Zuger Tausendsassa Urs Bischof

Vom Spitzensportler zum Künstler

Urs Bischof: Fussballer, Trainer, Goldschmied und Kunstschaffender. Der Tausendsassa fand in Zug seine zweite Heimat. (Bild: pbu)

Eigentlich hätte er Fussballprofi werden können, gar so etwas wie ein zweiter Ottmar Hitzfeld. Doch der Wahlzuger Urs Bischof folgte seiner wahren Passion: der Kunst. Heute stellt er auf der ganzen Welt aus. Angefangen hat aber alles bei einem Zuger Fussballverein, den es heute gar nicht mehr gibt.

«Durch den FC Luzern bin ich früh in die Innerschweiz gekommen. Und seither lässt mich diese Region nicht mehr los», sagt Urs Bischof. Der Sohn des Bildhauers Max Bischof ist am 19. März 1947 in St. Gallen geboren. Den entsprechenden Dialekt hat er nie gänzlich abgelegt, hie und da sind sie nicht zu überhören, diese nasal ausgesprochenen Vokale. «Das St. Gallische kommt in der Zentralschweiz nicht immer gut an. Ich glaube, da gibt es beliebtere Dialekte. Aber seine Wurzeln verliert man nicht», sagt er mit einem Schmunzeln.

Angesichts seines Schaffens in Luzern und vor allem in Zug fällt seine ostschweizerische Aussprache aber ohnehin nicht sonderlich ins Gewicht. Viel wichtiger sind seine Taten. Bischof ist ein Tausendsassa, der seine vielfältigen Talente nahezu vollumfänglich den Innerschweizer Kantonen zukommen liess und lässt. Zunächst einmal fussballerisch. Auch wenn er sich heute lediglich als «mittelmässigen Mittelfeldspieler» bezeichnet, wurden die Clubs schnell auf ihn aufmerksam.

Der FC St. Gallen in der Saison 1968/69 mit Urs Bischof (kniend, zweiter von rechts).

Der FC St. Gallen in der Saison 1968/69 mit Urs Bischof (kniend, zweiter von rechts).

(Bild: zvg)

Fussballer, Trainer und Goldschmied

1970 wechselte der damals 23-Jährige vom FC St. Gallen nach Luzern. «Das war mein Einwegticket in die Zentralschweiz», sagt Bischof rückblickend. Der FC Luzern war in der Krise. «Die haben mich angefragt, ob ich sie als Halbprofi unterstützen könne», erklärt Bischof. Er zögerte nicht, zumal dem ausgebildeten Goldschmied zeitgleich das Angebot eines renommierten Luzerner Juweliers vorlag. So wurde die Stadt am Fusse des Pilatus zu einer sportlich wie beruflich wichtigen Station.

Zuger Stadtrivalen

Bis ins Jahr 1994 gab es in Zug zwei Fussballclubs: Den Sportclub Zug (SC) und den Fussballclub Zug (FC). Der SC Zug, gegründet 1915 als FC Excelsior, feierte seinen grössten Erfolg in der Saison 1982/83. Damals schloss der Verein überraschenderweise unter Trainer Ottmar Hitzfeld mit dem NLB-Titel ab und spielte in der darauffolgenden Saison in der NLA.

Der FC Zug, gegründet 1923, kann mit dem Erfolgsausweis des Stadtrivalen nicht mithalten. Die Highlights des Clubs waren die zwei Saisons 1985/86 und 1989/90 in der NLB.

1994 fusionierten die beiden Vereine und wurden zu Zug 94. Dieser ist heute der grösste Fussballverein im Kanton Zug.

Drei Saisons spielte Bischof beim FC Luzern, unter anderem an der Seite von Kurt «Kudi» Müller. Im Alter von 26 Jahren kam der nächste Wechsel: «Der FC Zug trat 1973 an mich heran und wollte mich als Spielertrainer haben», erzählt Bischof. «Ich sagte zu, hatte aber meine Bedingungen, die ich mittlerweile stellen konnte.» Diese bestanden darin, ein eigenes Ladengeschäft mit integriertem Atelier führen zu können. Denn der Goldschmied in ihm begann sich mehr und mehr bemerkbar zu machen.

Zug sollte für Bischof nicht bloss eine Station bleiben, sondern zur zweiten Heimat werden. Mit dem sportlichen Erfolg kam auch sein Goldschmied-Geschäft in die Gänge: «Wir sind direkt mit dem FC Zug in die erste Liga aufgestiegen. Das gab mir beruflich einen enormen Schub, so dass ich mit meinem Geschäft rasch Fuss fassen konnte», sagt er. Mit dem Erfolg kam die Bekanntheit. Bis 1985 führte er seinen Laden an der Neugasse in Zug, danach schlug er seine Zelte in Oberwil auf. Seit 1995 ist er zurück in Zug, diesmal etwas ruhiger gelegen am Lüssihof.

Richtungswechsel

Bischof engagierte sich fortan zunehmend für den Kanton Zug. Er war Präsident der Geschäftevereinigung Pro Zug, gestaltete die Weihnachtsbeleuchtungen in Baar (1990) und in der Stadt Zug (1983) und gilt als Gründervater des Zuger Märlisunntigs. Über all die Jahre blieb er in fussballerischer Hinsicht stets ein gefragter Mann: «Nach sechs Jahren Engagement beim FC Zug hatte ich eigentlich genug vom Fussball», sagt er. Dem Hilferuf des FC Baar konnte er aber nicht widerstehen. Also stellte er sich für zwei Jahre als Trainer in den Dienst des Vereins.

