Vier Rücktritte und nur fünf Listen

Wahlkreis Willisau: Wo das Rad der Politik etwas langsamer dreht

Im Wahlkreis Willisau gibt es wenig Auswahl, aber viele Vakanzen. Die FDP bei einer Standaktion im Städtli Willisau.

(Bild: Facebook FDP Willisau)

Ein Viertel der Kantonsratsdelegation aus dem Wahlkreis Willisau tritt bei den Wahlen Ende März nicht mehr an. Das bedeutet: Platz für neue Gesichter. Trotz dieser Ausgangslage bietet das Hinterland den Wählern vergleichsweise wenig Auswahl – und den Linken vergleichsweise hartes Brot.

Man kann es positiv sehen: Im Wahlkreis Willisau ist die Chance, am 31. März in den Kantonsrat gewählt zu werden, am grössten. Denn für die 16 Mandate bewerben sich «nur» 52 Kandidatinnen und Kandidaten. Das entspricht 3,25 Bewerbern pro Sitz – das ist mit Abstand der tiefste Wert. In allen anderen Wahlkreisen entfallen auf jeden Sitz mindestens fünf Bewerber, in Luzern-Stadt sind es sogar knapp zehn.

Gute Chancen, das bedeutet im Umkehrschluss auch: In Willisau ist das Interesse am Kantonsparlament nicht so gross. Das zeigt sich auch an der parteipolitischen Auswahl, die mit Abstand am kleinsten ist. 

Man findet keine Jungparteien, keine aussergewöhnlichen Listen wie Secondos oder Parteilose und nicht mal mehr eine der neueren Parteien wie BDP und GLP. Die Grünliberalen, die 2011 und 2015 noch antraten, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen, geben dieses Jahr bereits vor den Wahlen Forfait. Somit treten für einmal wieder nur die fünf traditionellen, grossen Parteien mit einer Liste an. Und keiner von ihnen gelingt es, die Liste zu füllen.

Wieso es trotzdem spannend ist

Trotzdem ist die Ausgangslage vielversprechender als 2015. Denn damals traten 16 Bisherige für die 16 Sitze an, für Neue gab es kaum Chancen, Sitzverschiebungen zwischen den Parteien blieben aus. Dieses Jahr hingegen gibt es vier Abgänge – und damit also Ende März sicher vier neue, lachende Gesichter.

So ziehen sich bei der CVP gleich zwei von sieben Kandidaten aus der Politik zurück: Marlis Roos Willi (Menznau) und Urs Kunz (Luthern). Zudem hat sich Franz Wüest (Ettiswil), Parteiurgestein und Zugpferd bei den letzten Wahlen, bereits 2017 aus der Politik verabschiedet. Seinen Sitz erbte Michael Kurmann.

Die fünf bisherigen CVP-Kantonsräte, die wieder antreten: Thomas Grüter, Urs Marti, Michael Kurmann, Inge Lichtsteiner und Ludwig Peyer (von links nach rechts).

Die fünf bisherigen CVP-Kantonsräte, die wieder antreten: Thomas Grüter, Urs Marti, Michael Kurmann, Inge Lichtsteiner und Ludwig Peyer (von links nach rechts).

(Bild: zvg)

Trotzdem gibt sich die wählerstärkste Partei kämpferisch: Sie will Ende März einen achten Sitz erobern. «Wir haben zwölf sehr gut vernetzte, top motivierte Kandidaten auf der Liste. Die regionale Verteilung, das Alter und der berufliche Hintergrund sind sehr breit», sagt Wahlkreispräsidentin Marlis Roos Willi.

Hoffnung setzt die Partei nebst den fünf Bisherigen etwa auf André Aregger aus Ufhusen. Er sass bis 2015 bereits einmal im Kantonsrat, wurde dann aber abgewählt. Ebenfalls bereits zehnjährige Parlamentserfahrung hat der Luzerner Bauernverbandspräsident Jakob Lütolf, der ebenfalls wieder in den Kantonsrat will. Angeführt wird die Liste von Fraktionschef Ludwig Peyer. Und im Wahlkampf natürlich auch von Regierungsrat Guido Graf aus Pfaffnau, der 2015 das beste Resultat erzielte.

Aktuelle Sitzverteilung:

 

 

Dass  indes vor allem die Namen von Männern fallen, hängt damit zusammen, dass sich nur gerade zwei Frauen auf der CVP-Liste finden. Etwas, was Marlis Roos Willi bedauert. «Es ist aber eine Tatsache, dass insbesondere die Frauen heute oft in mehreren Bereichen sehr gefordert sind. Als Mutter, im Beruf, bei Betreuungsarbeiten oder in Vereinsvorständen: Da hat ein politisches Mandat manchmal schlicht keinen Platz mehr.»

FDP mit zwei Abgängen

Auch bei der FDP fehlen dieses Jahr bekannte Aushängeschilder. Nebst dem Willisauer Regierungsrat Robert Küng treten auch zwei bisherige Kantonsräte nicht mehr an: Hildegard Meier-Schöpfer und Erich Leuenberger. Damit steht die FDP vor der Herausforderung, die Hälfte ihrer Entsendung in den Kantonsrat neu zu bestellen. «Unser prioritäres Ziel ist es, die 4 Sitze zu verteidigen», sagt Wahlkreispräsidentin Hildegard Meier-Schöpfer. «Mit der Vielseitigkeit unserer Kandidaten erhoffen wir uns sogar, den fünften Sitz zurückzuholen, den wir 2011 verloren haben.»

Philipp Bucher und Helen Schurtenberger treten für die FDP wieder an.

Philipp Bucher und Helen Schurtenberger treten für die FDP wieder an.

