Nach Strafanzeige der Stadt Luzern

Wagenplatz Hinterschlund: Jetzt reden die Bewohnerinnen

Am Freitagmorgen haben die Wagenplatz-Bewohnerinnen ihren Standpunkt verkündet. (Bild: bic)

Sie lebten über Jahre auf dem Platz beim Luzerner Salzlager. Jetzt mussten die Wagenbewohner aufgrund eines beginnenden Bauprojekts jedoch das Feld räumen. Niedergelassen haben sie sich stattdessen auf einem Grundstück der Stadt Luzern, die Anzeige erstattet hat. Für die Bewohnerinnen ist aber klar: Sie sind gekommen, um zu bleiben.

Seit dem Wochenende ist Leben auf die seit Jahren brachliegende Wiese im Krienser Hinterschlund gekommen. Neuerdings stehen bunte Wagen auf der Fläche, die von mehreren Personen bewohnt werden. Dabei handelt es sich um einige Wagen des ehemaligen Wagenplatzes beim Luzerner Salzlager (zentralplus berichtete).

Dieses Areal mussten die Bewohnerinnen aber mittlerweile verlassen, da eine neue Überbauung geplant wird. Was für die Bewohner nun das neue Zuhause darstellt, veranlasst die Stadt Luzern als Grundstückeigentümerin zu einer Strafanzeige. Dies, weil die Wagen ohne Abmachung mit der Stadt Luzern auf das Grundstück gestellt wurden (zentralplus berichtete).

Beide Seiten suchen das Gespräch

Seitens der Stadt Luzern ist es durchaus möglich, die momentane Besetzung in ein vertraglich geregeltes Verhältnis umzuwandeln, sollten gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Ähnlich klingt es auch bei den Bewohnern selbst. «Wir haben der Stadt Luzern und Kriens angeboten, so bald als möglich gemeinsam über die Details der Nutzung des Areals durch den Wagenplatz zu sprechen», meint das Kollektiv am Freitagmorgen gegenüber zentralplus. «Ein solches Gespräch wird bald stattfinden und wir sind zuversichtlich, dass daraus sinnvolle Einigungen hervorgehen werden.»

«Wir sind zuversichtlich, dass aus einem Gespräch mit der Stadt sinnvolle Einigungen hervorgehen werden.»

Wagenplatz-Kollektiv

Im selben Atemzug stellen sie aber auch klar, dass es sich bei einer allfälligen Abmachung kaum um einen konventionellen Mietvertrag handeln wird. «Wir sind durchaus bereit, Vereinbarungen zur Nutzung des Platzes zu treffen. Um einen klassischen Mietvertrag kann es sich hierbei nicht handeln, da unsere Wohnform in gängigen Formularen und Reglementen nicht vorkommt. Wir sind also umso zuversichtlicher, dass wir mit den involvierten Behörden Abmachungen treffen können, die auf den Platz und unsere Nutzung abgestimmt sind», erklären die Bewohnerinnen, die nicht namentlich genannt werden möchten. Dabei könne man sich auch auf die Arbeit und Erfahrungen vorangegangener und bestehender Wagenplätze stützen.

Kritik am Wegzug vom Salzlager

Was die Anzeige angeht, sind die Wagenbewohner etwas überrascht. Denn: «Im Zuge der Suche und Abklärungen für einen geeigneten Platz sind wir mit verschiedenen behördlichen Stellen in Kontakt getreten.» Das Kollektiv sagt, es habe sowohl die Bereitschaft als auch diverse Vorabklärungen und Vorschläge zu Vereinbarungen zur Nutzung offensiv kommuniziert.

Die Stadt Luzern hielt am Donnerstag lediglich fest, dass Vertreter der Wagenburg Salzlager vor den Sommerferien das Gespräch mit den Behörden gesucht, aber nach einem Austausch nicht weitergeführt hätten. Mit den jetzigen Wagenburg-Bewohnern im Hinterschlund will die Stadt in Dialog treten.

«Eine Stadt braucht Alternativen zu Konsumangeboten und normierten, teuren Mietwohnungen.»

Wagenplatz-Kollektiv

Das neue Wagenplatz-Kollektiv betont am Freitag nochmals mit Nachdruck, dass der Wegzug vom Salzlager zwar gemäss Abmachung durchgeführt wurde, doch keinesfalls gutgeheissen würde. Dies, weil auf dem einst bestandenen Freiraum durch Neubauten wichtiger Raum verloren geht, der von Personen wie ihnen niederschwellig gestaltet und belebt wurde.

Ein Ort jenseits der Konsumwelt

Zum Vergleich nennen die Bewohnerinnen Projekte wie das Eichwäldli, oder auch die frühere Teiggi, als noch die alten Fabrikgebäude das Areal dominierten und mit viel Freiheit hantiert werden konnte. Wichtig ist ihnen dabei: Immer wieder verschwinden solch unkommerzielle und unkonventionelle Projekte aus der Stadt. Genau das kritisiert das Kollektiv: «Eine Stadt braucht Alternativen zu Konsumangeboten und normierten, teuren Mietwohnungen. Orte, an denen das Zusammenleben nicht von Einkommen und sozialem Status abhängt.»

Das Anliegen der neuen Wagenplatz-Bewohnerinnen ist bestimmt. Jenes der Stadt hingegen auch. Dennoch scheint eine Einigung zwischen den beiden Parteien nicht ganz unwahrscheinlich. Doch schlussendlich steht und fällt die Zukunft – wie bereits in der Causa Eichwäldli – einmal mehr mit der Kommunikationsfähigkeit der Stadt und des Kollektivs.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Nachbar
    Nachbar, 02.10.2021, 17:00 Uhr

    Das neue Wagenplatz-Kollektiv betont am Freitag nochmals mit Nachdruck, dass der Wegzug vom Salzlager zwar gemäss Abmachung durchgeführt wurde, doch keinesfalls gutgeheissen würde.

    Das ist doch wohl ein Witz. Gut geheissen wurde auch nicht die Lärmbelästigungen, Demos, und die Rauchentwicklung im Winter.
    Das in den letzten Monat / en alle Überreste verbrannt wurden war dem Kollektiv auch egal. Das Kollektiv ist wohl eher ein „wir machen uns die Welt wie sie uns gefällt.“

    Mein Beileid an die neuen Nachbarn …

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