FCL-Urgestein David Zibung vor dem Cup-Halbfinal

Vor Karriereende – Zibung will endlich einen Kübel

FCL-Goalie Dave Zibung will dieses Jahr den Cupsieg. (Bild: esa)

Dave Zibung spielt schon sein ganzes Leben lang als Goalie beim FC Luzern. Vor dem Cup-Kracher diesen Mittwoch gegen Lugano spricht der 32-Jährige mit zentral+ über sein Leben als FCL-Urgestein, Final-Traumata, fiese Kritik und seinen bevorstehenden Abschied aus dem hitzigen Fussballzirkus.

«Ich glaube, ich habe mit Luzern ziemlich alles erreicht», sagt David Zibung. Seit seinem 20. Lebensjahr ist er Stammgoalie beim FC Luzern (siehe Box). Dem Club-Urgestein fehlt nur noch das Pünktchen auf dem i – und das ist ein Pokal. Diesen Mittwoch bietet sich im Halbfinal gegen Lugano eine vorzügliche Gelegenheit, dem Cupsieg einen riesigen Schritt näherzukommen. Mit zwei gehaltenen Penaltys letzten Sonntag gegen Sion und am 5. Dezember gegen YB scheint der sonst nicht als Penaltykiller bekannte Zibung in Form zu kommen. Das wäre sicher hilfreich, hat doch der FCL in den letzten gut zehn Jahren, seit Oktober 2005, kein einziges Penaltyschiessen mehr gewonnen. Zu personellen Fragen wie den Abgängen von Sportchef Rolf Fringer oder von Assistenztrainer Roland Vrabec sagt Zibung übrigens nichts: «Ich äussere mich nur zu Dingen, die ich auch beeinflussen kann.» Unsere anderen Fragen aber beantwortete Zibung ohne Umschweife.

zentral+: Dave Zibung, Sie sind eigentlich eine FCL-Legende. Es gibt sogar eine Fan-Hymne für Sie. Tun Sie mir den Gefallen und singen für die Kamera?

Dave Zibung: Nein, nein, nein! Das sollen andere machen. Für mich ist es schön, dass ich nach all den Jahren ein eigenes Lied habe. In der Regel wird es nach einer guten Aktion von mir gesungen. Ich hoffe natürlich, das passiert in jedem Match. Aber nicht wegen meinem Ego, sondern weil es bedeutet, dass ich die Mannschaft vor einem Gegentor bewahrt habe.

zentral+: Wir haben fast erwartet, dass Sie so etwas sagen. Für alle, die das Lied nicht kennen:

zentral+: Deshalb die Alternative: Wir beginnen einen Fan-Song und Sie beenden ihn.

Zibung: Aber ich kenne nicht alle Texte …

zentral+: Wir schauen mal, ob Sie diesen kennen. Also: FCL allez … Mer sind emmer bi der! …

Zibung: … egal wo du au besch, mer stönd emmer zu der!

zentral+: Ja genau!

Zibung: Ist es das? Singen sie «… mer stönd …» oder «… mer sind emmer bi der»?

«Am Ende des Tages sind auch wir Menschen.»

zentral+: In der Kurve singen nicht alle dasselbe.

Zibung: Ah, ok. (lacht herzlich)

zentral+: Würden Sie eigentlich selbst in der Kurve stehen, wenn Sie nicht Profi geworden wären?

Zibung: Wenn ich heute gefragt werde, sage ich: Ja, selbstverständlich! Dieses Blau-Weiss, dieser FC Luzern, dieses Virus ist so in mir drin. Die Hälfte meines Lebens verbringe ich hier auf der Luzerner Allmend. Aber ob es dann wirklich so gewesen wäre, kann man schwer sagen.

Captainbinde am Arm und voll auf die Spieleröffnung fokussiert: Dave Zibung.

Captainbinde am Arm und voll auf die Spieleröffnung fokussiert: Dave Zibung.

(Bild: Martin Meienberger)

Aus im Cup: Glück und Pech für Zibung

Update: Der FCL ist am Mittwochabend gegen Lugano mit 1:2 aus dem Cup ausgeschieden. Dabei hatte Zibung einmal Pech und einmal Glück. Glück hatte er, als Sabbatini seinen Penalty bloss an die Latte haute, Pech hatte Zibung, als er einen Schuss nach vorne abprallen lies, den Doppeltorschütze Donis eiskalt verwertete. Zibung sowie das ganze Team plus die Anhänger müssen folglich weiter auf den nächsten Kübel warten.

zentral+: Nach all den Jahren kennt man Ihr Gesicht. Wie ist das, so im Fokus zu stehen? Werden Sie oft angesprochen?

