Ein Punkt, auf den sich der Spitzenkoch demnach freuen kann: Der «Adler» und der «Ochsen», die hoteleigenen Gasthäuser, in denen Rabe bald kochen wird, verfügen über den neusten Ausbaustandard.

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