Umgekehrter Stadt-Land-Graben in Zug

Warum Zuger trotz hoher Impfquote die Beizen meiden

Die Präsidentin von Gastro Zug, Barbara Schneider, spürt die Zertifikatspflicht als Gastronomin weniger stark als andernorts. (Bild: Unsplash/zvg)

Obwohl der Kanton Zug eine der höchsten Impfquoten der Schweiz hat, leidet die Zuger Gastronomie überdurchschnittlich stark unter der Zertifikatspflicht. Doch ausnahmsweise sind es nicht die ländlichen, sondern die städtischen Restaurants, die dies am meisten zu spüren bekommen.

Dort, wo die Impfquote hoch ist, hat die Zertifikatspflicht für Restaurant geringere Auswirkungen als dort, wo sie tief ist. Das ist logisch und nachvollziehbar, denn wer geimpft ist, hat freien Zugang zu den Innenräumen von Restaurants, Bars und Cafés.

Diesen Zusammenhang zwischen Impfquote und Ausgabeverhalten im Restaurant unterlegen die Daten des Projekts «Monitoring Consumption Switzerland» der Universität St. Gallen. In den Kantonen mit hoher Impfquote wird seit Einführung der Zertifikatspflicht in den Restaurants mehr Geld ausgegeben als in Kantonen mit tiefer Impfquote. Dazu wurden Zahlungen mittels Kredit- und Debitkarten sowie mobile Zahlungen, beispielsweise mittels Twint, ausgewertet. Doch manche Kantone tanzen völlig aus der Reihe: darunter auch der Kanton Zug.

Trotz vergleichsweise hoher Impfquote fallen die Einnahmen der Zuger Restaurants seit Einführung der Zertifikatspflicht fast 30 Prozent tiefer aus als vorher. In keinem anderen Kanton wird in den Restaurants seit der Ausweitung der Zertifikatspflicht weniger Geld ausgegeben. Zum Vergleich: Im Kanton Schaffhausen betrug die Impfquote am 1. September wie in Zug rund 56 Prozent. Doch im Nordschweizer Kanton gingen die Ausgaben in den Restaurants mit Einführung der Zertifikatspflicht «nur» um 12 Prozent zurück.

Sind ausgerechnet die Leute im reichen Kanton Zug knauserig? Oder sind die Zugerinnen trotz Schutz durch das Zertifikat und die Impfung besonders ängstlich und meiden darum die Restaurants?

Keine Geschäftsleute, keine Einnahmen

Weder noch, klärt Barbara Schneider, Präsidentin von Gastro Zug und Wirtin des Restaurant Rössli in Oberägeri, auf Anfrage von zentralplus auf. «Was den Zuger Restaurants derzeit fehlt, sind die Businesskunden.» Denn aufgrund der nach wie vor eingeschränkten Reisetätigkeit sind weniger internationale Geschäftsleute in Zug unterwegs als vor der Pandemie. Somit fehlt den Restaurants ein Teil ihrer Stammgäste.

Gemäss Webseite der Stadt Zug hat die Stadt rund 30'000 Einwohner. Gleichzeitig gibt es in Zug rund 40'000 Arbeitsplätze. In einer Stadt, in der es deutlich mehr Arbeitsplätze als Bewohnerinnen gibt, ist es klar, auf welche Zielgruppe das Geschäftsmodell der Restaurants ausgerichtet ist.

Diese Ausrichtung auf Geschäftsleute birgt ein zweites Problem für die Zuger Restaurants. Denn aufgrund der Zertifikatspflicht werden derzeit viele Geschäftsessen abgesagt: «Wenn bei einer grösseren Gruppe ein Teil der Gäste kein Zertifikat hat, dann geht am Schluss halt die ganze Gruppe nicht ins Restaurant», erklärt Schneider. Und da es sich bei diesen Geschäftsessen um Gruppen mit teilweise bis zu vierzig oder fünfzig Personen handelt, fallen dadurch beträchtlich viele Gäste weg.

«Ich höre diese Probleme vor allem aus der Stadt Zug. Hier in Oberägeri können wir uns hingegen nicht beklagen.»

Barbara Schneider, Präsidentin Gastro Zug

Allerdings sind nicht alle Zuger Restaurants gleichermassen negativ von der Zertifikatspflicht betroffen. «Ich höre diese Probleme vor allem aus der Stadt Zug. Hier in Oberägeri können wir uns hingegen nicht beklagen», sagt die Rössli-Wirtin.

Somit ist in Zug ein umgekehrter Stadt-Land-Gaben beobachtbar: Während die Restaurants in den ländlichen Gebieten von der relativ hohen Impfquote in Zug profitieren, leiden die Stadtzuger Restaurants unter den Auswirkungen der Zertifikatspflicht. Die Erfahrungen aus anderen Kantonen haben hingegen gezeigt, dass die Restaurants auf dem Land stärker von der Zertifikatspflicht betroffen sind, weil die Durchimpfung der Landbevölkerung weniger schnell voranschreitet (zentralplus berichtete).