Zibung: Es kommt darauf an, wie die Situation beim FC Luzern ist. Wenn wir hier beim FCL unruhige Zeiten haben, dann wird man mehr angesprochen. Jeder will wissen, woran es liegt und was falsch läuft. In guten Zeiten heisst es: «Du warst super letztes Wochenende!» Im Grossen und Ganzen ist es aber sehr überschaubar – human. Es ist sehr angenehm, sich in der Stadt zu bewegen. Hier wird man erkannt und vielleicht auch mal ab und zu kritisch angeschaut, was auch ok ist. Aber in den 15 Jahren als Profi hatte ich noch nicht ein extrem negatives Erlebnis ausserhalb des Fussballs.

zentral+: Haben Sie das Gefühl, dass man Ihnen speziell auf die Finger schaut, wenn Sie zum Beispiel Alkohol trinken oder etwas Fettiges essen?

Zibung: Ich gehe mit gutem Gewissen in den Ausgang. Wenn der Moment für mich stimmt und es nicht irgendwie ein Tag vor einem Match ist, an dem ich Bier trinke und Pizza esse, dann ist das ja auch kein Problem. Dann kann ich dahinterstehen. Es ist auch kein Problem für mich, wenn das die Leute sehen und nicht verstehen können. Am Ende des Tages sind auch wir Menschen. Das wird oftmals etwas vergessen.

zentral+: Sie waren zwischendurch auch mal Kapitän der Mannschaft. Jetzt, da Claudio Lustenberger verletzt ist, sind Sie Vize-Captain hinter Tomislav Puljic. Sind Sie nicht gerne hauptamtlich Captain?

Zibung: Ciri Sforza hat mich dazumals zum Captain gemacht. Nach jedem Trainerwechsel habe ich aber mein Captainamt zur Verfügung gestellt. Ich wollte nie, dass ein neuer Trainer Angst haben muss, mir die Binde wegzunehmen. Es gibt ja auch Trainer, die nicht wollen, dass der Goalie Captain ist. Das ist für mich überhaupt kein Problem. Ich bin nicht «giiggerig» auf das Amt. Als Goalie bist du sowieso ein Lautsprecher. Du musst die Abwehr dirigieren, ob du Captain bist oder nicht.

Zibung gibt lautstark Anweisungen an seine Vorderleute. Hier beim Rückrundenauftakt gegen den FC Basel Anfang Februar.

Zibung gibt lautstark Anweisungen an seine Vorderleute. Hier beim Rückrundenauftakt gegen den FC Basel Anfang Februar.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

zentral+: Aber wenn der glorreiche Moment kommen sollte und ihr einen Pokal stemmt, dann ist es der Captain, der den Pokal überreicht bekommt und in die Höhe streckt. Würde Sie das nicht reizen?

Zibung: Boah, das ist mir so egal. Ich will einfach den Kübel und mir ist scheissegal, ob ich ihn als Erster oder Achtzehnter in der Hand halte. Das andere ist für die Aussendarstellung, darauf bin ich nicht scharf. Diese Geschichte wird von der Öffentlichkeit sowieso überbewertet. Es ist ein Privileg, Captain einer Fussballmannschaft zu sein. Aber alles in allem geht es um die Sache. Ich gebe das Beste für die Mannschaft, bringe mich ein, wo ich kann, und sage etwas, wenn ich das Gefühl habe, ich muss etwas sagen.

zentral+: Der nächste Gegner auf dem Weg zum Kübel ist Lugano. Was braucht es, um Lugano zu schlagen?

Zibung: Eine Topleistung, weil wir gegen Lugano auf eine Mannschaft treffen, die sehr spielstark ist, grosses Risiko eingeht und uns in der Vorrunde grosse Mühe bereitete. Wir werden total konzentriert spielen müssen und von der ersten Sekunde an sehr aufmerksam sein. Ich bin sehr zuversichtlich, weil wir zu Hause vor unseren überragenden Fans spielen. Mit ihnen im Rücken werden wir die Topleistung, die es braucht, abrufen können.

zentral+: Sie standen schon in drei Finals und waren dabei immer ein Stückchen näher am Pokal. 2007 und 2012 gegen Basel waren Sie jeweils ein Hauptprotagonist, als Penaltys das Finale entschieden.

«Ich weiss, was es heisst, im Final zu stehen.»

Zibung: Die Enttäuschungen nach diesen Niederlagen sind sicher so gross wie nie sonst. Es hat nur ein Mückenschiss gefehlt und es wäre auf unsere Seite gekippt. Das sind schon Niederlagen, die an dir nagen, die dich beschäftigen, aber die dir gerade in der anderen Sekunde auch den Mumm geben, dir zu sagen: «Dranbleiben, weitermachen! Und die Chance packen, wenn sie nochmals kommt.»

zentral+: Also hat David Zibung kein Cupfinal-Trauma?

Zibung: Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil: ich will unbedingt in den vierten Cupfinal. Dann sind halt nicht aller guten Dinge drei, sondern vier (schmunzelt).

zentral+: Was machen Sie seither anders oder würden Sie in diesem Final anders machen?