Als es dem FC Zug wieder schlechter ging, klopften diese erneut an Bischofs Tür. «Auch sie wollten mich damals als Trainer engagieren. Wie Ottmar Hitzfeld den SC Zug sollte ich den FC Zug zum Erfolg führen.» Eine Trainerkarriere stand ihm offen.

Diesmal aber sagte er ab: «Ich wollte mich mehr auf den Beruf und die Familie konzentrieren», sagt der Vater dreier Kinder. Obwohl die Leidenschaft für den Sport – wie er betont – nie ganz erloschen sei, habe es ihn weiter gezogen – in eine etwas andere Richtung.

«Mein Fussballerherz und mein Künstlerherz haben sich nicht mehr miteinander vertragen.»

Urs Bischof

Der Goldschmied wird zum Künstler

«Mein Fussballerherz und mein Künstlerherz haben sich nicht mehr miteinander vertragen», drückt sich der Wahlzuger aus. «Mein Kopf hat klar gesagt: Bleib realistisch, setze auf die Kunst», sagt er und lacht. Es gehe dabei nicht um wirtschaftlichen Erfolg, sondern darum, etwas Beständiges zu schaffen. «Der Sport ist sehr schnelllebig. Mit der Kunst kann ich etwas schaffen, das längere Zeit hält», sagt er. Letztlich sei die tiefe Verbindung zu seinem Vater ausschlaggebend gewesen.

«Mein Vater war ein grosser Künstler, aber er konnte sich nicht wirklich gut verkaufen», bemerkt Bischof. Er selbst hingegen hatte sich diese Eigenschaft über die Jahre angeeignet. Durch den Spitzensport geprägt, sei er gut vorbereitet gewesen für die Herausforderungen des künstlerischen Berufs. 1985 vollzog er den beruflichen Wechsel. Vorbilder fand der Skulpturenkünstler in Rodin, Hans Arp, Henry Moore, Max Bill und seinem Vater.

Rohmaterial für künftige Kunstwerke.

Rohmaterial für künftige Kunstwerke.

(Bild: pbu)

In seinen Werken will Bischof immer wieder zeigen, wie klein der Mensch in der Welt sei. Für ihn sei klar: «Die Natur, die können wir nicht toppen. Der Mensch kann mit der Natur nicht mithalten. Aber mit der Kunst kann ich etwas Kleines dazu beitragen.» Die Natur, so betont er, sei nicht vergänglich. So ist es nicht verwunderlich, dass sich Bischof von natürlich belassenen Objekten zu seinen Werken inspirieren lässt.

«Ein Fussballtrainer hat wohl eher einen Herzinfarkt als ich als Künstler.»

Kunst sei überdies bescheidener als der Spitzensport. «Ein Fussballtrainer hat wohl eher einen Herzinfarkt als ich als Künstler», schmunzelt Bischof. Der Erfolg liess jedenfalls nicht lange auf sich warten. 1986 die erste Ausstellung in Zug, 1994 Gewinn des Wettbewerbs «Kunst am Bau» der Zürcher Kantonalbank, 2004 Design und Herstellung des Mister Schweiz Awards, daneben Werke und Ausstellungen in Deutschland, Amerika und China.

Auch eine Art Skulptur: Urs Bischof entwirft den Weibelstab für die Gemeinde Unterägeri.

Auch eine Art Skulptur: Urs Bischof entwirft den Weibelstab für die Gemeinde Unterägeri.

(Bild: pbu)

«Insieme» als Lebensmotto

«Mein künstlerischer Erfolg ist unmittelbar auf meinen sportlichen Erfolg zurückzuführen», sagt Bischof. Mit dem Fussball kam der Name. Und zusammen mit seiner Geschäftstätigkeit als Goldschmied habe er, ohne es zu bemerken, gelernt, zu verkaufen. «In meiner Spieler- und Trainerzeit war ich umgarnt von Mäzenen, Vereinspräsidenten und Journalisten. Dadurch habe ich gelernt, mit Menschen umzugehen und mit verschiedenen Charakteren zusammenzuarbeiten. Das gab mir Selbstvertrauen», sagt Bischof.

«Mein Vater hat mir gesagt, ich solle auf keinen Fall Bildhauer werden.»

In diesem Sinne habe er seinem Vater etwas voraus. Jener habe sein Können immer unter den Scheffel gestellt. Er habe stets gesagt: Da gibt es Leute, die können das besser als ich. Deshalb wollte Bischof Senior nicht, dass sein Sohn in dessen Fussstapfen trete: «Mein Vater hat mir gesagt, ich solle etwas anderes machen, aber auf keinen Fall Bildhauer werden», sagt Urs Bischof.

Sein Schaffensdrang war schliesslich stärker. Noch heute fertigt er Skulpturen und Brunnen in Bronze, Edelstahl und Holz an. Sein jüngstes Werk ist die Skulptur «insieme», die den Zuger Kreisel Talacher seit Ende November schmückt (zentral+ berichtete). Insieme – das ist italienisch und bedeutet «gemeinsam» – ein wichtiges Stichwort für Bischof.

Denn das Gemeinsame zieht sich wie ein roter Faden durch seine Biografie. «Mein grösster Lebensschatz ist es, mit den Menschen zusammen zu sein», sagt er. Schon immer sei für ihn das Gemeinsame entscheidend gewesen. Diesen «Familiensinn» habe er schon von früh auf gehabt, auch weil er in einer Familie mit fünf Kindern gross geworden ist. «Ob im Fussball oder in der Kunst», sagt Bischof, «letztlich läuft alles auf insieme hinaus.»

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