Katja Montani

Was die Leiterin des Impfzentrums Zug täglich umtreibt

Katja Montani ist gelernte Pflegefachfrau und war vor ihrer Stelle als Impfcenter-Leiterin als Rechtsanwältin an Gerichten tätig. (Bild: ida)

Katja Montani ist als Leiterin des Impfzentrums Zug das Gesicht der Organisation. Was sie anspornt – und was sie verärgert, erzählt sie zentralplus im Gespräch.

Nur wenige Menschen reihen sich an diesem Mittwochmittag in die Warteschlange vor dem Zuger Impfzentrum ein. Um die 420 Zugerinnen bekommen derzeit täglich ihren Pieks – in den letzten Wochen waren es noch 1'300 Zuger.

Ein solches Impfzentrum zu managen, ist nicht ganz ohne. Manchmal muss es ganz schnell gehen, etwa wenn der Booster zugelassen wird oder der Bundesrat die Zertifikatspflicht erweitert. Dann kommt es von einem Tag auf den anderen zu einem Ansturm (zentralplus berichtete). Und dann gibt es wieder ruhigere Wochen. Gerade jetzt hat das Impfzentrum beispielsweise mit einer Absagewelle zu kämpfen. Viele lassen ihren Termin sausen, weil sie sich etwa mit Corona angesteckt haben und der Booster damit hinfällig wurde. Eine Entwicklung, die man auch in Luzern beobachtet (zentralplus berichtete).

Die Frau, welche die Geschicke des Impfzentrums in Baar leitet, heisst Katja Montani. Wir setzen uns vor Ort mit der 50-Jährigen, die zuvor noch angeregt am Telefon besetzt war, in ein ruhiges Zimmer.

Von der Rechtsanwältin ins Impfzentrum

Schnell wird klar: Montani ist eine Macherin. «Wir alle wollen, dass diese Pandemie ein Ende nimmt. Und dann gilt eben: Ärmel hochkrempeln und mitanpacken.» Das meint sie nicht nur sprichwörtlich: Manchmal hilft Montani «auf der Fläche» aus, wie sie sagt. Zieht sich das T-Shirt über und impft.

«Als die Pandemie ausgebrochen ist, war für mich klar: Wenn es Menschen braucht, mach ich das!»

Montani, gelernte Pflegefachfrau, war als Rechtsanwältin an Gerichten tätig, bevor das Impfzentrum vor einem Jahr seinen Betrieb aufgenommen hat. Eigentlich wollte sie sich selbständig machen, Menschen in Scheidungsprozessen begleiten. Doch dann kam alles anders. «Als die Pandemie ausgebrochen ist, war für mich klar: Wenn es Menschen braucht, mach ich das!» Zunächst arbeitete sie als Impferin in Baar, im letzten Sommer wurde sie angefragt, die Leitung zu übernehmen. «Ich habe selten so viel gearbeitet – aber auch so gerne.»

Impfen, testen – und das alles managen: eine harte Büez

Wir wollen wissen, was alles zu ihrem Tagesablauf gehört. Früh morgens instruiert sie das Team, diskutiert anstehende Punkte. Etwa, was es für technische Neuerungen, Anpassungen der Richtlinien der Eidgenössischen Impfkommission gibt oder ob sich für die Zertifikatsstelle etwas ändert. Regelmässig bespricht das Team, wo Fehler passieren könnten. «Da wir laufend neue Mitarbeitende haben, müssen wir immer dranbleiben, die Fehlerquote zu reduzieren.»

Dann gibt's wöchentliche Online-Meetings mit der Zuger Gesundheitsdirektion, wöchentliche Meetings mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG). Montani schult Mitarbeitende der Hotline, überprüft die Termine. Täglich checkt sie, wie viele Menschen sich in der Warteliste befinden und ob sie weitere Terminslots freigeben kann, beziehungsweise muss.

Der Impfstoff muss bestellt werden – nebenbei klingelt das Telefon und der E-Mail-Posteingang füllt sich. Es sind Menschen, die Fragen zur Impfung haben. Wie gerade eben. Ein zweifach Geimpfter erkundigte sich, was er machen solle. Kürzlich erkrankte er an Corona, die dritte Impfung bräuchte er aber für die Reise in ein anderes Land.

