Fahnen in der Stadt Luzern

Was hängt denn da?

Eine Fahne für den US-Präsidenten in der Neustadt. In der Luzerner Altstadt dominiert dagegen die Farbe rot. (Bild: tob)

Sie wehen überall in der Stadt. Auf den Dächern und von den Hausfassaden. Luzern ist voller Fahnen in unterschiedlichen Farben und mit verschiedenen Wappen. Was bedeuten sie und weshalb sind die Farben von Luzern eigentlich blau-weiss? Ein Rundgang durchs lokale Fahnenmeer.

Wer sich durch Luzern bewegt und seinen Blick entlang der Häuserfassaden schweifen lässt, der entdeckt Fahnen in regelmässigen Abständen. Meist blau-weisse, die Farben der Stadt und des Kantons (siehe Box). Das Aufhängen von Stadt- oder Schweizerfahnen übernehmen meistens Privatpersonen, Haus- oder Geschäftsbesitzer. «In der Stadt Luzern gibt es nur fünf bis sechs Standorte, an denen seitens der Behörden Luzerner Fahnen angebracht werden», sagt Bernhard Jurt, Strasseninspektor bei der Stadt. Zum Beispiel am Luzerner Rathaus oder an der Seebrücke, wenn dort am ersten August die Fahnen der 26 Schweizer Kantone hangen.   

Selbstverständlich wehen auch vom Luzerner Regierungshaus die Farben des Landes, des Kantons und der Stadt. Einmal rot-weiss, zweimal blau-weiss. Daneben aber schmücken noch vier weitere Flaggen das Gebäude aus der Renaissance. Das ist zwar augenfällig, trotzdem dürfte die Bedeutung dieser vier zusätzlichen Fahnen an der Fassade des Regierungsgebäudes vielen Passanten unbekannt sein.

Die EU-Flagge am Luzerner Regierungsgebäude

Traditionell wurde der Kanton Luzern in fünf Ämter gegliedert. Sursee, Hochdorf, Luzern, Willisau und Entlebuch. Obschon die Ämter in der neuen Kantonsverfassung von 2007 nicht mehr genannt werden, ist der Sitz des Regierungs- und Kantonsrats weiterhin mit ihren Flaggen bestückt. Wenn man vor dem Gebäude steht in der oben genannten Reihenfolge von links nach rechts.

Wieso ist Luzern blau-weiss?

Für die Herkunft der Farben im Luzerner Wappen gibt es keine eindeutige Antwort, dafür mehrere Erklärungen.

Erklärung 1
Blau beziehungseise blau-weiss sind die Farben der Ritter von Hunwil-Eschenbach und der Ritter von Littau, die im 13. und 14. Jahrhundert eine wichtige Rolle in Luzern spielten.

Erklärung 2
Blau ist auch die Farbe der Gottesmutter Maria, die in Luzern immer speziell verehrt wurde.

Erklärung 3
Das Reichsbanner, von dem sich Luzern ab den 13. Jahrhundert auch optisch abheben wollte, verwendete die Farben schwarz, gelb und rot. Also kamen diese für Luzern nicht in Frage.

Erklärung 4
Die eidgenössischen Nachbarn in Schwyz, Ob- und Nidwalden verwendeten ebenfalls rot und weiss. Auch von diesen wollte man sich in Luzern unterscheiden.
 
Diese Erklärungen dürften stark oder weniger stark den Ausschlag für die Farbwahl weiss-blau im 13 oder 14. Jahrhundert gegeben haben.

Interessant ist auch die Theorie des Luzerner Heraldikers Joseph M. Galliker: Weiss symbolisiere den ewigen Schnee am Horizont und blau das Wasser des Vierwaldstättersees.

«Unabhängig von der Ämterstruktur symbolisiert die heutige Beflaggung des Regierungsgebäudes die Vielfalt und die historisch gewachsenen Regionen unseres Kantons. Mit ihrer heutigen und grösstenteils auch künftigen Abbildung der Wahlkreise, sind sie zudem ein Ausdruck unserer Demokratie», schreibt der Luzerner Regierungsrat in einer 2009 veröffentlichten Stellungnahme dazu. Diese Darstellung gilt laut Kanton bis heute.

