Was bedeutet Menschlichkeit auf den Schlachtfeldern heute?

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz sprach am Dienstag im Bourbaki Panorama über die Einsätze des roten Kreuzes, und die veränderte Situation auf den heutigen Schlachtfeldern. Und sprach sich für eine enge Definition von Menschlichkeit aus.

Die Welt sei brutaler und ungewisser geworden, doch die humanitären Werte blieben sich gleich, das schreibt das Bourbaki Panorama in einer Medienmitteilung. Wie das IKRK mit den neuen Herausforderungen umgehe, machte IKRK-Präsident Peter Maurer am Dienstag Abend im Bourbaki Panorama Luzern deutlich. Maurer war Gast der Themenmonate Menschlichkeit, die bis im Mai 2015 dauern.

Das grosse Rundgemälde gelte als Mahnmal der Menschlichkeit, schreibt das Bourbaki Panorama. Und es sei von unverminderter Aktualität, sagte Peter Maurer am Dienstag Abend bei seinem Vortrag. Es zeige, womit das IKRK jeden Tag konfrontiert sei.

«Ich bin fest überzeugt, dass humanitäre Normen immer noch relevant sind»

Allerdings hätten sich die Rahmenbedingungen heute drastisch geändert. Auf den Schlachtfeldern seien völlig neue Akteure im Einsatz: Nicht einfach klar fassbare Armeen, sondern immer mehr unstrukturierte Gruppierungen, die teilweise völlig ausserhalb der international ratifizierten Rechte und Pflichten operieren würden. Dazu komme eine enorme Bandbreite von modernen Waffen. «Die Dynamik von Extremismus und Gewalt hat eine globale Dimension angenommen.»

Die neuartigen Gewaltereignisse und vermehrt asymmetrischen Konflikte veränderten sukzessive auch die Einsätze des IKRK: Laut Maurer würden heutige Konflikte länger dauern, seien immer mehr Menschen hilfsbedürftig und brächen ganze Systeme zusammen, weil so viele Menschen vertrieben und von überforderten Staaten betreut würden. Dessen ungeachtet: «Ich bin fest überzeugt, dass die humanitären Norme und Werte, die in die Gesellschaft eingebracht wurden, immer noch relevant sind», sagte Maurer. «Aber wir werden gezwungen, die ursprüngliche Art unserer humanitären Arbeit neu zu konzipieren.»

Gratwanderungen und Dilemmas

Dazu gehöre, dass das IKRK nicht nur Lebensmittelhilfen leiste, sondern die Bevölkerung generell unterstütze, damit sie überleben könne. Es würden Wasserversorgungssysteme errichtet und Gesundheitssysteme aufgebaut. Neben der Kriegs- chirurgie werde auch die Rehabilitation immer wichtiger. Die kurzfristige Hilfe werde von längeren Einsätzen abgelöst. Oft seien es Gratwanderungen, wenn es gelte, individuell zu helfen und gleichzeitig das System zu stärken oder mit Partnern zusammen zu arbeiten und gleichzeitig neutral zu bleiben.

In der anschliessenden Diskussion mit dem Publikum, die vom Historiker Daniel Speich Chassé von der Universität Luzern geleitet wurde, bekräftigte Maurer, dass die Schweiz auf internationalem Parkett in der humanitären Politik immer noch entscheidende Wegmarken setze.

Humanitäre Hilfe im ursprünglichen Sinn

Zur innenpolitischen Sicht auf die Werte von Humanität und Völkerrecht wollte sich IKRK-Präsident Maurer nicht äussern. Wohl aber bekannte er sich zu einer eingeschränkten Definition von Humanität, um sie möglichst aus dem Zugriffsbereich der Politik zu nehmen. «Humanitäre Hilfe im ursprünglichen Sinne des Wortes meint, dass wir in den Konfliktzonen unbehelligte Räume schaffen, in denen Hilfe geleistet werden kann.»

Entscheidend ist für Maurer, dass das IKRK nicht die Ursache von Konflikten thematisieren kann. «Das ist eine fundamental politische Frage. Wenn sich das IKRK in diesem Bereich engagierte, würde es sich die Möglichkeit verspielen, seine Tätigkeiten ausführen zu können.» Auch ein anderes Dilemma verschwieg Maurer nicht: «Würden wir alles sagen, was wir sehen, könnten wir unsere Arbeit nie in diesem Ausmass machen.»

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