All diese Fragen zu beantworten, ist aufwendig. Ist es nicht frustrierend, wenn sich am Ende jemand nicht impfen lässt? «Es lohnt sich auf jeden Fall», erwidert Montani. «Es ist wichtig, die Fragen der Menschen ernst zu nehmen und bestmöglich zu beantworten.»

Hätte sich erhofft, dass sich noch mehr Zuger impfen: Katja Montani. (Bild: ida)

Impfcenter-Leiterin hat ein Team im Rücken

«Die grösste Challenge ist sicherlich, den Strom an Impfwilligen zu managen», sagt Montani. «Und der Personalmangel. Viele Mitarbeitende fallen derzeit aus, weil sie an Omikron erkrankt sind. Zugleich machen wir in einem anderen Teil des Gebäudes im Testcenter so viele symptomatische Corona-Tests wie noch nie – also muss sowohl für das Impfen wie das Testen genügend Personal bereitstehen.»

Dann stehen noch Essensbestellungen fürs Personal an, später ist auch noch das Klo verstopft oder die frische Wäsche kommt nicht rechtzeitig an. Langweilig wird es Montani sicherlich nicht. Gut neun Minuten erzählt sie, was alles an Aufgaben in ihrer Terminagenda stehen. Sie betont: «Ohne das ganze Team wäre ein solcher Betrieb nie möglich.» Es sei das Zuger Kantonsspital, dessen Personalabteilung sie im Rücken hat. Und der Spitaldirektor, der sich neben dem Spitalbetrieb zusätzlich jederzeit allen infrastrukturellen und organisatorischen Fragen stellt.

Der stellvertretende Leiter Informatik, der an den Meetings mit Bund und Kanton teilnimmt, Inputs gibt und jederzeit an der Umsetzung entsprechender Lösungen mitarbeitet. Ebenso ihre Stellvertreter und Schichtleiterinnen und das gesamte Team unterstützen sie tatkräftig. So konnte Montani sich auch sehr viel medizinisches Wissen durch den Fachverantwortlichen Leiter aneignen. Nicht zu vergessen sind der Hausabwart, der Wäschereichef, die Security, welche für Ruhe sorgt und aufgebrachte Zugerinnen beruhigt.

Ängstliche und Freiheitsliebende warten eher zu

Denn Letzteres ist immer mal wieder nötig. Weil vermehrt Zuger aufkreuzen, die sich eher widerwillig impfen lassen. Am 23. Dezember 2020 wurde schweizweit die erste Frau gegen Covid-19 geimpft (zentralplus berichtete). «Zu Beginn hatten wir die Impfwilligen, die zur Corona-Impfung kamen und diese auch wirklich wollten», erzählt Montani. Hie und da wurden sie auch von Impfdränglerinnen aufgesucht, bei welchen es zu einigen unschönen Momenten gekommen sei.

«Wir spüren, dass die Leute durch die Pandemie müde wurden – und vielleicht auch etwas dünnhäutiger. Die Pandemie hat viele Menschen demaskiert.»

Und doch gibt es Menschen, die sich erst jetzt impfen lassen. «Die einen sind unentschlossen und ängstlich, andere finden die Impfung unnötig. Und wieder andere wollen sich nichts vorschreiben lassen. Ganz im Sinne von: Der Staat kann mich nicht verpflichten. Wir spüren, dass die Leute durch die Pandemie müde wurden – und vielleicht auch etwas dünnhäutiger. Die Pandemie hat viele Menschen demaskiert.»

Angefeindet und bedroht – zum Glück nur selten

Die Stimmung kippte allmählich – zumindest teilweise. Nach Einführung der Zertifikatspflicht kreuzten auch diejenigen auf, die sich zunehmend unter Druck gesetzt fühlten. «Menschen, die sich eigentlich nicht impfen lassen wollten und bei uns ihren Frust deponierten. Es fielen vereinzelt ausfällige Bemerkungen, wir wurden leider auch beschimpft und bedroht. Es kam sogar vor, dass Mitarbeitende handgreiflich attackiert wurden.» Auch wenn das Mitarbeitenden nahe geht oder verärgert, stellt Montani klar: «In diesen Momenten sage ich mir und dem Team: Das hat nichts mit mir oder dir zu tun.»