Hoffnung auf Weihnachtsgeschäft

Unabhängig davon, ob sie ob auf dem Land oder in der Stadt sind, hoffen die Zuger Restaurants auf einen umsatzstarken Winter. Was es dazu braucht, ist für Barbara Schneider klar: «Wir hoffen sehr, dass die Zertifikatspflicht bald aufgehoben wird, damit das Weihnachtgeschäft möglich ist.» Gemäss Schneider ist die Weihnachtszeit mit all den Team- und Festessen für viele Gastrobetriebe eine der wichtigsten Zeiten im Jahr.

In dieser Hinsicht kommt der Kanton Zug den Restaurants entgegen. So erlaubt die Regierung für diesen Winter erneut den Einsatz von Heizpilzen, damit die Betriebe die Aussenbereiche auch im Winter nutzen können (zentralplus berichtete). Für die Restaurants sei dies jedoch nur ein Trostpflaster, argumentiert Schneider: «Das ist sicher sehr nett von der Regierung und ermöglicht eine gewisse Flexibilität. Aber Sie kennen ja die Wintertemperaturen in der Schweiz», sagt die Gastronomin etwas spöttisch. «Ich glaube nicht, dass dank der Heizpilze ganze Weihnachtsessen draussen veranstaltet werden.»

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8 Kommentare
  • Profilfoto von igarulo
    igarulo, 23.10.2021, 15:59 Uhr

    Seit die Pandemie zur Glaubensfrage geworden ist, sehe ich schwarz für ein baldiges Ende.

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  • Profilfoto von Claire
    Claire, 22.10.2021, 23:03 Uhr

    Ach Fr. Schneider, Sie sind wohl eher auf dem Holzweg mit Ihrer Argumentation. Die besagten Business Leute, die richtig Stutz in die Restaurants bringen, gehören garantiert zu den beinahe 100% Geimpften, aber die Einheimischen sind hier das Problem! Und wenn ich merke, dass sehr viele in der Gastro schlichtweg null Bock haben die Zertifikate korrekt zu kontrollieren, muss man sich auch nicht wundern, wenn Gäste das erste und letzte Mal vorbeischauen. Und solange Beizer noch genug Zeit haben, reihenweise Plakate gegen das Covid Gesetz aufzustellen, anstatt ihren Job zu machen, gehts scheinbar vielen immer noch zu gut. Aber im Ägerital grassiert ja eh die Hellebarden Mentalität.

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 22.10.2021, 21:06 Uhr

    Die Pandemie bezwingen wir durch Impfen, nicht durch das Verhätscheln von Pandemieverlängerern. Leider gebärdet sich Gastro Zug wie Platzer oder Gastro Luzern: Man denkt immer nur an die eigene Kasse, aber nie an die Gesellschaft. So etwas wie anständige Löhne fürs Personal gibts ausgesprochen selten, das Jammern hingegen 24/7. Haben wir eure Branche dafür mit Kurzarbeitsentschädigung und Härtefallentschädigungen durchgefüttert?

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  • Profilfoto von Urs W.
    Urs W., 22.10.2021, 13:41 Uhr

    Ich meide diese Beizen aus den folgenden Gründen, kann nur für Baar und Cham sprechen, bin geimpft
    1. Zertifikat wird nicht oder nur ungenügend geprüft, z.B. kein Scannen nur Selbstprüfknopf auf dem Handy, ohne Ausweiskontrolle!
    2. Personen ohne Zertifikat gehen ohne Maske auf die Toilette und halten sich auch schon mal 30min ohne Maske in der Beiz auf, ohne Probleme, Stammgäste sowieso.

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    • Profilfoto von Onlyone
      Onlyone, 22.10.2021, 16:41 Uhr

      Kein Problem. Ich besuche als freier Mensch nur Lokale, die den Zertifikatswahnsinn nur mit so viel Augenmaß wie möglich umsetzen.

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    • Profilfoto von Steff W
      Steff W, 22.10.2021, 19:08 Uhr

      Zu Punkt 1: das enspricht überhaupt nicht meinen Erfahrungen in Baar oder Zug. Im Weiteren macht die Selbstprüffunktion in der App die gleiche Abfrage wie ein Scan auch.

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      Küde, 22.10.2021, 21:12 Uhr

      Sie sind ja mit dem Wundermittelchen gepimpft, wozu also die Heidenangst vor den Ungeimpften?

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      • Profilfoto von Bobby
        Bobby, 23.10.2021, 10:15 Uhr

        Weil die Impfung doch nur 90 und nicht 100 Prozent wirkt – hilft also doch, aber ist kein lückenloser Schutz – ganz einfache Logik, die versteht aber nicht jeder.

        Und dann hat es auch Risikopersonen die Aufgrund ihrer Krankheit keinen vollständigen Impfschutz erwarten können. Wird aber von den selbstverliebten Zertifikatsgegnern auch geleugnet.

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