Zibung: Beim Penaltyschiessen fünfmal in die andere Ecke springen (lacht). Nein, man sieht, es wurde immer knapper, wir haben uns sehr gut präsentiert. Ich weiss, was es heisst, im Final zu stehen. Die Rückendeckung der Fans an diesem Tag ist unglaublich. Das stimmt mich zuversichtlich. Ich bin überzeugt, dass mit dieser Unterstützung irgendwann die Gerechtigkeit siegen muss. Es wäre eine grosse Genugtuung für mich, diesen Fans den Pokal auch irgendwie schenken zu können. Aber zuerst haben wir die brutal schwierige Aufgabe, Lugano zu bewältigen. Danach können wir von etwas anderem sprechen.

Die FCL-Fans sorgten mit einer wunderbaren Choreo vor dem Spiel für eine besondere Atmosphäre. Der Cupfinal 2007 gegen den FC Basel wurde durch ein Elfmetertor in der Nachspielzeit entschieden (Bild: Dominik Stegemann).

Die FCL-Fans sorgten mit einer wunderbaren Choreo vor dem Spiel für eine besondere Atmosphäre. Der Cupfinal 2007 gegen den FC Basel wurde durch ein Elfmetertor in der Nachspielzeit entschieden (Bild: Dominik Stegemann).

zentral+: Was unterscheidet die heutige Mannschaft von den drei Cup-Zweiten davor?

Zibung: Sie ist sicher breiter aufgestellt. Wir haben viel mehr Qualität innerhalb der Mannschaft. Wir haben mehr Möglichkeiten vom System her, aber auch 22 bis 24 Kaderspieler, die jederzeit einsetzbar sind. Wir können alle ersetzen, und zwar eins zu eins. Wir sind heute sicher viel, viel besser aufgestellt als damals.

zentral+: Viele Fans mögen Sie, weil Sie unter dem Strich eine gute Leistung zeigen und so lange schon beim FCL sind. Es gibt aber auch Fans, die Sie längst auf den Mond schiessen möchten und dies etwa in Leserbriefen oder Online-Foren auch gerne kundtun. Wie stark nagt solche Kritik an Ihnen?

Zibung: Im Gegensatz zu meinen Anfangsjahren ist es für mich heute entscheidener, von wem die Kritik kommt. Wichtig sind für mich vor allem die Beurteilungen des Cheftrainers und des Goalietrainers.

«Die konkrete Möglichkeit, zu einem grösseren Club als Luzern zu wechseln, bestand nie richtig.»

zentral+: Sie sind nun 32-jährig und haben immer «nur» beim FCL gespielt. Daran wird sich wohl auch nichts mehr ändern. Warum ist das so und wie sehr wurmt Sie das?

Zibung: Das hat verschiedene Gründe. Luzern ist mein Club, mit dem ich gross geworden bin. Ich bin zehn Minuten von hier in Hergiswil aufgewachsen. Ich hatte das grosse Glück, dass ich die Chance beim FC Luzern erhielt, im Profibetrieb Fuss zu fassen. Ich will überhaupt nicht sagen, dass ich nie weg wollte, aber es war nie meine oberste Priorität. Es gab Möglichkeiten, zu gehen, aber die waren nie so optimal. Wenn ich wechsle, will ich in eine bessere Liga als die Schweizer Liga. Zu einem Club, der grösser ist als der FC Luzern. Diese konkrete Möglichkeit bestand nie richtig in meiner Karriere.

zentral+: Sie stehen vor dem Ende Ihrer Karriere als aktiver Fussballer. Wie sehen Sie Ihre berufliche Zukunft? Wäre es etwa ein Option, danach als Ausbildner weiterzumachen?

Zibung: Aus Ausbilder ja, aber nicht als Trainer der Goalies der ersten Mannschaft. Letzteres liegt mir nicht unbedingt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, junge Goalies auszubilden. Ich kann mich sehr gut in die jungen Goalies hineinversetzen, weil ich selbst schon früh zum FC Luzern kam. Ich habe auch schon mit 14 Jahren fünf Mal die Woche trainiert. Ich weiss, was das heisst, eine Lehre zu machen, jeden Abend zu trainieren, am Wochenende zu spielen und das drei Jahre lang jeden Tag. Ich könnte mir gut vorstellen, später Goalies zu begleiten, bis sie ins Profialter kommen, und diese danach an den Goalietrainer der ersten Mannschaft zu übergeben.

Viel Erfahrung in Cupfinals

Als 14-Jähriger kam der heute 32-jährige David Zibung zum FC Luzern. Mit 17 Jahren wurde er 2001 Profi. Das war zu einer Zeit, als der FC Luzern abgestiegen war und am grünen Tisch die Erstligazugehörigkeit nur halten konnte, weil Lugano Konkurs ging. Im darauffolgenden Jahr stieg der FCL doch noch ab, um 2003 mit David Zibung als Stammgoalie in die oberste Liga zurückzukehren. Aktuell hat er einen Vertrag bis Mitte 2017.

Zibung wohnt seit ein paar Jahren mit seiner Frau und seiner Tochter in Schenkon neben Sursee. Er ist nach YBs Marco Wölfli der dienstälteste Spieler der Super League. Der gebürtige Hergiswiler (NW) hat über 400 Spiele für den FC Luzern absolviert und spielte in rund jedem 6. Spiel zu null.

 

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