Luzerner Ständerat tuckert durch den Kanton

Warum Damian Müller die FDP grüner gemacht hat

Damian Müller ist mit seinem dreirädrigen Gefährt auf Wahlkampf-Tour – hier in Hildisrieden. (Bild: jwy)

Er will um jeden Preis wiedergewählt werden: Für den 34-jährigen Ständerat Damian Müller hat die Politik momentan oberste Priorität. Warum er dafür auf eine Beziehung verzichtet und warum die FDP grüner werden musste, verrät er bei einem Stopp mit seinem Müller-Mobil.

Samstagmorgen in Hildisrieden. Flott tuckert Ständerat Damian Müller mit seinem Müller-Mobil um die Ecke, parkiert vor dem Gemeindehaus und öffnet die Luken. Die Kaffeemaschine heizt auf, ein iPad auf einem Ständer wartet auf Selfies. «Für ein schnelles Kafi haben die Leute immer Zeit», erklärt der Ständerat.

Er eilt herum und «packt an», wie es seine Werbung verspricht. Was packt er nach einer allfälligen Wiederwahl als Nächstes an? «Ich bin kein Ankündigungsminister, der verspricht: Wenn ich gewählt werde, mache ich das und das. Ich arbeite tagtäglich und gebe mein Bestes. Für mich ist es ein Privileg, dass ich Ständerat sein kann.»

Es sind typische Damian-Müller-Sätze voller Polit-Pragmatismus. Gesundheitswesen, Rentenreform, Verhältnis zu den EU-Nachbarn, Cyberkriminalität, Zukunft der Armee – der Polit-Profi Müller vergisst kein Thema. Und, ganz der Ständerat, formuliert er seine Ambitionen: «Ich will weiterhin für den Kanton Luzern die optimalsten Bedingungen rausholen.»

Keine CVP-Wahlempfehlung

Müller schlägt im Gespräch einen gewissenhaften Ton an und blickt ernst: «Ich glaube, die letzten vier Jahre gehören zu den erfolgreichsten, die der Kanton Luzern in Bern hatte. Die Zusammenarbeit zwischen Koni Graber und mir hat hervorragend funktioniert.»

Ständerat Graber tritt nicht mehr an, Müllers FDP will weiterhin mit der CVP den Kanton vertreten und empfiehlt die Wahl von Andrea Gmür. Könnte Damian Müller auch mit einer linken Ständerätin oder SVPler Franz Grüter zusammenarbeiten?

«Wer mich kennt, weiss, dass man mit mir sehr gut zusammenarbeiten kann. Nicht der Politiker oder die Politikerin, sondern die Lösung steht für mich im Zentrum», sagt er.

Eine explizite Wahlempfehlung für Andrea Gmür hört man von ihm nicht. Doch er fügt an: «Wir haben einen guten Draht zueinander.»

Posieren fürs Selfie: FDP-Ständerat Damian Müller und Nationalratskandidatin Rosy Schmid. (Bild: jwy)

Smalltalk statt Wahlkampf

Die Hildisrieder Nationalratskandidatin Rosy Schmid hat vor dem Gemeindehaus zum Austausch mit der Bevölkerung geladen. Der Aufmarsch bleibt bescheiden, trotz Kuchen und Kaffee aus Damian-Müller-Tassen. Das ist eher Smalltalk als Wahlkampf-Stimmung.

«Anfangs fiel es mir schwer, mit einem angeschriebenen Auto unterwegs zu sein.»

Ständerat Damian Müller

Damian Müller spricht etwas abseits konzentriert mit einer Besucherin, später knipst er Selfies mit Kindern. Per Knopfdruck wird das Bild aus dem kleinen Drucker gespuckt. Träfe Sprüche oder laute Töne sind von ihm nicht zu vernehmen, seriös-professionell verläuft der Vormittag.

Das Müller-Mobil im Retro-Design war ein Buben-Traum, mit einem Freund hat er es selber umgebaut, lackiert und zusammengesetzt. Viele Stunden Arbeit stecken darin. Mittlerweile kurve er gern damit herum. «Anfangs fiel es mir schwer, mit einem angeschriebenen Auto unterwegs zu sein. Heute geniesse ich es, wenn mir die Leute zuwinken und lichthupen.»

Verbote sind kein Tabu mehr

Sei es beim Steuer-AHV-Deal oder der neuen Klima-Politik der FDP: Der Polit-Profi Damian Müller weibelt, zieht Fäden und ist präsent. Emotionen jedoch zeigt er kaum. Im Gespräch lässt er ab und zu mit einem Lächeln oder einer Kunstpause durchblicken, dass er mehr wüsste, als er sagt.

Die FDP hat rechtzeitig auf die Wahlen ihre grüne DNA entdeckt, die Delegierten haben das Programm im Juni abgesegnet, das auch neue Lenkungs- oder Flugticket-Abgaben enthält. Ist das Müllers Verdienst? Er sucht nach einer diplomatischen Formulierung. «Es war ein hartes Stück Arbeit.» Als Urheber will er sich aber nicht sehen. «Ich habe intensiv mitgearbeitet», sagt er nur. Brauchte es viel Überzeugungsarbeit? «Sehr viel, ja.» Er schmunzelt.

«Ich will nicht zurück zur Pferdekutsche.»

Die FDP vollzog einen Paradigmenwechsel. Müller sagt es so: «Wir sehen einfach, dass in vielen Bereichen die Eigenverantwortung nicht mehr ausreicht.» Wenn Informationen, Deregulierungen und Lenkungsmassnahmen alleine nicht greifen, müsse man als Ultima Ratio auch über Verbote nachdenken.

