Luzerner Gastrobranche präsentiert Studie

Warum im Notfall nicht alle Betriebe gleich behandelt werden sollen

Ist Teil der neu gegründeten Arbeitsgruppe: Schweizerhof-Hotelier und FDP Kantonsrat Patrick Hauser. (Bild: bic)

Bund und Kantone wollen die Gastrobranche in der Coronakrise mit viel Geld unterstützen. Doch ob das Geld für alle reichen wird, ist nicht klar. Welchen Betrieben soll also geholfen werden? Eine Studie liefert nun neue Entscheidungsgrundlagen – einige Betriebe könnten damit durch die Maschen fallen.

Die Luzerner Wirtschaft hat mit den Auswirkungen der Coronapandemie zu kämpfen. Um Betriebe in besonders stark betroffenen Branchen gezielt zu unterstützen, hat der Kanton Luzern 25 Millionen Franken zur Seite gelegt. Ob dies reichen wird, ist fraglich (zentralplus berichtete).

Hinlänglich bekannt ist mittlerweile, dass insbesondere die Gastronomie unter der Krise leidet und der Winter für viele Betriebe zur ultimativen Zerreissprobe werden dürfte. Deshalb wurde nun die Arbeitsgruppe «Gastgewerbe Luzern» ins Leben gerufen.

Arbeitsgruppe will die Kräfte bündeln

«Wir wollen mit unserer Arbeitsgruppe aufzeigen, welches Preisschild eine Entscheidung hat und wir wollen Unterstützung für diejenigen bieten, die am Schluss entscheiden müssen», hielt Philippe Giesser von Sinnvoll-Gastro und Mitglied des Gremiums anlässlich einer Medienorientierung fest. Damit meinte er namentlich die Politik.

Weiter soll die Kommunikation zur Situation der Branche gegenüber Öffentlichkeit und Medien verbessert werden. Neben Vertretern aus der Gastro- und Hotelbranche sind auch nachgelagerte Sparten wie Wäschereien oder Getränkelieferanten mit an Bord. Im Beirat sitzen Kantonsrätinnen aus Parteien von links bis rechts.

«Beim Gastgewerbe handelt es sich um eine sehr liquiditätsintensive Branche mit tiefen Margen», begründete Simone Müller-Staubli, Geschäftsführerin der Gastroagentur Schatz AG die Notwendigkeit für Hilfeleistungen. Die Gründung der Arbeitsgruppe geht auf ihre Initiative zurück. Die Betriebe seien indes sehr unterschiedlich betroffen. «Ein Hotel am See hat dieses Jahr den besten Sommer aller Zeiten erlebt, während die Auslastung in der Stadt bei nur rund 30 Prozent lag.»

Studie als Hilfestellung für Entscheidungsträger

Als einer der ersten Schritte für die Unterstützung der Branche hat das Gremium eine Studie in Auftrag gegeben, welche aufzeigen soll, wann finanzielle Hilfe für ein Unternehmen sinnvoll ist und weshalb man einen Betrieb allenfalls fallen lassen soll, sollten die Unterstützungsgelder nicht für alle reichen. Letztlich sollten die Mittel gezielt eingesetzt werden, damit sie den erhofften Nutzen erbringen können.

«Die jetzige Situation hat epochale Ausmasse und es ist schwierig, Parallelen dazu zu finden.»

Christoph Hauser, Dozent Hochschule Luzern – Wirtschaft

Fazit: Es spielen einerseits betriebswirtschaftliche Aspekte eine Rolle, andererseits sind aber auch soziale und kulturelle Faktoren mitentscheidend. Deshalb könne im Zweifelsfall nicht allen Branchen und innerhalb einer Sparte auch nicht allen Firmen die gleiche Bedeutung beigemessen werden. Einen hohen vierstelligen Betrag haben die Verbände dafür aufgewendet.

«Die jetzige Situation hat epochale Ausmasse und es ist schwierig, Parallelen dazu zu finden. Das muss bei den kommenden Entscheidungen berücksichtigt werden», hielt der Wirtschaftsdozent und Mitautor der Studie, Christoph Hauser, anlässlich der Präsentation des Papiers fest.

Im Video erklärt Christoph Hauser, warum nicht überall mit gleichen Ellen gemessen werden sollte.

Betriebe werden in drei Kategorien eingeteilt

Als Entscheidungshilfe teilt Hauser die Gastbetriebe in drei Kategorien ein. In der ersten sind diejenigen, die auch ohne Hilfe überleben können (A), in der zweiten Gruppe (B) die, die eigentlich gesund wären, wegen Corona aber nur mit staatlicher Hilfe eine Zukunft haben und in die dritte Kategorie (C) fallen Betriebe, die auch ohne Corona eher düstere Aussichten haben. «Wir gehen hier davon aus, dass es an sich nicht abnormal ist, dass Unternehmen Konkurs gehen», so Hauser.

In einer perfekten Welt wäre ein Fonds von Bund und Kantonen also so ausgerichtet, dass alle Betriebe, die dank Unterstützung überleben können, genau so viel Geld erhalten, wie sie brauchen.

Idealer Fonds: Wenn sämtliche und vor allem ausreichend staatliche Gelder in die B-Unternehmen fliessen, könnten alle Betriebe, die sich auf der x-Achse unterhalb der grünen Fläche befinden, gerettet werden.

Es kann jedoch sein, dass das Geld nicht für alle Unternehmen in dieser Kategorie (B) reicht und man sich dafür entscheidet, nur die besten oder schwächsten Betriebe zu unterstützen. Eine andere Möglichkeit ist, die Gelder zu deckeln und sie beispielsweise nach Grösse und Anzahl an Arbeitsplätzen auszuzahlen, auch wenn es für einige dann nicht reichen würde.

Das Problem sei jedoch, so Hauser, dass niemand genau wisse, wie gross der Fonds letztlich sein muss, damit alle Unternehmen adäquat erfasst werden. Und er hielt fest: «Wie auch immer man sich entscheidet: Wichtig ist, dass dies sorgfältig und transparent geschieht.» Wie viele Betriebe sich innerhalb der einzelnen Kategorien befinden, konnten weder Hauser noch die anwesenden Gastrovertreter sagen.

Zu wenig Geld, nur die Schwächsten werden unterstützt: Die B-Betriebe, die links der grünen Fläche sind, erhalten kein Geld. Trotz eigentlich nicht schlechter Ausgangslage ist ihr Überleben deshalb unsicher.

Planung ist aktuell kaum möglich

Neben der Ungewissheit, ob sie in den Genuss staatlicher Hilfe komme, mache der Gastrobranche auch zu schaffen, dass die Konsumstimmung immer unberechenbarer werde. Sie könne jede Woche anders sein, sagt Philipp Giesser von Sinnvoll-Gastro.

«Auch das Weihnachtsgeschäft mit seinen vielen Anlässen ist gestorben. Doch gerade Events bieten eine hohe Marge, während sie in der Gastrobranche sonst sehr klein ist.» Die wirtschaftliche Lage sei momentan allerdings auf vergleichsweise tiefem Niveau konstant, so Giesser.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Dunning-Kruger
    Dunning-Kruger, 26.11.2020, 09:20 Uhr

    Die Hausers – eine Familie, die direkt dem Luzerner Armenhaus entspringt! Und der FDP angehören. Es ziemt sich nicht, jetzt so laut nach dem Staat zu brüllen, wenn man ihn sonst immer nur als bremsendes, nervendes Hindernis degradiert! Die unsichtbare Hand wirds schon richten und der trickle-down-effekt volle Wirkung entfalten! Staatshilfen also absolut unnötig!

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