Er führte beim Titelgewinn 1989 glänzend Regie

War Jürgen Mohr der beste FCL-Spieler aller Zeiten?

Im Mai 2014 kam FCL-Meisterspieler Jürgen Mohr auf einen Besuch in der Swissporarena vorbei.

(Bild: Martin Meienberger )

Der lange Blonde war der herausragende Einzelspieler der Luzerner Meisterhelden von 1989: Jürgen Mohr begeisterte die FCL-Anhänger mit technischer Raffinesse und Übersicht. Der Deutsche besass die seltene Gabe, eine Mannschaft auf ein höheres Niveau zu führen. «Schön, dass mich die Leute in Luzern nicht vergessen haben», freut sich der 60-Jährige.

Sie sind Freunde des Fussballs, insbesondere des FC Luzern, ihre Schläfen meist angegraut und die aufgeworfene Frage in der Diskussionsrunde eine eminent wichtige: Wer war der beste Fussballer überhaupt im FCL-Dress? An den unzähligen Stammtischen in der Stadt und auf dem Land werden dann die üblichen Verdächtigen genannt. Zum Beispiel Erich Hahn, 1960 mit dem FCL zum ersten Mal Cupsieger geworden Oder Paul Wolfisberg, später Schweizer Nationaltrainer. Oder Markus Tanner. Oder Jürgen Mohr. Oder Roger Wehrli. Oder Hakan Yakin. Oder…

Spuren in den Herzen der FCL-Fans hinterlassen

In diesem Meinungsaustausch geht es vorab um den Unterhaltungsfaktor. Um Anekdoten aus unterschiedlichen Jahrzehnten des Luzerner Klubfussballs. Abschliessend wird die Frage nach dem besten FCL-Spieler aller Zeiten ohnehin nie zu beantworten sein. Weil die FCL-Helden in unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Ansprüchen an die Athletik gespielt haben, weil die einen in der Offensive und die andern in der Abwehr beschäftigt waren. Andere Ansprüche, andere Qualitäten.

«Den Trick habe ich mir von klein auf angeeignet. Als Nachwuchsspieler bin ich damit gelegentlich vom eigenen bis zum gegnerischen Tor durchgelaufen.»

Jürgen Mohr, Regisseur des FCL-Meisterteams

Ehre gebührt, wer überhaupt in den Herzen der Fans Spuren hinterlassen hat. Jürgen Mohr ist so einer. «Das macht mich stolz», sagt er. «Schön, dass mich die Leute in Luzern nicht vergessen haben.» Dass dem so ist, erlebt er selber über Facebook. «Ich freue mich immer wieder über Kommentare aus Luzern», sagt er, der in Longkamp auf dem Hunsrück in Deutschland lebt und seine Lebenspartnerin, die mit ambulantem Pflegedienst und Tagespflege ihr Geld verdient, bei der Arbeit unterstützt. 

Seinen Trick machte er schon als Junior

Aber was machte Jürgen Mohr als FCL-Spieler so aussergewöhnlich? Er konnte mit dem Ball im Spiel nach vorne immer etwas anfangen. Hatte er den Ball, wurde es für jede gegnerische Hintermannschaft gefährlich. Wegen seiner Fähigkeit, sich im Eins-gegen-Eins durchsetzen zu können, um dann sein geniales Passspiel zur Geltung zu bringen. Oder gleich selber in den Abschluss zu gehen. 

Nicht selten gewann er Zweikämpfe mit dem immer gleichen Trick. Eine Täuschung mit dem Oberkörper nach links, dann eine nach rechts – und Mohr lief mit dem Ball am Fuss einfach geradeaus weiter, weil sich der Gegenspieler in die Irre führen liess. «Den Trick», erzählt Mohr lachend, «habe ich mir schon von klein auf angeeignet. Als Nachwuchsspieler bin ich damit gelegentlich vom eigenen bis zum gegnerischen Tor durchgelaufen.»

Später reichte es immer noch dazu, gegnerische Abwehrreihen zu knacken. «Es ist im Fussball früher wie heute so: Erst wenn du oder ein Teamkollege an einem Gegenspieler vorbeikommt, tun sich Räume auf», sagt Hansi Burri. Zusammen mit Mohr bildete er im FCL-Mittelfeld ein sich perfekt ergänzendes Duo. Burri war der defensive Abfangjäger, Mohr das offensive Genie.

Sein FCL ist jener des letzten Jahrtausends

Mit dem FCL der 2000er Jahre verbindet Mohr nicht mehr viel. Er bemerkt aber, dass er immer nachschaue, welches Resultat die Luzerner eingefahren haben. «Manchmal schaue ich mir sogar die Bewegtbilder auf der Klub-Homepage an.»

 

Sein FC Luzern ist jener des letzten Jahrtausends. «In dieser Stadt verbrachte ich die schönste Zeit und erlebte den grössten Erfolg meiner Karriere», hält er fest. Mohr war es vorbehalten, das entscheidende Tor zum 1:0 über Servette am 10. Juni 1989 zu schiessen. Es war der letzte Schritt zum Meistertitel. «Diese riesige Begeisterung, diese fantastische Stimmung im Stadion, das wird mir unvergesslich bleiben. Es war ja, als ob ganz Luzern auf der Allmend gewesen wäre.»

