Wenig Begeisterung für neue Luzerner Tunnel-Idee

Von wegen Befreiungsschlag: Für den Kanton ist «Spange Mitte» alter Zopf

Ein Fahrradfahrer wurde nach seiner Spritztour durch den Reussporttunnel in Luzern von der Polizei in Empfang genommen (Symbolbild).

(Bild: Google Maps)

Ist die neu lancierte «Spange Mitte» die Lösung aller Verkehrsprobleme – oder einfach eine weitere Variante der Spange Nord? Behörden und Politikern scheinen jedenfalls nicht auf diese Idee gewartet zu haben.

Der Luzerner Architekt Martin Simmen glaubt nicht mehr an die Spange Nord – er hat darum die Spange Mitte lanciert: einen durchgehenden Tunnel von der Haldenstrasse (Hotel Europe) bis zum Autobahnanschluss Lochhof sowie zum Reussport-Tunnel (zentralplus berichtete).

Damit würde das Gebiet zwischen Seebrücke und Luzernerhof vom Autoverkehr befreit und zur echten Flanierzone, ist der Architekt überzeugt. Support erhält er vom Magazin «Stadtsicht». Dort steht, dass die Spange Mitte sogar günstiger wäre als die Spange Nord, die je nach Variante zwischen 200 Millionen und 1 Milliarde Franken kosten würde.

Eine zu gute Idee, um nicht weiterverfolgt zu werden, könnte man meinen. Doch was halten Behörden und Politiker vom Vorschlag?

Untervariante der Spange Nord lang

Noch vage äussert man sich beim Kanton Luzern: Man sei über die Idee informiert worden, näher vorgestellt worden sei diese aber noch nicht. Aus Sicht des Kantons handelt es sich bei der Tunnellösung Spange Mitte um eine «Untervariante zur Spange Nord lang». Mit einem Unterschied: Bei der Spange Nord lang ist ein Anschluss im Gebiet Schlossberg/Friedentalstrasse vorgesehen, bei der Spange Mitte beim Luzernerhof.

Will heissen: Die Spange Mitte wird nicht gesondert als neuer Vorschlag in die Planung aufgenommen. Im Rahmen der laufenden Abklärungen über die verschiedenen Varianten werde die «Spange Nord lang» vertieft geprüft und bewertet. Die Erkenntnisse daraus könnten dann also auch für die Spange Mitte von Bedeutung sein – Resultate werden bis Herbst erwartet.

Schwarz sind die heute existierenden Strassen und Tunnels – die rote Linie zeigt, wo die Spange Mitte verlaufen würde.

Schwarz sind die heute existierenden Strassen und Tunnels – die rote Linie zeigt, wo die Spange Mitte verlaufen würde.

(Bild: zvg)

Auch bei der Stadt Luzern hat man Kenntnis von der Idee, will die Spange Mitte aber noch nicht näher beurteilen. «Eine Präsentation ist nach Ostern vorgesehen», so Roland Koch vom Tiefbauamt. Ansonsten sei die Planung der Spange Nord Sache des Kantons.

Der Luzerner Stadtrat hat sich bisher gegen jegliche Varianten eines Autobahnzubringers gestemmt. Jedoch haben die Bürgerlichen inklusive Grünliberale im Stadtparlament kürzlich beschlossen, dass der Luzerner Stadtrat die Option «Spange Nord lang» näher prüfen soll (zentralplus berichtete). Dabei handelt es sich um die Maximalvariante mit durchgehendem Tunnel von der Haldenstrasse via Schlossberg bis zum Autobahnanschluss Lochhof.

Projekt aus dem letzten Jahrhundert?

Deutlicher werden Politiker. Marcel Budmiger, Mitglied der städtischen Verkehrskommission und SP-Kantonsrat, wehrt sich grundsätzlich gegen neue Verkehrsprojekte für den motorisierten Individualverkehr (MIV): «Wenig bis nichts», hält er von der Spange Mitte. «Wir brauchen intelligenteren Verkehr und nicht mehr Platz für den unintelligenten MIV.»

Er glaubt, dass es zu spät ist, die Idee noch aufzugreifen: «Der Kanton weigert sich ja bis im Herbst, wenn das externe Büro seine Empfehlung abgibt, ein Mitwirkungsverfahren durchzuführen. Darum ist der Zug dafür bereits abgefahren.» Eine Spange Mitte sei deshalb «sehr unrealistisch».

