Zugs Gesundheitsdirektor über Exit aus Lockdown

Warum die Kantone das Ruder vom Bundesrat wieder übernehmen sollten

Der Zuger Gesundheitsdirektor Martin Pfister. (Bild: zvg)

Eine massive Ausweitung der Corona-Tests hält man im Kanton Zug auch nach dem Ende des Lockdowns für nicht sinnvoll – wartet aber sehnlichst auf Antikörpertests. Im Interview erklärt Regierungsrat Martin Pfister (CVP), warum man im Autofahrer-Kanton Zug vorerst keine Drive-in-Testzentren plant.

Die ganze Schweiz wartet gebannt auf den Plan des Bundesrates, wie man ab dem 27. April den Lockdown schrittweise aufheben will. Die Massnahmen werden dann von den Kantonen umgesetzt. Diese setzen aber zum Teil eigene Prioritäten bei der Bekämpfung des Corona-Virus.

Der Kanton Zug legt ein besonderes Augenmerk auf die Zurückverfolgung der Kontaktketten und befragt täglich die Infizierten und Leute, die in Heimquarantäne sind (zentralplus berichtete).

Im Zusammenhang mit der Aufhebung des Lockdowns wird derzeit heftig spekuliert, ob die Zahl der Corona-Tests künftig erhöht werden soll, zumal die Laboratorien in der Schweiz mittlerweile Überkapazitäten aufweisen. Und ob dem Schutzmasken-Tragen in der Öffentlichkeit in Zukunft trotz allem grössere Bedeutung zukommen soll.

zentralplus hat den Zuger Gesundheitsdirektor Martin Pfister (CVP) nach seiner Meinung gefragt – und nach der Haltung der Zuger Regierung.

zentralplus: Lässt sich beziffern, wie viele Tests im Kanton Zug bereits durchgeführt wurden und in wie vielen Fällen Personen positiv getestet wurden?

Martin Pfister: Die Gesamtzahl der durchgeführten Tests ist uns nicht bekannt. Wir werden nur bei positiven Resultaten informiert. Stand Mittwoch sind 171 Personen im Kanton Zug positiv getestet worden. Wir haben jedoch genügend Testkapazitäten, so dass alle Personen, welche die Symptome gemäss der Definition des Bundesamts für Gesundheit aufweisen, getestet werden können.

zentralplus: Im Zusammenhang mit der geplanten Lockerung der Massnahmen per 27. April wird von verschiedenen Fachleuten eine Erhöhung der Testaktivitäten sowie zusätzliche Schutzmassnahmen gefordert. Wie steht der Kanton Zug dieser Problematik gegenüber?

Pfister: Wir halten uns bei den Testkriterien an die Vorgaben des Bundes. Personen mit nur leichten Symptomen, die keiner Risikogruppe angehören, werden daher nicht getestet.

zentralplus: Sollte man die Kriterien ändern?

Pfister: Nein, eine Erhöhung der Testaktivitäten ist aus unserer Sicht momentan nicht zielführend. Ein negativer Test ist immer nur eine Momentaufnahme – die gleiche Person könnte sich am kommenden Tag bereits anstecken. Zudem ist die Zuverlässigkeit negativer Tests umstritten.

zentralplus: Was ist mit Antikörpertests?

Pfister: Die wären wirklich hilfreich, weil sie wichtige Schlüsse über die Durchseuchungsrate der Bevölkerung erlauben. Es ist aber noch nicht bekannt, wann diese Tests zur Verfügung stehen werden.

zentralplus: Welche Massnahmen wären aus Sicht des Kantons Zug beim Ausstieg aus dem Lockdown dringlich?

Pfister: Die Lockerungen müssen sicher vorsichtig und schrittweise stattfinden. Es muss zudem klar kommuniziert werden, dass Lockerungen nicht bedeuten, dass die Pandemie vorbei ist. Nur wenn sich die Bevölkerung weiterhin vorbildlich verhält, kann ein weiterer Anstieg der Ansteckungen verhindert werden. Überall wo jedoch die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden können, darf man die Einschränkungen lockern.

Verbote, die epidemiologisch nicht erklärbar sind, dürfen nicht länger aufrechterhalten werden, weil sonst das Vertrauen der Bevölkerung in die Massnahmen schwindet. Ich würde es begrüssen, wenn der Bundesrat den Kantonen bald wieder ihre ordentlichen Kompetenzen zurückgeben würde. Wo unklar ist, ob eine Lockerung medizinisch vertretbar ist, könnten die Kantone diese prüfen und bewilligen – oder verbieten.

zentralplus: Zug gilt als Aufofahrerkanton. Dennoch wurde kein Drive-in-Testzentrum eingerichtet, obwohl etwa in der Stadt Zug auf dem Gaswerkareal oder im Göbli-Quartier mehrere geeignete Standorte dafür vorhanden wären.

Pfister: Nun, im Kanton Zug werden die Tests nach wie vor von den Hausärzten vorgenommen. Wir sind überzeugt, dass mit der Kombination von hausärztlicher Betreuung und Testmöglichkeit für COVID-19-Patienten eine bessere Versorgung zu erreichen ist als mit einem Drive-in-Testzentrum. Abgesehen davon: Bei einem Test in einem Drive-in muss auch erst ein Arzt entscheiden, ob ein Test aufgrund der Symptome angezeigt ist. Im Kanton Zug findet alles unter einem Dach statt.

zentralplus: Ist es denkbar oder geplant, dass sich dies per 27. April oder in Zukunft ändert?

Pfister: Momentan besteht hier kein Handlungsbedarf, weil die Testkapazitäten bei den Arztpraxen ausreichen und wir keine Vorteile in einem Drive-in-Testzentrum sehen. Falls sich aber in Zukunft dennoch eine Strategieänderung aufdrängt, könnten wir auf fertige Konzepte zurückgreifen.

zentralplus: In den Medien der TX Group war zu lesen, dass der Kanton Zug als einer der wenigen mehr als genug Schutzmasken gemäss Pandemieplan vorrätig hatte – und zwar mehr als doppelt so viele wie empfohlen.

Pfister: Ja, der Kanton Zug hat in den letzten Jahren die Pandemieplanung ernst genommen und sich auf eine solche Situation vorbereitet.

zentralplus: Wo wurden die Masken denn gebunkert und von wem?

Pfister: Die Schutzmaterialien wurden vom Zivilschutz in seinen Räumlichkeiten gelagert.

zentralplus: Wie sieht es derzeit aus, besonders im Hinblick auf eine mögliche Schutzmaskenpflicht?

Pfister: Die Schutzmaterialien werden im Kanton mit Vorrang für das medizinische Fachpersonal verwendet. So können in den entsprechenden Einrichtungen das Personal und die Patientinnen und Patienten vor einer Ansteckung geschützt werden. Es hat niemand die enormen Mengen an Schutzmasken eingelagert, die für eine allgemeine Abgabe an die Bevölkerung nötig wären.

Aus fachlicher Sicht ist eine allgemeine Schutzmaskenpflicht auch nicht angezeigt. Für den medizinischen Gebrauch oder in bestimmten Konstellationen sind jedoch Masken wichtig. Man sollte sie für solche Anwendungen reservieren.

Themen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon