Wie der Zuger «Freiruum» mit dem Lockdown umgeht

Von 200 auf 0: Corona bremst die grösste Zwischennutzung der Schweiz aus

Gähnende Leere: Einzig Pflanzen beleben zurzeit den Zuger «Freiruum». (Bild: zvg)

Im Zuger «Freiruum» lief es wie geschmiert – bis Corona kam. Zurzeit arbeitet nur noch Geschäftsführer Micha Federle im Vollzeitpensum. Seine 70 Mitarbeiter sind auf Kurzarbeit gestellt.

Eigentlich hatte Micha Federle nach höchst erfolgreichen ersten Monaten erwartet, dass die Besucherzahlen in der Zuger Eventhalle etwas zurückgehen. Doch nix da: Bis zu 100’000 Besucher pro Monat strömten weiterhin in die Hallen der wohl grössten Zwischennutzung der Schweiz (zentralplus berichtete). Der Ort erfreute sich ungebrochener Beliebtheit, sich zu treffen, Jahresversammlungen durchzuführen, Jubiläen zu feiern, neue Produkte zu lancieren – oder auch, um in den temporären Büroräumen zu arbeiten.

Bis Corona kam. «Wir mussten quasi von 200 auf 0 bremsen», sagt der Federle, der mit seinem Team den «Freiruum» konzipiert hat und betreibt – und plötzlich der einzige ist, der ab und zu in der ehemaligen Siemens-Produktionshalle anzutreffen ist. Als der Lockdown am 16. März Tatsache wurde, sei das für alle ein Schockmoment gewesen.

Dabei ging alles sehr schnell. «Viele Mitarbeiter erfuhren live durch die Information des Bundes, dass wir schliessen müssen. Da kamen natürlich Fragen auf.» Nach ein paar Tagen habe sich das aber eingependelt – auch weil Betriebsleiter Markus Kragler rasch das Kommunikationsheft in die Hand genommen hat. «Das Personal hat darauf sehr gut reagiert, der Zusammenhalt stimmt, so wie ich das beobachten kann.» Der Betriebsleiter sei seither stets bemüht, die Mitarbeiter über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

Planung und Vorarbeit über den Haufen geworfen

In der ersten Phase geht es für Federle nun darum, die unmittelbar anfallenden Kosten möglichst zu senken und auf das Nötigste zu reduzieren. Lockdown halt. «Unsere Phase eins heisst: Stillstand. Bevor wir agieren, müssen wir erst einmal eine Ahnung davon bekommen, wie es mit den Massnahmen im Freizeit- und Veranstaltungsbereich weitergeht.» Davor sollen keine kurzfristigen Aktionen gestartet werden.

«Unsere Liquidität ist zurzeit noch sichergestellt.»

Aktuell beschäftigt er sich also mit viel Papierarbeit, die im besten Fall Geld einspart. «Die Einnahmen sind allerdings bei null.» Das betrifft nicht nur den Freiruum in Zug, sondern alle Projekte, die er mit der Agentur Pointbreak Events betreut, einer GmbH. Durch die versprochenen Hilfeleistungen des Bundes könnte der betriebswirtschaftliche Schaden, der unmittelbar durch die einschränkenden Massnahmen entstehe, zwar etwas abgefedert werden. «Die Aufwände und die Folgeschäden sind dadurch aber nicht gedeckt», so der Jungunternehmer.

Micha Federle von Pontbreak-Events. (Bild: zvg)

Denn das eine ist, dass zurzeit die Kletterer nicht bouldern können oder die Kinder auf den beliebten Kids Corner verzichten müssen. Das Corona-Chaos betrifft aber vor allem die Planung auf viele Monate hinaus. «Auch uns hat es mit voller Wucht getroffen», so der Zuger, der zurzeit vor allem von Zürich aus arbeitet.

Davon sind viele Events betroffen. Beispielsweise verschiedene Public Viewings, die für den Sommer vorgesehen waren. Bekanntlich hätte ja die Fussball-Europameisterschaft stattfinden sollen. Hätte. «Mit vielen Veranstaltern und Kunden haben wir zwar inzwischen ein Verschiebedatum oder eine gütliche Einigung finden können», führt Federle aus. Ausfälle hat er aber trotzdem zu beklagen. «Zudem sind viele Vorleistungen schon erbracht worden – Arbeiten wurden bereits abgeschlossen, Bestellungen getätigt, Grafiken und oder Kommunikationsmassnahmen in Auftrag gegeben.» Es ist nur ein Beispiel, wie die Planung und bereits geleistete, monatelange Arbeit durch das Virus über den Haufen geworfen werden.

Der Lockdown zieht einen Rattenschwanz nach sich

Inzwischen hat Pointbreak Events für fast alle ihrer insgesamt 130 Mitarbeiter – 70 davon arbeiten für den «Freiruum» – Kurzarbeit angemeldet. «Glücklicherweise haben wir nun die Zusicherung, dass auch für Stundenlöhner und Teilzeit-Arbeitende die Kurzarbeit gilt.» Vom Lockdown betroffen ist aber auch weiteres Personal, das im Catering, den Foodständen oder anderen Angeboten der Veranstalter tätig ist.

Ein Bild aus Zeiten, bevor die Hallen im Zuger «Freiruum» stillstanden. (Bild: zvg)

«Bei diesen und den Freelancern sehe ich den dringendsten Handlungsbedarf, weil bei den bisherigen Hilfeleistungen oft nicht klar ist, ob sie auch für sie greifen. Gerade Freischaffende und Selbständige sind deshalb nun darauf angewiesen, dass Rechnungen bezahlt werden.»

Blick in eine ungewisse Zukunft

«Unsere Liquidität ist zurzeit noch sichergestellt», sagt der Veranstalter. Der «Freiruum» wird privatwirtschaftlich finanziert, neben eigenem Geld unterstützen auch Partner und die Grundstückeigentümerin die grösste Zwischennutzung der Schweiz, die bis zum Jahr 2022 befristet ist.

«Vielleicht vertrauen die Banken auch nach der Krise den Leuten stärker und merken, dass mit dem Geld kein Schabernack getrieben wird.»

Auch wenn das Credo im Moment noch «Stillstand» heisst, ist für Federle klar: «In einer zweiten Phase müssen wir auch wieder aktiv werden.» Während er und sein Team in den kommenden Wochen noch herausfinden müssen, was das unter den schwierigen herrschenden Bedingungen genau heisst, macht sich der Veranstalter schon Gedanken, was man aus diesem Corona-Lockdown lernen könnte: «Die einfache Kreditvergabe finde ich gerade für Freischaffende und junge Unternehmen eine gute Sache. Vielleicht vertrauen die Banken auch nach der Krise den Leuten stärker und merken, dass mit dem Geld kein Schabernack getrieben wird, sondern daraus etwas Sinnvolles entsteht.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 01.04.2020, 08:07 Uhr

    Wann merken die Verantwortlichen in Bern, dass sie wegen unsicheren Schätzungen die Schweiz zerstören?

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