Velopendler auf ihrem langen Weg zur Arbeit

Von Kriens nach Zug mit dem Velo zur Arbeit – je 30 Kilometer hin und zurück

Manchmal wirds eng – doch Simone Stadelmann fährt trotzdem fast täglich mit dem Velo von Kriens nach Zug und wieder zurück. (Bild: Symbolbild (ber))

Velofahren könnte auch im Berufsverkehr eine Alternative zu Auto, Bus und Zug darstellen. Das zeigen zwei Beispiele aus der Region. Noch aber gibt es Verbesserungspotenzial.

Stefan Hodel fährt seit rund 30 Jahren mit dem Velo zur Arbeit. Ob Herbstwind weht, ob Kälte klirrt, im Sommer und Winter, in jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter.

Vom Kanton Zug in den Kanton Schwyz, von Oberwil nach Arth. Und abends zurück. «Ich fahre das ganze Jahr mit dem Velo nach Arth», erzählt der Sozialarbeiter und Politiker der Alternativen-die Grünen im Stadtzuger Gemeindeparlament. «Es gibt keinen Tag, an welchem man dies nicht machen kann.»

Ganz selten komme es mal vor, dass man eine Stunde warten müsse, bis ein starkes Gewitter vorüber sei oder sich ein Sturm gelegt habe. «Ich kann mich nicht erinnern, dass ich je auf den Bus umgestiegen bin.»

150’000 Kilometer auf dem Velo

Stefan Hodel arbeitet Teilzeit und fährt deshalb «nur» an drei oder vier Tagen pro Woche nach Arth. Von Haus zu Haus beträgt die Distanz 11,2 Kilometer: «Mit nur zwei verschiedenen Velos habe ich mittlerweile 150’000 Kilometer zurückgelegt. Dies natürlich nicht nur auf dem Arbeitsweg.»

Ende September ist Schluss mit diesen Fahrten zum Arbeitsplatz: Stefan Hodel wird dann in Pension gehen. Er versichert aber schon mal: «Ich will aber sicher nicht weniger Velo fahren.»

Die Osterglocken am Strassenrand

Warum tut er dies? Der Erhalt der Umwelt sei sicher mit ein Grund, meint Stefan Hodel, aber es gebe viele weitere: Da sei die Freude an der Bewegung, das Erleben der Jahreszeiten, die Natur, die Osterglocken am Strassenrand, die Vögel am und auf dem See.

«Wer mich aber knapp überholt, der muss schon damit rechnen, dass ich dank der Autonummer feststelle, wer am Steuer ist.»

Stefan Hodel, Sozialarbeiter aus Zug

Zudem habe man den Kopf an der frischen Luft. Das helfe, Distanz zu schaffen zwischen der oft belastenden Arbeit und der Freizeit. Ferner gelte es auch, die tiefen Kosten zu erwähnen oder auch die Flexibilität des individuellen Verkehrsmittels.

Zusätzliche Velofahrerinnen machen das Ganze sicherer

Sieht Stefan Hodel nach so vielen Jahren des Velo-Berufspendelns Möglichkeiten der Verbesserung? Was wäre zu tun, damit das Velo auch für längere Distanzen eine echte Alternative zu Auto und Zug sein könnte?

«Ideal wären sicher Fahrspuren für Velofahrer, aber das lässt sich auf gewissen Strecken – gerade auch auf meiner Hausstrecke entlang des Steilufers zwischen Walchwil und Arth – mit vernünftigem Aufwand fast nicht realisieren.»

Jede zusätzliche Person, die ebenfalls auf dem Fahrrad unterwegs sei, beruhige aber den Verkehr und mache so das Velofahren sicherer. Und auch ein guter Rückspiegel sei viel wert, damit man jederzeit wisse, was von hinten kommt.

Auch in den Ferien ist Stefan Hodel gerne mit dem Velo unterwegs. (Bild: zvg) (Bild: zvg)

Manchmal gibt’s auch einen Brief

Fast alle Automobilisten seien sehr vorsichtig, so die Erfahrung von Stefan Hodel. «Wer mich aber knapp überholt, der muss schon damit rechnen, dass ich dank der Autonummer feststelle, wer am Steuer ist, und dass ich ihn dann anrufe oder ihm einen Brief schreibe.»