Aber auch die Teamkollegen von damals hat er nie aus den Augen verloren. «Wir hatten einen tollen Zusammenhalt.» Und der ist bis heute geblieben. «Wir treffen uns bei Gelegenheit immer wieder. Bei Roger Wehrli und seiner Frau Anita waren wir schon öfter, mal für eine ganze Woche. Aber auch bei Urs Birrer und seiner Margot, als sie noch in der Schweiz lebten», nennt er Beispiele. Und es sei unglaublich, was der Hansi Burri schon für tolle Geschichten organisiert habe, merkt er an. Die nächste steht an. Am Pfingstsamstag treffen sich die Meisterhelden in Burris Badi-Restaurant in Sempach zum 30-Jahr-Jubiläum (zentralplus berichtete).

Der Wirbel um Mohrs Abgang

Wochen vor Beginn der Finalrunde Mitte März 1989 stand fest, dass die Zeit von Jürgen Mohr beim FC Luzern abläuft. Die beiden Parteien hatten sich nicht auf eine weitere Zusammenarbeit einigen können. Und das sorgte für einigen Wirbel im Klub und in dessen begeisterungsfähigem Umfeld. Schliesslich war Mohr der Publikumsliebling und die grösste offensive Trumpfkarte auf dem Weg zum Titelgewinn.

 

So berichteten die Zeitungen im Frühjahr 1989 über den Abgang von FCL-Regisseur Jürgen Mohr.

So berichteten die Zeitungen im Frühjahr 1989 über den Abgang von FCL-Regisseur Jürgen Mohr.

(Bild: ain)

Warum es keine Fortsetzung der Zusammenarbeit gab, darüber kursieren einige Darstellungen. «Das ist mir bis heute ein Rätsel, ich wäre gerne geblieben», sagt Mohr. Er kenne die Beweggründe der damaligen FCL-Führung nicht und habe versucht, mit Präsident Romano Simioni darüber zu reden.

Simioni sagt, dass er von Mohrs damaligem Spielerberater unter Druck gesetzt worden sei. «Nur wenn wir ihm einen fünfstelligen Betrag gezahlt hätten, hätte der Spielerberater Mohr dazu bewegt, in Luzern zu bleiben. Das habe ich mir aber nicht bieten lassen.» Der Hintergrund: Zu dieser Zeit kassierte ein Spielervermittler nur dann eine Provision, wenn er seinem Klienten einen neuen Arbeitgeber vermittelte. Von einer Vertragsverlängerung hatte er nichts. Vermutlich hatte er Jürgen Mohr gegenüber diesen Teil der Geschichte dezent verschwiegen.

Mit dem Transfer des aus seiner Sicht «besten Mannes, der je auf der Allmend spielte» zum FC Sion machte Simioni ein für den FCL lohnendes Geschäft. «Wir hatten 1986 über 400’000 Franken Ablöse für Mohr an Eintracht Frankfurt bezahlen müssen und schlugen drei Jahre später das Doppelte heraus.»

Auf der Strecke blieb hingegen eine Freundschaft. Der Trainer und er hätten in der ersten Zeit ein tolles Verhältnis gehabt. «Aber spätestens mit der Geschichte um meinen Transfer hatten Friedel Rausch und ich nicht mehr die gleiche Wellenlänge», erinnert sich Mohr. «Ich habe es ihm ins Gesicht gesagt, was mir an seinem Verhalten nicht passte. Deshalb hatten wir eine Zeit lang keinen Kontakt mehr. Und das war schon schade.»

Warum seine Trainerkarriere ein schnelles Ende fand

Zwei Jahre nach seiner Zeit im FCL verliess Mohr die Schweiz wieder Richtung Deutschland. Das sportliche Glück war ihm weder im Wallis noch ein Jahr später bei Servette treu geblieben, 1995, im Alter von fast 37 Jahren, beendete der begnadete Spielgestalter seine Karriere bei Eintracht Trier.

«Der Interimspräsident hatte ein bisschen Geld in den Verein gesteckt und machte Anstalten, mir reinquatschen zu wollen.»

Jürgen Mohr, Regisseur des FCL-Meisterteams

12 Jahre danach begann Mohr damit, den luxemburgischen Erstligisten SV Grevenmacher zu coachen. Doch die Lust an diesem Job verging ihm schnell. «Der Interimspräsident hatte ein bisschen Geld in den Verein gesteckt und machte Anstalten, mir reinquatschen zu wollen. Da war das Thema für mich schnell erledigt.» Und auch die Trainerkarriere. Erst recht auf diesem Level. «Das wollte ich mir nicht mehr antun.»

Sein Neffe spielt in der 2. Bundesliga

Heute lebt er seine Leidenschaft für Fussball vor allem über seinen Neffen Tobias Mohr aus. Dieser startete ursprünglich als linker Aussenverteidiger bei Greuther Fürth, einem Hinterbänkler der 2. Bundesliga. Der 23-jährige, der mittlerweile dank seiner überdurchschnittlichen Technik meist als Spielgestalter eingesetzt wird, hatte eine überzeugende Vorrunde hingelegt, bis er sich beim letzten Vorrundenspiel im Dezember am Knie verletzte und seither ausfiel.

Von seinem Profil her würde der Sohn von Jürgen Mohrs Bruder ganz gut ins Kader der Luzerner passen. «Nein», antwortet der frühere FCL-Meisterspieler auf eine entsprechende Frage lachend, «Tobias habe ich den Luzernern nicht empfohlen.» 

Wahrscheinlich wird er es auch nicht nachholen. Denn er traut Tobias eine berufliche Zukunft in der 1. Bundesliga zu. Schade für die Luzerner. Eine Prise Mohr könnte der Attraktivität des FCL-Spiels bestimmt nicht schaden.

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