«Ich hätte mir gewünscht, dass sich noch ein bisschen mehr Menschen impfen lassen.»

Warum tut sich Montani das an? Sie lacht. «Ausfällige Begegnungen sind zwar unschön, sie machen aber einen ganz kleinen Promillesatz aus.» Was sie hin und wieder aber frustriert: Menschen, die nur ihren «eigenen Bauchnabel sehen», wie sie sagt. Menschen, die nur sich und ihr Bedürfnis sehen und sich nicht vorstellen könnten, was es für sämtliche beteiligte Personen bedeutet, ein solches Impfzentrum zu managen. «In solchen Fällen immer freundlich zu bleiben und nicht einfach mal zu sagen: Es geht nicht nur um dich, das ist manchmal schwierig. But it's part of the game.»

Montani würde lügen, wenn es ihr manchmal nicht doch nahe geht. Sie sich auch nachts Gedanken dazu macht, die Arbeit sie belastet. Was ihr dann hilft: In die Berge zu gehen. Wander- und Skitouren, wo sie die Stille für sich alleine geniesst.

Andere basteln Tiere für die Kinder-Impfungen und bringen Kekse vorbei

Lieber besinnt sich Montani an die schönen Momente zurück. Schliesslich wurden bisher mehr als 210'000 Impfdosen im Zuger Impfzentrum verabreicht – der Grossteil aller Begegnungen war positiv. Besonders in Erinnerung geblieben sind Montani die ersten Wochen des Impfbetriebs. Menschen, die älter als 75 Jahre waren, erhielten damals als erste Personengruppe die Corona-Impfung. «Für die älteren Menschen, die pandemiebedingt neun Monate recht abgeschottet gelebt hatten, war die Corona-Impfung ein richtiger Event. Sie freuten sich, dass es endlich so weit war. Sie waren enorm dankbar und wertschätzend.»

Montani begleitete beispielsweise eine ältere Frau, die zusammengeduckt und verängstigt das Impfzentrum betrat. Sie hatte eine schreckliche Angst vor Spritzen. Am Ende blickte sie in das Gesicht der Frau, die sichtlich stolz gewesen war, dass sie es geschafft hat. Mitarbeitende des Impfzentrums kriegen lobende Worte von Zugerinnen, andere bringen Kekse vorbei oder basteln Kuscheltiere, welche den Kindern bei der Impfung helfen sollen.

Knapp 70 Prozent der Zugerinnen sind mindestens einmal geimpft. Hätte Montani sich mehr Solidarität erhofft? «Ich hätte mir gewünscht, dass sich noch ein bisschen mehr Menschen impfen lassen.» Und sie ergänzt: «Es hätte sicherlich gewisses Leid erspart.»

Dass die Pandemie uns eine Weile begleiten würde, war Montani immer klar. Auch zu Hause spricht sie viel mit ihrem Mann darüber, der selber Arzt am Zuger Kantonsspital ist. Lässt sich die Pandemie wegimpfen? «Man kann über das Impfen sagen, was man will. Aber es ist unsere beste Option. Und in Anbetracht der steigenden Fallzahlen und dennoch sinkenden Spitaleintritte wohl keine schlechte», sagt Montani noch.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 25.01.2022, 10:59 Uhr

    Herzlichen Dank an Frau Montani sowie an das Personal aller Impfzentren! Jede Dosis zählt.

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  • Profilfoto von Remo
    Remo, 25.01.2022, 09:59 Uhr

    Sehr schöner Artikel. Danke dafür. Und natürlich auch danke an Frau Montani, dass sie diesen nicht einfachen Job macht. Schön zu wissen, dass es Leute gibt, die sich selbstlos für die Gesellschaft einsetzen.

    Die Schwurbler und Impfgegner sollten sich ein Beispiel daran nehmen.

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