Die meisten Gründe gegen das Velofahren seien nicht stichhaltig, ergänzt Stefan Hodel. So gebe es bei guter Materialwahl nur noch sehr, sehr selten Pannen. Schliesslich seien im Handel schon seit langer Zeit Pneus mit integriertem Pannenschutz erhältlich.

Auch der vielzitierte Regen stelle kaum ein echtes Problem dar: «Auf das ganze Jahr umgerechnet findet vielleicht eine von 40 Fahrten im Regen statt. Aber auch gegen Regen kann man sich mit guter Ausrüstung schützen.» Wobei meist der Standardveloschutz, wie es ihn seit Jahrzehnten gibt, genüge.

Velofahrer aus Passion

«Ich bin ein Velofahrer aus Passion und Überzeugung», erklärt Stefan Hodel. Es würde ihn freuen, wenn er mit seiner Leidenschaft auch andere Zeitgenossen animieren könnte, auf die zwei Räder umzusteigen.

In einem Leserbrief rechnete Hodel vor zwei Jahren vor, dass er für seine 6000 Jahreskilometer gerade mal 25 Milliliter Getriebeöl und vielleicht einen Deziliter Öl für die Kette brauche. Der Autofahrer aber brauche für die gleiche Strecke 360 Liter Benzin. Das wären dann rund 3600 mal mehr.

Vom Kanton Luzern in den Kanton Zug und zurück

Gar noch weiter als Stefan Hodel radelt Simone Stadelmann zur Arbeit. Sie fährt seit dem Jahre 2013 regelmässig per Fahrrad von Kriens nach Zug, wo sie als Leiterin der Kanzlei der PH Zug tätig ist.

Abends folgt der gleiche Weg zurück. Ihr Ziel sei es, mindestens die Hälfte ihrer Berufsfahrten mit dem Velo zu machen, erklärt Simone Stadelmann. Manchmal nimmt sie dafür das E-Bike, manchmal das Rennvelo.  Dabei ist ein Weg genau 30 Kilometer lang.

«Der innere Schweinehund ist manchmal das grössere Hindernis als das Wetter.»

Simone Stadelmann, Leiterin der Kanzlei der PH Zug

«Die Route ist leider gar nicht berauschend«, hält Simone Stadelmann fest: «Ich lege den ganzen Weg von Kriens nach Zug auf der Hauptstrasse zurück.» Dies weil auf einigen Teilstrecken ein Fahrverbot für ein 45-km/h-Bike gilt.

Wenn möglich auch im Winter

Ihre Route: Schachenstrasse–Amlehnstrasse–Taubenhausstrasse–Bahnhofstrasse–Zürichstrasse–Ebikon–Gisikon–Honau–Rotkreuz–Cham–Zug.

Mit dem E-Bike braucht sie dafür ungefähr 50 bis 55 Minuten – gleich lang wie mit dem ÖV, mit dem Rennvelo rund 70 Minuten. Soweit möglich fahre sie auch im Winter.

«Ausser wenn es schneit und Glatteis hat. Dann ist es mir zu gefährlich.» Aber dies seien nur wenige Tage im Jahr. Eine gute Schutzbekleidung lohne sich, fügt Simone Stadelmann mit einem Lachen an. «Der innere Schweinehund ist manchmal das grössere Hindernis als das Wetter.»

Der Arbeitsweg als Fitnessprogramm

Zu Ihren Motiven sagt Simone Stadelmann: «Der wichtigste Grund für mich ist, dass ich den Arbeitsweg gleichzeitig als Fitnessprogramm nutzen und mir so eine gewisse Grundkondition erhalten kann.»

Eine Rolle spiele sicher auch die zeitliche Unabhängigkeit gegenüber dem öffentlichen Verkehr: «Ich kann einfach losfahren ohne auf einen Fahrplan achten zu müssen.» Als Nebeneffekt komme hinzu, dass diese Art des Reisens für die Umwelt gut sei.

«Das tut der Seele gut»

Seit sie den Arbeitsweg mit dem Velo zurücklege, erlebe sie die Natur und die Jahreszeiten viel intensiver. «Das tut der Seele unglaublich gut. Jeder Tag hat seine wunderbaren kleinen Schönheiten zu bieten, die ich ohne Velo nicht wahrnehmen würde. Selbst bei strömendem Regen.»