«Die Spange Mitte hat den gleichen Nachteil wie die Spange Nord.»

Marcel Budmiger, SP

Ein längerer Tunnel würde noch mehr kantonale Strassenmittel für die Stadt Luzern binden – dies zu Lasten der Landschaft, ist Budmiger überzeugt. Denn Willisauer und Surseer hätten herzlich wenig davon, wenn man aus Meggen einige Minuten schneller auf der Autobahn sei. «Aber auch die bürgerlichen Stadtparteien dürften bei dieser Variante wohl eher auf die Bevölkerung hören als bisher», sagt er. Schliesslich gehe es mit dem Bellerive jetzt um die Goldküste Luzerns und nicht um die Fluhmühle und den Maihof mit einem anderen Bevölkerungsmix.

Für den Schlossberg sei die Spange Mitte vielleicht etwas weniger schlimm als die Varianten der Spange Nord, aber man dürfe nicht einzelne Quartiere gegeneinander ausspielen. «Zudem hat die Spange Mitte den gleichen Nachteil wie die Spange Nord: Sie steht für eine Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrhundert.»

In Konflikt mit Durchgangsbahnhof?

Für Claudia Huser, ebenfalls in der Verkehrskommission und GLP-Kantonsrätin, ist die Spange Mitte auch neu. «Dass diese Variante so prominent an alle Haushalte zugestellt wird, überrascht und ist mutig», sagt sie.

Positiv findet Huser, dass die Verkehrsführung unterirdisch stattfindet: «Dadurch wird die Lebensqualität der Stadtbevölkerung nicht beeinträchtigt und gleichzeitig wird die Erreichbarkeit der Stadt weiterhin gewährleistet.» Die in der Stadt wohnhafte Politikerin setzt sich gegen die Spange Nord ein. Einzig die Variante lang mit einem Tunnel bis an die Haldenstrasse sähe sie als städteverträgliche Lösung.

«Die Spange Mitte kann ausgeschieden werden.»

Claudia Huser, Grünliberale

Trotzdem bleibt sie bezüglich der Spange Mitte kritisch: «Die Linienführung ist sehr fragwürdig. Was bringt der Bogen unter der Altstadt, dem Schweizerhofquai und so nahe unter den Häusern bei der Haldenstrasse?», fragt sie.

Sie glaubt, dass diese Linienführung mit anderen Verkehrsprojekten in Konflikt geraten würde: etwa mit einer Verlängerung der Metro sowie der Linienführung für den geplanten Durchgangsbahnhof bei der Hofkirche. Spange-Mitte-Erfinder Martin Simmen hingegen behauptet, der Tunnel sei mit allen Verkehrs- und Parking-Projekten kompatibel.

Aus Husers Sicht würden zudem die Knoten und Anschlüsse nicht funktionieren: «Beim Lochhof muss alles unterirdisch neu gebaut werden.» Und mit der einzigen Ausfahrt beim Luzernerhof gäbe es keine Lösung für den Verkehr aus Ebikon – dieser müsste nach wie vor über die Spital- oder Zürichstrasse abgewickelt werden.

Huser ist überzeugt: «Die Kosten werden höher als bei der Spange Nord lang, weil der Bau viel komplexer ist.» Darum gibt die Grünliberale der Variante «Spange Mitte» nach einer ersten Analyse keine Chance: «Sie kann ausgeschieden werden.»

Genauere Abklärung gefordert

FDP-Verkehrspolitiker Rieska Dommann kennt das Projekt auch aus dem Magazin «Stadtsicht». Der Präsident der Verkehrskommission sagt: «Grundsätzlich begrüsse ich private Initiativen zu Infrastrukturprojekten als wertvolle Diskussionsbeiträge. Wichtig ist, dass es gelingt, die Innenstadt vom Verkehr zu entlasten und dass das Projekt stadt- und quartierverträglich ist.» Ob das bei der Spange Mitte der Fall wäre, kann er noch nicht beurteilen.

Dommann spricht sich dafür aus, dass das Projekt im Rahmen der aktuell vom Kanton Luzern vorgenommenen Überprüfung verschiedener Varianten ebenfalls genauer abgeklärt wird. «Erst dann sind Aussagen über Vor- und Nachteile sowie Chancen und Risiken möglich.»

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