Schwerzmanns Alp? Kanton sucht neuen Pächter

Warum Luzern im Eigenthal eine Hütte besitzt

Der Kanton Luzern besitzt eine einzige Alp – wozu? (Symbolbild: LID/Flickr)

Der Kanton Luzern sucht einen neuen Älpler. Im Eigenthal hat der bisherige Pächter der Alp Stafel gekündigt. Diese gehört seit über 100 Jahren zum Immobilienportfolio des Kantons. Was das mit ehemaligen Sträflingen zu tun hat und wieso der Kanton die Alp nicht einfach verkauft.

Ein Sommer auf der Alp – davon träumt so manch gestresster Städter mit Sehnsucht nach Entschleunigung. Für ihn bietet sich nun die Gelegenheit: Im Eigenthal wird ein Pächter für die Alp «Stafel» gesucht. Nicht weiter berichtenswert, wäre da nicht der Besitzer. Die Alp gehört nämlich dem Kanton Luzern.

Wie kommen die Behörden in den Besitz einer Alp – und wieso ist es staatliche Aufgabe, eine Hütte mit Stall zu vermieten? Handelt es sich dabei etwa um das Sommerrefugium von Finanzdirektor Marcel Schwerzmann, dessen Direktion die Verwaltung der Alp übernimmt?

Wo früher Sträflinge dem Älpler halfen

Auf die erste Frage gibt es eine relativ einfache Antwort: Die Alp gehört seit über 100 Jahren dem Kanton Luzern und war bis 1973 Teil der Strafanstalt Sedel. Die Gefangenen mussten dem Älpler im Eigenthal jeweils im Sommer auf dem Hof helfen. Als das Gefängnis Sedel in den 70er-Jahren geschlossen wurde, blieb die Alp im Besitz des Kantons und wurde seither verpachtet. Der letzte Pächter hat den Vertrag auf Ende 2017 hin gekündigt. Deshalb kam es zur Neuausschreibung.

«Damit der Kanton Luzern die Waldflächen optimal bewirtschaften kann, benötigt er den Zugang via die Alp Stafel.»

Hans-Urs Baumann, Kantonsbaumeister Luzern

«Stafel» ist die einzige Alp, die der Kanton besitzt, und damit kommen wir zur zweiten Frage: Wieso verkauft er die nicht einfach? Schliesslich hat der Regierungsrat in seiner Immobilienstrategie von 2010 eine klare Devise festlegt. «Der Kanton verfügt nur über Immobilien, die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendig sind. Immobilien, für die keine Bedürfnisse bestehen, sind möglichst gewinnbringend zu verkaufen.»

Kantonsbaumeister Hans-Urs Baumann betont denn auch, dass es nicht zu den Kernaufgaben des Staates gehöre, Immobilien wie die Alp Stafel zu bewirtschaften. Doch bei der Alp Stafel ist die Situation spezieller, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn die Alp ist nur ein kleiner Bestandteil der gesamten Parzelle. Diese erstreckt sich über 680’000 Quadratmeter und umfasst mehrheitlich Wald.

«Die Waldbewirtschaftung ist eine zentrale Aufgabe zur Sicherung von Naturgefahren, da beinahe jährlich kleinere und grössere Felsabbrüche und Murgänge von der Stafelwäng erfolgen», sagt Baumann. Und das geht nicht ohne Alp: «Damit der Kanton Luzern die Waldflächen optimal bewirtschaften kann, benötigt er den Zugang via die Alp Stafel.» Alles in allem gehört dem Kanton im Eigenthal beinahe 3,5 Millionen Quadratmeter Wald und Geröllhalden.

Finanziell nicht das grosse Los

Insgesamt besitzt der Kanton rund 1750 Grundstücke und über 500 Gebäude. Das erstaunt aber nur auf den ersten Blick. Der Kanton ist durch seine öffentlichen Aufgaben automatisch Besitzer von Schulhäusern, Turnhallen, Gerichtssälen und Gefängnissen und anderen Gebäuden. Dass er als Liegenschaftsverwalter fungiert – diese Aufgabe ergibt sich also zwangsläufig.

