Karl Kobelt: «Ich übernehme die Verantwortung»

Warum der Zuger Stapi seine Meinung änderte

Karl Kobelt (FDP), Zuger Stadtpräsident- (Bild: youtbe)

Die Zuger Kulturkommission wollte ein Mitglied für drei Monate in ein Atelier nach Genua schicken – auf Staatskosten. Stadtpräsident Karl Kobelt erklärt, warum er dies nicht mehr für eine gute Idee hält.

Seit 10 Monaten ist Karl Kobelt (FDP) nun Zuger Stadtpräsident und als Vorsteher des Präsidialdepartements verantwortlich für die Zuger Kulturpolitik. Da gerät der klassisch gebildete Historiker wegen einer unbedachten Vergabe von Fördergeldern unversehens ins Kreuzfeuer der Kritik (zentralplus berichtete).

Dies muss überraschend für Kobelt gewesen sein, denn eigentlich ist er auf formale Korrektheit bedacht und hat auch ein grosses Herz für die Kultur: Vor seiner Wahl in den Zuger Stadtrat betrieb Kobelt eine Kommunikationsagentur, die sich auf den Kulturbereich spezialisiert hatte.

zentralplus wollte den Stadtpäsidenten zur Zukunft der Zuger Kulturpolitik befragen. Doch dieser wollte einer inhaltlichen Diskussion über eine neue Zuger Kulturstrategie nicht vorgreifen. Weil die Kulturstrategie in die Jahre gekommen sei, sei es «dringend erforderlich», sie zu überdenken. Dafür wolle man erst alle Anspruchsgruppen konsultieren. 

Also unterhielten wir uns über die Gegenwart der Zuger Kulturpolitik.

«Ich glaube, der Aussenwirkung wurde bei den Überlegungen zu wenig Beachtung geschenkt.»

zentralplus: Die Vergabe eines Atelierstipendiums durch die Kulturkommission hat für viel Aufsehen erregt, obwohl es dabei um wenig Geld geht: 4500 Franken und drei Monate gratis wohnen.

Karl Kobelt: Ich war überrascht, welchen Wirbel dies ausgelöst hat. Ich gebe freimütig zu, dass auch ich mich in der Kulturkommission für das Projekt von Aanu-Maria Calamnius-Puhakka  ausgesprochen hatte, weil mich die hohe künstlerische Qualität überzeugt hatte. Aber nach vertiefter Betrachtung bin ich zur Ansicht gekommen, dass die Empfehlung nicht richtig war.

zentralplus: Sie haben Ihre Meinung geändert?

Kobelt: Rechtlich war alles korrekt. Doch ich glaube, der Aussenwirkung wurde bei den Überlegungen zu wenig Beachtung geschenkt. Die Kulturkommission sollte einen Atelieraufenthalt aus Gründen der Corporate Governance nicht an eigene Mitglieder vergeben. Als Präsident der Kulturkommission übernehme ich die Verantwortung für diese Angelegenheit.

zentralplus: Also halten Sie den Kopf für ihre Leute hin?

Kobelt: Die Kommission hat lediglich beratenden Charakter. Die Vergabe von Fördergeldern ist rechtlich gesehen eine Kreditvergabe. Dies liegt bis zu einem gewissen Betrag in meiner Kompetenz, bei grösseren Summen entscheidet der Gesamtstadtrat. Wenn mich die Empfehlungen der Kulturkommission überzeugen, sehe ich keinen Grund, sie nicht zu befolgen. Komme ich aber persönlich zur Ansicht, dass sie nicht sinnvoll sind, behalte ich mir vor, anders zu entscheiden. In diesem Fall wurde der Atelieraufenthalt ja auch nicht vergeben, da die Vergabe ausgesetzt wurde, als erste Fragen auftauchten.

zentralplus: Warum braucht es eine Kulturkommission überhaupt?

Kobelt: Die ist erforderlich, um die Qualität von kulturellen Projekten beurteilen zu können. Das erforderliche Fachwissen ist in der Verwaltung nicht in jedem Fall vorhanden und die Politik kann diese Arbeit nicht leisten.

zentralplus: Ist die Kulturkommission personell richtig zusammengesetzt?

Kobelt: Ja, auch wenn in Zukunft wieder mehr der Erfordernis Beachtung geschenkt werden soll, dass neben den Zuger Fachleuten die Aussensicht vertreten ist.

zentralplus: Wer sitzt denn für das interessierte Kulturpublikum in der Zuger Kuko?

Kobelt: Oliver Frey bringt diese Aussensicht ein.  Zu einem Teil nimmt auch Roli Wismer diese Perspektive ein, obwohl er sich beim Genussfilmfestival engagiert – allerdings nur dort.

zentralplus: Oliver Frey scheidet Ende Jahr aus der Kulturkommission aus. Wer ersetzt ihn?

Kobelt: Das steht noch nicht fest. Die Kulturkommission wird in einer der nächsten Sitzungen darüber diskutieren – und eine Empfehlung abgeben. Die Kulturkommission wird durch den Stadtrat gewählt.

zentralplus: Fürs städtische Atelierstipendium haben sich nur sehr wenige Leute beworben. In der verlängerten Anmeldefrist nur eine Person. Ist es überhaupt ein geeignetes Fördermittel?

Kobelt: In den letzten 18 Jahren wurde es doch fast jedes Jahr vergeben. Und es geht um wenig Geld: 4500 Franken reichen wohl kaum aus, um drei Monate zu leben, da muss man unter Umständen eigene Mittel beisteuern. Dennoch wurde das Atelier oft nachgefragt. Wenn wir mit einer derart geringen Summe eine namhaften Beitrag zur Entwicklung eines Kulturschaffenden leisten können, sollten wir es tun. Natürlich überdenken wir diese Frage auch in der Kulturkommission.

«Fehler wurden gemacht, sie wurden eingestanden und sie werden korrigiert.»

zentralplus: Wie meinen Sie das?

Kobelt: In der Stadt Zug gibt es ein lebendiges kulturelles Geschehen, das uns relativ wenig kostet. Dieses gute Verhältnis zwischen Preis und Leistung ist zu würdigen. Wir haben engagierte Leute in der Kulturkommission, die sich für diese Stadt mit Herzblut einsetzen. Die Leistungen der Kommission sind anzuerkennen.

zentralplus: Die Verteilung von Kommissionssitzen ist im Stadtparlament umstritten: Wird auf dem Rücken der Kulturkommission ein politischer Stellvertreterkrieg ausgefochten, der eigentlich auf anderes abzielt?

Kobelt: Da masse ich mir kein Urteil an. Fehler wurden gemacht, sie wurden eingestanden und sie werden korrigiert.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von David Meyer
    David Meyer, 12.11.2019, 07:48 Uhr

    Die Kulturkommission hat nicht nur die CHF 4500.- sondern 380’000.- im Budget pro Jahr. Die Affaire ist also nicht ganz so niedlich wie es im Artikel dargestellt wird. Letztes Jahr gingen mehrfach Beträge im 5-stelligen Bereich an jene Veranstaltungen, bei welchen die Mitglieder der Kulturkommission in Vereinsvorständen oder OKs sitzen.

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