(Bild: zvg)

Dabei fällt auf: Die FDP schickt nur gerade acht Kandidaten ins Rennen. Aus strategischen Gründen, wie Meier sagt. «Wir haben bei den letzten Wahlen gemerkt, dass wir aufgrund der freien Linien auf der Liste knapp das Restmandat verloren haben.» Nun führt die Partei alle Namen doppelt auf – und hofft dank diesem «Versuch» auf mehr Stimmen. Insgesamt, so sagt Hildegard Meier-Schöpfer, sei es genauso wichtig, dass die FDP möglichst viele Wähler an die Urne bringen kann. «Ohne Mobilisierung können unsere Kandidaten noch so gut sein, dann reicht es nicht.»

Wahlkreis Willisau

Der Wahlkreis Willisau zählt am meisten Gemeinden: Er umfasst Alberswil, Altbüron, Altishofen, Dagmersellen, Ebersecken, Egolzwil, Ettiswil, Fischbach, Gettnau, Grossdietwil, Hergiswil, Luthern, Menznau, Nebikon, Pfaffnau, Reiden, Roggliswil, Schötz, Ufhusen, Wauwil, Wikon, Willisau und Zell.

Willisau ist seit 2011 mit Entlebuch in einem Wahlkreisverbund organisiert. Gewählt wird zwar separat in den jeweiligen Wahlkreisen, die Mandate werden anschliessend aber in einer aufwändigen Berechnung über das gesamte Gebiet verteilt. Das soll die Chancen für kleine Parteien erhöhen, denn laut Bundesgericht sind Proporz-Wahlkreise mit weniger als zehn Sitzen verfassungswidrig.

Dass das Interesse in Willisau an einer Kandidatur kleiner ist, begründen übrigens alle bürgerlichen Parteien ähnlich. Zum einen fehle vielen die nötige Zeit. Und zum anderen gebe es im Hinterland bei den Bürgerlichen kaum Listenfüller. «Wer kandidiert, will reale Wahlchancen haben», sagt etwa Hildegard Meier-Schöpfer.

SVP greift an

Reale Wahlchancen rechnet sich auch die SVP aus. Anders als die beiden anderen bürgerlichen Parteien treten alle vier bisherigen SVP-Kantonsräte an. Zudem stehen insgesamt 14 Kandidaten auf der Liste. Entsprechend sind die Erwartungen: «Wir wollen wachsen und einen fünften Sitz anstreben», sagt Wahlkreispräsident und Kantonsrat Willi Knecht. Weil die CVP aktuell am meisten Mandate innehat, würde das seiner Meinung nach wohl auf ihre Kosten gehen.

Nebst dem Bisherigen-Bonus und der ausgewogenen Liste hofft die SVP auch auf das Entlebuch: Dank dem Wahlkreisverbund könnte es – anders als vor vier Jahren – dank den gemeinsamen Stimmen diesmal für ein Restmandat reichen, glaubt Knecht (siehe Box).

Die SVP tritt mit allen vier Bisherigen an: Willi Knecht, Corinna Klein, Toni Graber und Robi Arnold.

Die SVP tritt mit allen vier Bisherigen an: Willi Knecht, Corinna Klein, Toni Graber und Robi Arnold.

(Bild: zvg)

Auf ein spezielles Wahlkampfthema setzt die SVP hingegen nicht. Es sei so, dass die Finanzen mit der gewonnen Steuerabstimmung im Mai 2017 viel zu reden gaben, so Willi Knecht. Und auch die anstehende Aufgaben- und Finanzreform 18, von der im Wahlkreis Willisau alle Gemeinden profitieren dürften. «Wir haben kein Meggen und keinen Seeanstoss, sondern den Napf und die Gemeinden mit den durchschnittlich höchsten Steuerfüssen», sagt der Menznauer. «Darum sind wir als Randregion auf einen fairen Ausgleich angewiesen.»

SP strebt zweiten Sitz an

Die SP stellt im Wahlkreis Willisau mit der 32-jährigen Sara Agner eine einzige Kantonsrätin. «Unser Ziel ist es, ihren Sitz zu verteidigen und einen zweiten zu holen», sagt Wahlkampfleiter Sebastian Dissler. Dazu sei man gut aufgestellt: Mit 13 Kandidatinnen und Kandidaten konnte die SP ihre Liste im Vergleich zu 2015 um mehr als das Doppelte ausbauen. Das sei den aktiven Sektionen, zum Beispiel in Willisau, Dagmersellen, Reiden und Wikon zu verdanken, sagt Dissler.

Sara Agner, die einzige Vertreterin der SP im Wahlkreis Willisau.

Sara Agner, die einzige Vertreterin der SP im Wahlkreis Willisau.

(Bild: zvg)

«Gleichzeitig spüren wir auch, dass der Unmut über die Politik der Regierung grösser ist als vor vier Jahren. Das hat bei der Kandidatensuche sicher geholfen», sagt Dissler. Er glaubt denn auch, dass die SP mit ihren Themen nicht nur in den urbanen Gebieten Wähler findet. «Die Prämienverbilligungen sind auf dem Land zum Beispiel ein drängendes Thema, weil da die Einkommen durchschnittlich tiefer sind als in Stadt und Agglomeration.»

Hoffnung schöpfen kann die SP vielleicht auch dank der Listenverbindung mit den Grünen. Diese ist im Wahlkreis Willisau aktuell nicht mehr vertreten, die Partei dürfte womöglich aber vom derzeit präsenten Thema Klimaschutz profitieren.

Hinweis: Im zentralplus-Wahldossier finden Sie alle Beiträge zu den kantonalen Wahlen vom 31. März 2019.

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