Altes Gefängnis von Willisau hat einen Käufer

Der Kanton Luzern verkauft das Amtshaus in Willisau. Das Gebäude soll die «Einfache Gesellschaft Bahnhofstrasse Süd, Willisau» übernehmen. Sie hat laut Kantonsbaumeister Hans-Urs Baumann das wirtschaftlich beste Angebot eingereicht, wobei er zum Kaufpreis keine Angaben macht.

Das Amtshaus muss aus Gründen des Denkmalschutzes bestehen bleiben. Der Gefängnistrakt kann aber allenfalls abgebrochen werden. Ziel der Gemeinde und Investoren ist es, die Parzellen des Amtshauses und der angrenzenden Post zusammenzuführen und als Ganzes zu überbauen.

Das Geschäft wird voraussichtlich im September im Kantonsrat diskutiert, bevor der Regierungsrat dann den Kaufvertrag bewilligen kann. Im Anbau war bis 2010 die Aussenstelle des Gefängnisses Grosshof angesiedelt. Heute befindet sich darin der Polizeiposten von Willisau sowie eine Wohnung.

Ende 2016 belief sich der Bilanzwert der kantonalen Liegenschaften auf über eine Milliarde Franken. Doch darunter befinden sich auch einige Gebäude, die der Kanton nicht selber braucht, sondern vermietet oder verpachtet, wie eben die Alp Stafel im Eigenthal. Diese vermieteten Gebäude im Finanzvermögen des Kantons haben einen Wert von rund 145 Millionen Franken. Würde der Kanton sie verkaufen, käme also eine nette Summe zusammen.

Doch der Kantonsbaumeister Hans-Urs Baumann hält fest, dass das Finanzvermögen keineswegs eine Kapitalanlage darstellt – und insofern auch kein Geldsegen zu erwarten ist. Es handle sich bei den Grundstücken, die der Kanton nicht zur Erfüllung seiner Kernaufgaben benötigt, mehrheitlich um landwirtschaftliche Liegenschaften, Wald, nicht nutzbare oder unüberbaute Grundstücke für geplante Bauvorhaben sowie zur strategischen Reserve.

«In Anbetracht des Buchwerts und den erwähnten Nutzungen lässt sich erkennen, dass daraus keine hohen Renditen erwirtschaftet werden.» Im letzten Jahr betrug der gesamte Ertrag aus den vermieteten Liegenschaften rund 370’000 Franken, eine weitere halbe Million Franken floss dank den Pachtzinsen in die Staatskasse.

Starker Rückgang im Portfolio

Der Bestand an Gebäuden im Besitz des Kantons Luzern ist in den letzten knapp zehn Jahren indessen deutlich zurückgegangen. Das legt den Schluss nahe, dass der Kanton vorwärts macht mit der Strategie, sein Immobilienportfolio auf das Wesentliche zurückzufahren.

Soll bald aus dem kantonalen Immobilienportfolio gekippt werden: Das Amtshaus in Willisau, mit dem alten Gefängnis auf der Rückseite.

Soll bald aus dem kantonalen Immobilienportfolio gekippt werden: Das Amtshaus in Willisau, mit dem alten Gefängnis auf der Rückseite.

(Bild: jal)

Dem ist aber nicht so: Der Rückgang ist hauptsächlich auf die Verselbständigung des Luzerner Kantonsspitals und der Luzerner Psychiatrie zurückzuführen, wodurch deren Liegenschaften aus dem Portfolio des Kantons fielen. Auch die ursprüngliche Idee, ehemalige Personalhäuser der Spitäler oder der Strafanstalt zu verkaufen oder in Studentenwohnheime umzunutzen, ist gemäss Baumann nicht weiter verfolgt worden.

Gesucht: Herr oder Frau über 18 Mutterkühe

Zurück zur Alp Stafel ins beschauliche Eigenthal. Diese bietet Platz für 18 Mutterkühe mit Kälbern oder 35 Stück Jungvieh, wie aus dem Inserat des Kantons hervorgeht. Die Alpsaison dauert rund 100 Tage. Der Pachtzins bewegt sich zwischen 5000 bis 8000 Franken.

Dass Finanzdirektor Marcel Schwerzmann bald selber den Sommer im Eigenthal verbringen wird, dürfte übrigens kaum der Fall sein: Beim Kanton haben sich rund 30 Interessierte gemeldet, welche die Alp Stafel zukünftig gerne bewirtschaften möchten.

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