Könnte es sein, dass künftig das Velo vermehrt auch für lange Fahrten zum Arbeitsplatz zum Einsatz gelangen wird? Simone Stadelmann kann sich gut vorstellen, dass aktuell manche Menschen das Positive an diesem Transportmittel auch für längere Strecken entdecken und auch nach der Corona-Zeit dabei bleiben werden.

Optisch bleibt auch ein E-Bike ein blosses Velo

Für so lange Ausfahrten ist das Thema Sicherheit von ganz besonderer Bedeutung. Um in dieser Hinsicht etwas zu verbessern, müsste es sich jeweils um realistische Massnahmen handeln, findet Simone Stadelmann.

So bringe zum Beispiel das Installieren eines Motorengeräusches bei einem E-Bike keine echte Sicherheit. Denn optisch bleibe man auch auf einem E-Bike «bloss» eine Velofahrerin. Zudem höre man in den modernen superdichten Autos praktisch keine Aussengeräusche mehr. Und sehr viele Fussgängerinnen seien zudem mit Kopfhörer unterwegs und würden deshalb ebenfalls keine Aussengeräusche mehr wahrnehmen.

Die Sichtbarkeit muss erhöht werden

Realistisch wäre es für Simone Stadelmann hingegen, das Bewusstsein aller Verkehrsteilnehmer zu schulen. Autofahrerinnen könnten so besser begreifen, was ein bestimmtes Manöver für jene Personen bedeutet, die auf einem Fahrrad unterwegs sind.

Aber auch die Velofahrer müssten sich unbedingt bewusst sein, was ihre Manöver für die Lenker eines Autos bedeuten. Im Weiteren wünscht sich Simone Stadelmann einen Ausbau der Radstreifen, samt signalisierter Spurwechsel.

Auch müsste die Sichtbarkeit erhöht werden. Deshalb sollte der Fachhandel aus ihrer Sicht nur noch reflektierende Kleidung anbieten. Und bei einem E-Bike sollte das Abschalten des Lichts technisch nur noch dann möglich sein, wenn der Motor abgestellt wird.

Handlungsbedarf bei den Steuern

Handlungsbedarf sieht Simone Stadelmann auch im politischen Bereich. Steuerlich müssten ihrer Ansicht nach nämlich höhere Abzüge für den Arbeitsweg mit dem Velo gemacht werden können. Dies in Abhängigkeit von der zurückgelegten Distanz. Auch eine Berücksichtigung bei der Krankenkassenprämie sei wünschenswert – schliesslich leistet das Velofahren ja auch einen Beitrag zur besseren Gesundheit.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Thomas Scherer
    Thomas Scherer, 09.08.2020, 20:54 Uhr

    Ich ziehe den Hut vor allen, die lange Arbeitswege mit dem Velo absolvieren. Auch bin ich um deren Expertise dankbar, wenn es um Verbesserungsvorschläge geht. Es ist zu hoffen, das deren Anregungen berücksichtigt werden.
    Was die langen Distanzen angeht: Grundsätzlich kann es nicht unser Ziel sein, weite Wege zur Arbeit zu fahren – egal mit welchem Gefährt. Um Verkehr zu vermeiden, lohnt es sich, Wohn- und Arbeitswege möglichst beieinander zu haben. Aber natürlich, wenn man pendeln muss, dann mit dem Velo.

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  • Profilfoto von Heinz Gadient
    Heinz Gadient, 09.08.2020, 14:33 Uhr

    Dass man von Kriens nach Zug auf der Hauptstrasse fährt verstehe ich jetzt aber gar nicht. Bis Gisikon gibt es den wunderbaren linksseitigen Reussdammweg. Die gekiesten Abschnitte sind auch mit einem Rennvelo fahrbar. Von Gisikon nach Rotkreuz, mit Ausnahme von etwa 1km eigener Radweg und ab Rotkreuz wieder über Wiesen und Felder bis Zug.

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    • Profilfoto von Beat Schilliger
      Beat Schilliger, 09.08.2020, 16:57 Uhr

      Ich fahre mit einem S-Pedelec täglich von Horw nach Zug und nutze bis auf die letzten Kilometer vor Zug (Chamer Veloweg) praktisch ausschliesslich die Hauptstrasse. Es gibt viele Fahrradstreifen und zwischen Honau und Rotkreuz gar einen abgesetzten Radweg, so schlimm ist die Strecke m.E. nicht. Der von Hr. Gadient angesprochene Reussdammweg darf mit einem S-Pedelec leider nicht befahren werden.

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