Stefan Büssers «Masterarbeit» in Emmenbrücke

Von Vujo, Tinderella und dem gelöschten Internet

Stefan Büsser versteht die asozialen Medien.

(Bild: zvg)

Stefan Büsser ist ein Garant für schlagfertige Moderationen und lustig-fiese Videozusammenschnitte. Das alles lieferte der Comedian am Dienstagabend in Emmenbrücke. Und doch muss bei der Bewertung seines Programms «Masterarbeit» ein Punkt mit ungenügend bewertet werden.

Was nach diesem Dienstagabend im neuen Le Théatre in Emmenbrücke klar geworden ist: Als «Influencer» würde Comedian und Moderator Stefan Büsser bestimmt nicht bezeichnet werden wollen.

In seinem neusten Programm «Masterarbeit» lehre Büsser das Publikum, «warum die sogenannten sozialen Medien eigentlich total asozial sind und was uns beim Blick übers Handy-Display hinaus erwartet», kündigt die Webseite an. Eine vage Beschreibung und thematisch mit den «asozialen Medien» auch schon wieder ein alter Hut. Trotzdem muss man sich das anschauen, wenn der Social-Media-Hit über die sozialen Medien herzieht.

«Guten Abend Emmenbronx» begrüsst Stefan Büsser und lässt gleich zu Beginn keinen Zweifel daran, womit er die meisten Fans gewonnen hat. Mit dem Thema «Bachelor», den spitzen Seitenhieben, den abstrusen Anekdoten und vor allem mit seinen Vujo-Gavric-Parodien holt er das vornehmlich junge Publikum sofort ab. Dass man sich als Zuschauer mit Trash-TV ein wenig auskennt, ist fast ein Muss. Und hier outet sich das vollbesetzte Haus gleich kollektiv und lauthals – inklusive der Autorin dieser Rezension.

Bitterböse Nostalgie

Stefan Büsser hat die Zuschauer im Griff. Schmunzeln ist nicht – das Gelächter und der spontane Applaus sind ein unüberhörbarer Stimmungsbarometer.

Das Programm liefert eine gute Portion bitterböse Nostalgie aus Schulzeiten, ein paar altbewährte Klischees, Abrechnungen mit der digitalen Welt, unerwartete Vergleiche und einen Ausflug in die Welt, in welcher Büssers Mutter das Internet gelöscht hat.

Stefan Büsser verhandelt Bilaterale beim Völkerball, zeigt mittelvorteilhafte Fotos aus Kindertagen und auch kurze, aber wirkungsvolle, ernsthafte Momente haben Platz – wie ein Hinweis auf Organspende oder die No-Billag-Thematik. Auch aus dem derzeit viel diskutierten SRF-Programm bekommen einige Sendungen und Moderatoren ihr Fett weg.

Fundgrube Internet

Der Moderator ist nicht umsonst national netzweit so populär. Im Zusammenschneiden von Videoeinspielern und digitalen Fundstücken sind Büsser und sein Team Meister und das wird auch auf der Bühne unter Beweis gestellt. Da dürfen neben dem «Bachelor» selbstverständlich auch «Bauer ledig sucht…» oder eigene Reportagen an der Fitness-Messe in Basel oder in Thailand nicht fehlen. Auch ausgesuchte Bilder der wohl dümmsten «Influencer», Tinder-Fails oder die kreativsten Antworten von Kindern bei Prüfungen werden auf Leinwand projiziert und kommentiert.

 

Vieles davon ist zwar schon gesehen, doch Büsser hat ein Händchen für Dramaturgie und strapaziert damit die Bauchmuskeln im vollen Le Théatre.

Selbstironie und Grenzfälle

Eine schöne Überraschung ist am Dienstagabend der Auftritt von Lokalmatador Johnny Burn aus Südost-Malters, der einige seiner Klassiker abliefert und sich mit seiner Selbstironie fast nahtlos ins Programm von Büsser einfügt. Denn in der zweiten Hälfte legt Stefan Büsser nochmals eine Schippe drauf und punktet besonders mit einer Art von Scherzen: Er macht sich gerne und wirklich gut über sich selbst lustig.

Manchmal schifft er im Programm knapp an der Grenze des «guten Geschmacks» vorbei, wenn Witze über Keller, Pädophilie oder Ausländer fallen. Und doch kratzt er immer die Kurve, bevor es unangenehm wird – was man durchaus nicht von allen Schweizer Komikern behaupten kann, welche die grossen Hallen füllen.

Worum ging’s nochmals?

Stefan Büsser führt das Publikum derart geschickt durch den Abend, dass man kaum bemerkt, dass der rote Faden irgendwo verloren gegangen ist.

Was nämlich die durchaus witzige Fäkalbakterien-Anekdote aus seinem Heimatort Steinmaur, der kurze Abstecher nach Basel oder die schrägsten Wappen mit der titelgebenden Thematik des Digitalen oder des Bildungwesens zu tun haben, bleibt schleierhaft.

Er macht einen guten Vujo Gavric, unbestritten, einen sehr guten Besoffenen und auch eine passable Trudi Gerster. Diese bringt er als Zugabe mit dem abendzusammenfassenden Social-Media-Märchen von Tinderella, die nach einer ernüchternden Erfahrung mit dem vermeintlichen Traumprinzen Vujo zur Influencerin wird. Um der Welt zu zeigen, dass man auch mit sich selber sehr glücklich sein kann – und mit einem Salatblatt.

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