Politik beim Volk: Damian Müller kurvt mit seinem Mobil durch den Kanton Luzern. (Bild: jwy)

Müller kompensiert seine Wahlkampf-Fahrten

Inputs erhofft sich Müller von Innovationen der Hochschulen und der ETH. «Gerade beim Umweltschutz können wir damit viel erreichen. Die Schweiz war schon immer eines der innovativsten Länder. Wir müssen aufpassen, dass wir hier nicht den Anschluss verlieren», sagt er.

Die Wirtschaft habe beim Klimaschutz ihre Hausaufgaben gemacht, am meisten Nachholbedarf sieht er in der Mobilität und im Gebäudesektor. «Der Bund stellt Geld für Gebäudesanierungen zur Verfügung, aber jährlich werden 200 Millionen nicht abgeholt von den Kantonen. Warum? Sind die Informationen falsch? Ist es zu kompliziert?»

Müller selbst ist viel mit dem ÖV unterwegs, setzt sich ein für Mobility-Pricing – also verursachergerechte Kosten im Verkehr. Und er kompensiert seine Flüge und die Fahrt mit dem Müller-Mobil mit Myclimate. «Weil es das Einzige ist, das heute machbar ist.» Bei alledem bleibe er ein freiheitlich denkender Mensch: «Ich will nicht zurück zur Pferdekutsche und den Menschen alles verbieten. Wir müssen sie sensibilisieren, damit sie selber entscheiden können.»

Auch Selfies und Autogramme gehören zum Politiker-Leben: Damian Müller in Hildisrieden. (Bild: jwy)

Gerüchte über Privat-Leben

In einer ungeheuerlichen Kadenz ist Müller an Anlässen und Podien präsent: Ballonfahrt über den Kanton Luzern, Besuch mit Bundesrat Cassis in Mosambik und natürlich die Touren mit dem Müller-Mobil.

Daneben schreibt er Blog-Beiträge und ist in den sozialen Medien aktiv. Neben der Politik arbeitet er in einem 30-Prozent-Pensum bei der Swiss Life, sitzt in verschiedenen Verwaltungs- und Stiftungssräten und ist in Vereinen aktiv.

«Jeder soll so leben, wie er glücklich ist.»

Für das grosse Engagement opfert der 34-Jährige sein Familienleben. Eine Beziehung lasse die Politik nicht zu, sagte er kürzlich in einem Interview. Und er verneinte dabei Gerüchte, er sei homosexuell.

Hat ihn diese Frage nicht irritiert? Er seufzt und überlegt. «Es stimmt mich nachdenklich, dass das in der heutigen Zeit offenbar noch immer so ein grosses Thema ist. Aber ich finde es gut, wenn man mich direkt darauf anspricht und nicht Gerüchte befeuert.»

Damian Müller beantwortet eine Frage im Video:

Familienplanung vertagt

Dass sich Wählerinnen und Wähler auch für die Privatperson Müller interessierten, verstehe er. «Ich bin ein Liberaler, jeder soll so leben, wie er glücklich ist.»

Und natürlich lerne er Frauen kennen, doch das wolle er privat halten. Er könne sich auch sehr gut eine Familie vorstellen. Dereinst – «noch nicht heute oder morgen», sagt er.

«Ich sage dort nein, wo ich mich nicht wohlfühle.»

Die Familienplanung verschiebt Müller also ganz pragmatisch auf die Zeit nach der Politik. Wann das sein könnte, lässt er offen.

Auch bezüglich seiner weiteren politischen Ambitionen hält er sich bedeckt. Denn selbst nach drei Legislaturen im Ständerat wäre Müller erst 42. Vom Bundesrat bis zum Parteipräsidium stünden viele Türen offen.

Das Recht auf Nähe

Aktuell ist Damian Müller unterwegs, hat kaum freie Abende oder Wochenenden. Kann er schlecht nein sagen? «Ich sage dort nein, wo ich mich nicht wohlfühle. Man darf eines nicht vergessen: Überall, wo du ja sagst, brauchst du auch extrem viel Vorbereitungszeit.»

Als Ständerat sei er nicht in erster Linie der Partei verpflichtet, sondern der Bevölkerung: «Sie haben das Anrecht, nahe an der Politik zu sein. Damit es nicht immer heisst: ‹Die in Bern oben.›»

Das Meiste organisiert er selber, er habe nicht unendliche Ressourcen. «Die Zeit, die ich schenken kann, ist das, was am meisten wert ist.» Sein finanzielles Budget liege leicht unter jenem der letzten Wahlen, als er rund 80'000 Franken aufwendete.

Ist seine Wahl nur noch Formsache? Er verneint: «In der Politik wird erst am Wahltag abgerechnet. Ich setze mich mit ganzer Kraft für meine Wiederwahl ein.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Bonzanigo Silvio
    Bonzanigo Silvio, 11.09.2019, 19:30 Uhr

    Statt CO2 seines Mobils zu kompensieren, wäre Müller mit einem E-mobil weit glaubwürdiger unterwegs.
    Konkret: Welche Euro-Norm gilt für das Müller-Mobil?

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  • Profilfoto von Libero
    Libero, 11.09.2019, 16:50 Uhr

    Der Tatbeweis der FDP fehlt noch. Zur Sicherheit für die Umwelt SP oder grün wählen!

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