Rot dominiert die Altstadt

Allerdings wurden die Flaggen der Ämter erst zum 800 Jahre Luzern Jubiläum 1978 fest am Regierungsgebäude angebracht. Zuvor passierte die Beflaggung der kantonalen Gebäude zu besonderen Anlässen in Absprache zwischen Veranstaltern und der Regierung. Jedes Jahr weht zudem am fünften Mai die EU-Fahne vom Luzerner Regierungsgebäude. Dies als Erinnerung an die Gründung des Europarates 1949, indem die Schweiz seit 1963 Mitglied ist.

In den Gassen der Luzerner Altstadt sind blau-weiss gefärbte Fahnen dann aber eher in der Minderzahl. Rot dominiert. Genauer das Wappen der Luzerner «Zunft zu Safran». Die grösste der Luzerner Berufszünfte.

Ihre gelbes Zunftwappen auf rotem Grund zeigt einen Mörser, eine Art Reibschüssel, mit einem daraus aufsteigenden Safranblatt. Links und rechts davon steckt ein Beil und ein Beilhammer im Gefäss, dahinter ist ein Winkelmass aufgesetzt. Die älteste Überlieferung dieses Siegels geht zurück bis ins Jahr 1963 und symbolisiert bis heute den Bezug zur handwerklichen Herkunft der Zunft.

Keine Bewilligung nötig

Bei zahlreichen Haus- oder Geschäftsbesitzern in der Stadt Luzern, die selber auch Zunftsmitglied sind, weht diese Zunftfahne von der Hausfassade. «Es ist Brauch und Usus, dass wir Zunftsmitglieder die Fahne an unseren Häusern oder Geschäften anbringen», sagt Max Dudle, dessen Haus mitten in der Luzerner Altstadt ebenfalls das Zunftswappen trägt. Damit zeige man die Zugehörigkeit zur Zunft und die Verbundenheit unter den Mitgliedern.

Eine spezielle Bewilligung benötige er für seine Fahne nicht, sagt Max Dudle. Solange eine Fahne nicht als Reklame gelte, sondern wie am Beispiel der Zünfte ein historisches Wappen zeige oder eben die Farben der Stadt, sei sie in Luzern nicht bewilligungspflichtig. Jeder Zünftler und Beizer darf damit an seinem Gebäude eine Fahne mit dem gewünschten Wappen anbringen. Als anschauliches Beispiel dient dafür auch die Fahne des FC Luzerns beim Eingang zur «Tschuppi’s wonderbar».

Nicht blau-weiss, sondern gelb-rot ist das Wappen der Luzerner Masekenliebhaber. Es zeigt eine typische Fasnachtsmaske mit drei Schellen an den drei Enden der Kopfbedeckung. Auch ihre Gebäude in der Stadt Luzern sind damit gekennzeichnet. Zum Beispiel das historische Haus im Süsswinkel, indem die Maskenliebhaber eine ihrer zahlreichen Räumlichkeiten besitzen.

Eine Fahne für Obama

Deutlich geringer wird die Fahnendichte der privaten Gesellschaften in der Luzerner Neustadt. Nur noch vereinzelt sieht man hier zum Beispiel den Safran-Mörser. Mitten im Quartier weht dafür die Fahne der USA. Und das ausgerechnet vom Restaurant Helvetia. «Als Barack Obama Präsident der Vereinigten Staaten wurde, haben wir diese Fahne spontan dort angebracht», erzählt Ulrich Vollenweider vom Helvetia. Ob man das nochmals tun würde, darüber liesse sich heute streiten, sagt er.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von baron d
    baron d, 01.08.2014, 16:15 Uhr

    «Jedes Jahr weht zudem am fünften Mai die EU-Fahne [!] vom Luzerner Regierungsgebäude. Dies als Erinnerung an die Gründung des Europarates 1949, indem die Schweiz seit 1963 Mitglied ist.»

    Korrekt müsste es «die Europa(rats)-Fahne» heissen. Die EU hisst zwar die gleiche Flagge und benutzt die gleiche Hymne wie der Europarat, sie entspricht aber niemals dem gesamten Kontinent Europas. Des weiteren muss auch immer zwischen der Benennung von «Europäischer Rat» (das ein EU-Konstrukt ist) und «Europarat»(der eben ein europäisch-völkerrechtliche Vertretung, analog UNO, verschiedenster europäischer Staaten ist) unterschieden werden.

    Deshalb wird auch immer wieder gerne im Volksmund der EUGH (EU-Gerichtshof) und dem EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte; das Gericht, welches über die Einhaltung der Menschenrechte in Europa wacht) verwechselt.

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